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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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wohlüberlegte
     war?«
    Pernauer zuckte mit den
     Schultern. »Bin ich ein Profiler? Kalter Hass macht auch eine ruhige
     Hand und ist trotzdem Leidenschaft. Wenn du allerdings meinst, dass die
     Tat vermutlich nicht spontan verübt worden ist, dann bin ich deiner
     Meinung.«
    »Und die
     abgeschnittenen Genitalien sind wohl als Hinweis zu verstehen«,
     sagte die Ermittlerin mehr zu sich selbst als an die Kollegen gerichtet.
     »Vielleicht wurde das Opfer ja für ein Sexualdelikt bestraft,
     oder es soll zumindest so aussehen.«
    Wegener, der gerade mit der
     Fußbodenuntersuchung fertig war, erhob sich aus seiner knienden
     Stellung. »Eine Vergewaltigung oder Nötigung könnte der
     Hintergrund sein, aber genauso gut Rivalität, Demütigung oder
     einfach nur Zurückweisung.«
    Kotek grinste. »Du
     sagst das in einem Ton, als wärest du selbst täglich Opfer
     solcher Gefühlskatastrophen, was ich mir bei dir allerdings kaum
     vorstellen kann.«
    Es war allgemein bekannt,
     dass der ebenso fesche wie begüterte Mittdreißiger und
     Junggeselle Wegener wie eine Biene von Blüte zu Blüte flatterte
     und demgemäß meistens die Damen die Leidtragenden waren.
    »Fälle mit
     derartigem Tatmuster hatten wir tatsächlich schon«, kam
     Stubenvoll seinem Kollegen zu Hilfe. »Jedenfalls muss der Täter
     oder die Täterin das Opfer sehr gut gekannt haben. Dazu passt auch,
     dass kein Handy bei Schleißheimers Sachen zu finden war.«
    »Und diese Zeichen
     …?« Da Kotek diesmal keine Antwort erhielt, wandte sie sich
     an die Zeugin. »Wann genau haben Sie den Toten gefunden, Frau
     Neuhuber? Kommen Sie, wir gehen jetzt mal hinaus vor die Hütte und
     lassen die Kollegen von der Kriminaltechnik ihre Arbeit fertig machen.«
    Kotek, Resi Neuhuber und
     Feuersang setzten sich auf die frisch gezimmerte Hausbank vor der Hütte.
     Die Kniebundhose der Bäuerin erinnerte an ein auf den Kopf gestelltes
     Zirkuszelt. Resi Neuhuber war nicht eitel, einen derartigen Luxus konnte
     sie sich in ihrem Umfeld gar nicht leisten, aber der Blick auf Koteks
     knackigen Hintern, den eine Levi’s Jeans wie eine zweite Haut
     umspannte, machte sie doch ein bisschen traurig. Noch mehr als um die
     Figur beneidete sie die jüngere Frau allerdings um das wallende
     dunkelbraune Haar, das ihr weit über Schultern und Rücken fiel.
    Eine solarbetriebene Lampe
     über der Hüttentür spendete ihnen ausreichend Licht. Die
     beiden Frauen blickten direkt zum Stubnerkogel und zum Zittrauer Tisch hinüber.
     Die Umrisse der beiden markanten Bergkegel hoben sich vor dem wolkenlosen
     Abendhimmel noch deutlich ab.
    »Heut um drei Uhr
     nachmittags hab ich ihn gefunden«, erzählte Resi Neuhuber.
     »Danach hab ich sofort die Polizei angerufen. Die Hütte wurde
     kurzfristig von Jagdgästen gebucht – ab nächster Woche.
     Jetzt haben wir ja schon Sonntag, also bin ich heraufgefahren, um noch
     einmal nach dem Rechten zu sehen. Und das, obwohl ich so gern den Umzug
     vom Erntedankfest gesehen hätte. Meine Söhne machen mit ihrem
     Wagen sicher den ersten Preis.«    
    Die jüngere Kotek sah
     sie bedauernd an. »Da muss ich Ihnen gleich noch eine Enttäuschung
     bereiten. Sie werden Ihre Gäste bitten müssen, ihre Ankunft um
     einige Tage zu verschieben, bis die Hütte von uns freigegeben ist.«
    »Muss das denn sein?«,
     fragte Resi Neuhuber ungnädig. »Das Blut und der andere Dreck
     sind doch mit Ätznatron schnell weggewaschen, da hatten wir schon
     ärgere Sauereien zu beseitigen. Die Gäste heutzutage sind nämlich
     auch nicht mehr das, was sie einmal waren.«   
    »Es muss sein, Frau
     Neuhuber«, bekräftigte Kotek nachdrücklich. »Sind
     Ihnen heute beim Herauffahren eigentlich ein Fahrzeug oder Fußgänger
     aufgefallen?«
    »Wieso denn heute? Es
     hieß doch, der Fredl sei schon gestern ermordet worden«,
     entgegnete Resi Neuhuber spitz.
    »Beantworten Sie bitte
     meine Frage.«
    Die Neuhuber schüttelte
     den Kopf. »Nein, mir ist niemand aufgefallen. Ich hab mich nur
     über Fredls Toyota gewundert, der vor unserer Hütte stand. Den
     RAV4 hab ich natürlich sofort erkannt und mich noch gefragt, was
     Fredl ausgerechnet am Erntedankfest hier oben in der Einschicht zu suchen
     hat. Aber dann war mir klar, dass da etwas nicht stimmen konnte.«
    »So? Warum denn?«
    »Auf den Bäumen
     neben der Hütte saßen Hunderte von Dohlen. In so einer Masse
     tauchen die nur auf, wenn irgendwo verletztes oder erlegtes Wild liegt.
    

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