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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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gesagt?«
    »Nichts. Er hat das
     schuldenfreie Haus mündelsicher auf sie überschreiben lassen und
     einen Brief hinterlegt, in dem er verfügte, dass Notar Alexander
     Czerwenka junior während seiner Abwesenheit zum Vormund von Lotte
     bestellt werden sollte. Bis zu deren Volljährigkeit. Diesen Vorschlag
     griff das Vormundschaftsgericht später tatsächlich auf. Karl
     Heinrich selbst hatte währenddessen Österreich mit unbekanntem
     Ziel verlassen und seine jüngere Tochter Stefanie mitgenommen.«
    »Aber für Sie,
     Frau Schleißheimer, war das Ziel keineswegs unbekannt, oder?«
    »Nein, er wollte nach
     Gran Canaria. Das wussten allerdings nur Eingeweihte, und die konnte man
     an einer Hand abzählen. Lotte zeigte mir nach Jahren einen Brief von
     Steffi, der eine Woche nach ihrer Abreise auf der Post in Las Palmas
     abgestempelt worden war. Charlys und Steffis Verschwinden sorgte natürlich
     für Gerüchte, und nicht zuletzt wirbelten Charlys geprellte Gläubiger
     einigen Staub auf. Im Gegensatz zu ihnen hatte sich die Linzer Sparkasse
     schadlos gehalten – dank Johnny, der am Verkauf der Innviertler
     Liegenschaft selbst gut verdient hatte. Andere Banken und private Gläubiger
     schauten durch die Finger.«
    »Und was ergaben die
     Ermittlungen der Behörden?«, fragte Kotek.
    »Die erwähnten Gerüchte
     und die Nachforschungen der Gendarmerie setzten die Quadriga tatsächlich
     unter Druck. Deren Geld und Verbindungen konnten zwar juristisch relevante
     Enthüllungen mit knapper Not verhindern, aber mit den Schweinereien
     auf dem Alpl war es endgültig vorbei. Die Eltern der anderen
     missbrauchten Kinder zogen übrigens von Gastein fort –
     ausgestattet mit reichlich Schweigegeld.«
    »Lotte Heinrich blieb
     wenigstens das Haus, und sie konnte sich ein neues, eigenes Leben aufbauen«,
     sagte Kotek.
    »Allerdings«,
     bestätigte Salma Schleißheimer. »Trotzdem wurde sie zunächst
     durch ihre Schwangerschaft und die Geburt von Julie tagtäglich an ihr
     altes Leben erinnert. Die damit verbundenen Gerüchte ließen sie
     –«
    »Ich weiß«,
     unterbrach Kotek die Erzählung. »Sie hat sogar einen
     Vaterschaftstest machen lassen und ihn veröffentlicht, um
     klarzustellen, dass ihr Vater Karl nicht als Erzeuger von Julie in Frage
     kam. Aber wer ist denn nun eigentlich der Vater von Julie? Ahnen oder
     wissen Sie etwas darüber?«
    »Lotte hat es nie
     zugegeben, bis heute nicht. Aber wer sonst als der alte Häuslschmied
     könnte es sein? Er hat sich Lotte immer reservieren lassen, ist
     regelrecht süchtig nach ihrem kindlich-melancholischen Typ gewesen.
     Nur wenn ihn besonders viel Alk oder Koks teilnahmslos hat werden lassen,
     dann durften auch andere ran.«    
    »Wie alt war Häuslschmied
     damals?«
    »So Anfang siebzig,
     aber er war fit und viril wie ein zwanzig Jahre jüngerer Mann. Dass
     Lotte aus den USA zurückkam, hat er allerdings nicht mehr erlebt.
     Herzinfarkt nach einer anstrengenden Bergtour. Er war eben in vielen
     Belangen ein Grenzgänger.«
    »Sie sagten vorhin, Häuslschmied
     starb offiziell kinderlos. Sollte Julie tatsächlich seine Tochter
     sein, steht ihr zumindest ein Pflichtteil seines Besitzes zu.«   
    »Dazu müsste sie
     als seine Tochter anerkannt werden. Lotte denkt aber nicht daran, Julie zu
     sagen, wer ihr Vater ist. Übrigens auch einer der Gründe, warum
     sich Mutter und Tochter nicht sonderlich gut verstehen.«
    »Das ist wohl leicht
     untertrieben. Chrissie hat mir das Verhältnis zwischen Julie und
     ihrer Mutter anschaulich beschrieben. Ihre Schilderung wird übrigens
     von unsrer Spusi bestätigt. Julie hat ein ziemlich eigenständiges
     Leben geführt und ließ sich kaum Vorschriften machen. Und ja,
     sie war die Lolita Ihres Mannes, Frau Schleißheimer. Das wissen wir
     von ihr persönlich, besser gesagt, von ihrem Tagebuch. Ist es da ein
     Wunder, wenn die Bachblüten-Lotte Schweißausbrüche bei dem
     Gedanken bekommt, dass ihre Tochter das freiwillig tut, wozu sie selbst
     jahrelang gezwungen worden ist?«
    Das Liebesleben ihres
     Ehemannes interessierte Salma Schleißheimer ganz offensichtlich
     nicht die Bohne, was Kotek nicht überraschte. Etwas anderes konnte
     sie dagegen nicht nachvollziehen.
    »Frau Schleißheimer,
     man sieht Ihnen an, dass der Schmerz über den Verlust Ihres Gatten
     Sie nicht gerade überwältigt. Und das ist kein moralinsaures
     Werturteil, sondern ausschließlich eine Feststellung. Inzwischen weiß
    

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