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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Kardinalsschnitte verharrte vor Koteks Mund.
     »Du vergisst Blaulicht-Pauli. Erinnerst du dich? Er sagte, Czerwenka
     junior, Regenmandl und er würden nach der Therapie am Montag immer
     ein Gläschen mit der Heinrich trinken. Das klingt nach Vertrautheit,
     und Paul Marageter war in den einschlägigen Tagen ein junger Gendarm.«   
    Feuersang zog die Augenbrauen
     hoch. »Du meinst, er könnte geholfen haben, die Vorgänge
     zu vertuschen?«
    »Und Ermittlungen zu
     unterbinden«, ergänzte Kotek, »oder zumindest zu
     verschleppen. Ja, davon bin ich überzeugt, Salma Schleißheimer
     verschweigt uns noch immer gravierende Vorkommnisse innerhalb des
     Laderdinger Kreises.«
    »Und zu den Beteiligten
     würdest du also neben ihr, Lotte Heinrich, Regenmandl und Czerwenka
     senior auch Marageter zählen, der nicht nur weggeschaut, sondern auch
     beim Vertuschen geholfen hat?«
    Kotek nickte. »Davon
     gehe ich aus. Allerdings ist Czerwenka senior mit seinen neunzig Jahren
     als Killer wohl auszuschließen.«
    »Der Junior ebenfalls«,
     sagte Feuersang, der Kellnerin winkend. »Für Samstagnachmittag
     hat Alexander Czerwenka ein bombensicheres Alibi: Er hat bis zum Ende an
     jener Sitzung im Gemeinderat teilgenommen, die Regenmandl frühzeitig
     verlassen hat. Vermutlich ist er der einzige Uneingeweihte der Gruppe und
     weiß über diese ekelhafte Seite seines Erzeugers gar nicht
     Bescheid. Und selbst wenn: Warum hätte er sich auf diese grausige Art
     und Weise die Finger schmutzig machen sollen?«
    »Nein, das Motiv, den
     Imageschaden zu vermeiden, wäre in Zeiten einer galoppierenden
     Werteinflation viel zu wenig zugkräftig. Bleiben also Regenmandl,
     Marageter, die Heinrich und die Schleißheimer übrig«, resümierte
     Kotek. »Lass stecken, Leo. Ich zahl heute.«
    »Danke, Godn.
     Regenmandl traue ich einen solchen Mord eigentlich nicht zu. So verwegen,
     wie er mit der Augenklappe aussieht, habe ich mir als Kind immer den John
     Silver aus der Schatzinsel vorgestellt, aber heute hat er mich, was
     Schneid und Kühnheit anlangt, wirklich enttäuscht. Bei meiner
     zugegeben rüden Attacke hat er sofort den Schwanz eingezogen.«
    »Deshalb hast du sicher
     noch ein Echo zu erwarten. Mindestens eine dicke Beschwerde, wenn nicht
     gar eine Anzeige.«
    »Ich werd’s
     überleben.« Feuersang war nicht sehr beeindruckt.
    »Trotzdem«,
     setzte Kotek fort, »halte ich Regenmandl, den Sohn eines
     Fleischhauers, durchaus für fähig, jemanden so abzuschlachten,
     wie es unser Mörder mit Schleißheimer getan hat. Immerhin ging
     es bei ihm bereits ans Eingemachte. Sein aufmüpfiger Untergebener
     muss ihn am Lebensnerv getroffen haben. Da spielt es keine Rolle, wenn
     John Silver seinem Piratenimage nicht gerecht wird. Ist er deshalb etwa
     automatisch ein Feigling? Nicht wenn die Zurückhaltung Kalkül
     war. Vielleicht wollte er ja feig erscheinen.«
    Jetzt war Feuersang doch
     beeindruckt. »Eins zu null für dich. Warum komm ich da nicht
     einfach selbst mal drauf? Dabei hab ich Resi Neuhuber noch selbst in den
     Mund gelegt, dass Regenmandl mit einem Schlachtmesser umgehen kann, und
     sie hat es bestätigt.«
    »Kein Beinbruch, Leo,
     solange wir gemeinsam jede Eventualität im Auge behalten. Und eine
     solche ist meiner Meinung nach auch Paul Marageter, Sohn eines Berufsjägers
     und Enkel eines Südtiroler Bauern. Er hat sicher schon so manches Stück
     Wild ausgeweidet und Nutztiere mit eigener Hand geschlachtet.«
    »Du meinst –«
    »Ja, Marageter hätte
     durchaus das Profil des willfährigen Auftragskillers, auch wenn er
     einmal Polizist gewesen ist – vielleicht gerade deshalb. Jeder vom
     Laderdinger Kreis wusste über seine Finanzmisere Bescheid. Man kann’s
     drehen und wenden, wie man will, aber Schleißheimers Tod bedeutet für
     ihn das geschäftliche Überleben – zumindest für die nächste
     Zeit.«
    »Und Marageter ist zufällig
     auch Chrissies leiblicher Vater. Das sollte nicht vergessen werden.«
    Kotek schüttelte
     missbilligend den Kopf. »Doch. Ich glaube, gerade das können
     wir vergessen. Schleißheimer selbst hat es doch auf den Punkt
     gebracht: Der gute Pauli hat sich vierzehn Jahre lang nie um Chrissie gekümmert.
     Und ausgerechnet jetzt soll er Übergriffe ihres pädophilen
     Pflegevaters befürchtet haben? Sehr unwahrscheinlich. Fakt dagegen
     ist, dass ihm der dringend benötigte Überbrückungskredit
     bewilligt wurde – rückdatiert und vom Mordopfer

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