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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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ich ja, wie Sie zu ihm standen. Umso mehr wundert mich, wie bereitwillig
     Sie jetzt über die Vorgänge auf der Laderdinger Alm auspacken.
     Letztlich war auch Ihr Geliebter Regenmandl darin verstrickt. Die damals
     begangenen Delikte auf der Laderdinger Alm sind zwar verjährt, aber
     Linz kann er sich damit trotzdem abschminken, und auch als Filialleiter dürfte
     er nicht mehr tragbar sein. Missverstehen Sie mich jetzt bitte nicht! Natürlich
     bin ich Ihnen für Ihre kooperative Haltung dankbar, aber ich dachte,
     Sie lieben Ihren Jean Pierre?«
    Salma Schleißheimer
     lachte böse auf. »Johnny und mich verbindet vieles: die
     dreckige Vergangenheit, Leidenschaft, sexuelle Praktiken, ein ähnlicher
     Charakter, aber eines ganz sicher nicht: Liebe. Liebe zwischen Mann und
     Frau, das kenne ich überhaupt nur aus Büchern und Filmen.
     Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – verbinde ich damit
     auch Achtung und Respekt. Denn lieben kann ich doch nur jemanden, der mir
     etwas wert ist, oder? Und gegenseitiger Respekt …? Nein, Respekt
     hat zwischen Johnny und mir nie existiert.« Und bitter fügte
     sie hinzu: »Uns verbindet das Bett, sonst nichts.«
    Ein sauberes Pärchen,
     dachte Melanie Kotek in einer Anwandlung bourgeoiser Überheblichkeit.
     Er wollte in ihr Haus einbrechen, um sich gestohlene Unterlagen zurückzuholen,
     und sie hängt ihn sofort bei der Kripo hin, weil er, von der Bachblüten-Lotte
     dazu gezwungen, ihr Alibi anzweifelt.
    »Eine andere Frage: Ihr
     Mann war niemals Gast bei diesen Missbrauchsorgien auf der Laderdinger
     Alm, oder?«
    Salma Schleißheimer schüttelte
     energisch den Kopf. »Nein. Leute von hier oder aus der näheren
     Umgebung wurden nie eingeladen. Viel zu riskant. Man hat nur ortsfremde
     Geschäftsfreunde mit einschlägigen Neigungen auf die Alm
     mitgenommen. Als das Ganze damals anlief, war Fredl übrigens noch an
     der Sparkasse in Zell am See beschäftigt. Als er später nach
     Hofgastein versetzt wurde, wusste Johnny über seine Veruntreuungen längst
     Bescheid und hätte einen so unsicheren Kantonisten wie ihn nie ins
     Vertrauen gezogen. Von Häuslschmieds Jagdhütte und ihrem
     perversen Verwendungszweck hat Fredl erst aus Johnnys Laptop erfahren. Ich
     sage es Ihnen gern noch einmal: Sie sind auf dem Holzweg, wenn Sie Johnny
     im Visier haben. Es stimmt, dass er sich irrsinnig über Fredl und
     seine Haushälterin Vesna geärgert hat, aber er ist ein viel zu kühler
     Rechner, um deshalb einen Mord zu begehen.«
    »Frau Schleißheimer,
     Ihr Johnny vertraut Ihnen nicht alle seine Geheimnisse an, das haben Sie
     ja heute selbst erlebt. Möglicherweise deckt sich Ihr Wissensstand
     nicht mit dem Ihres Mannes in den letzten Wochen. Oder kennen Sie den
     Inhalt aller Kopien, die Ihr Mann im Haus Ihres Geliebten gezogen hat?«
    Jetzt schwieg Salma Schleißheimer.
     Entweder, weil sie den Inhalt der Kopien kannte, oder weil sie nicht
     zugeben wollte, dass Regenmandl sie, seine Geliebte, außen vor
     gelassen hatte.
    »Wann wird die Leiche
     meines Mannes zur Verbrennung freigegeben?«, wollte sie schließlich
     nach etlichen zäh dahintropfenden Sekunden wissen.
    Die Frage war die klassische
     Übersprungshandlung. Jetzt wusste Kotek, wo sie dranzubleiben hatte.
     »Sie werden sofort benachrichtigt, wenn es so weit ist, Frau Schleißheimer.
     Ich nehme an, Sie wünschen eine einfache, diskrete Bestattung?«
    »Allerdings, ich werde
     meines Lebens nicht mehr froh, ehe dieser Albtraum nicht ausgestanden ist.«
    »Ich glaube eher, Sie
     werden Ihres Lebens nicht mehr froh, weil Sie Ihr Wissen immer nur löffelweise
     preisgeben.«
    »Ich habe Ihnen
     wirklich alles gesagt, was ich weiß. An Spekulationen beteilige ich
     mich nicht, da müssen Sie schon andere fragen.«
    »Okay, dann kommen Sie
     bitte morgen noch einmal auf den Posten, um das Protokoll zu
     unterschreiben.«

 
    14
    KOTEK UND FEUERSANG hatten Glück.
     Trotz ungünstiger Tageszeit – es war bereits achtzehn Uhr
     abends – war noch ein schöner Erkertisch im gut besuchten
     »Goldberg-Stüberl« frei. Ohne Vorbestellung lief in der
     kleinen Gaststätte normalerweise gar nichts, aber einige Damen des
     Kulturvereins hatten kurzfristig abgesagt, was den beiden ausgehungerten
     Kriminalbeamten jetzt zugutekam. Kotek gustierte nicht lange in der
     umfangreichen Speisekarte.
    »Das Abendmenü,
     bitte«, bestellte sie bei der beflissen herbeigeeilten Juniorchefin.
     »Und ein Viertel Obi

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