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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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sondern auch wir als Vertreter des Staates her sind. Und was tut ein
     Einsiedlerkrebs, wenn ihm von zwei Seiten her Gefahr droht, na? Er zieht
     sich erst einmal in seinen schützenden Panzer zurück.«
    »Sehr gut, Doktor
     Freud. Und was dabei ist jetzt mein Part?«
    »Der ist mir schon auf
     der Fahrt hierher eingefallen. Bei einem zufälligen Blick in Richtung
     Bad Gastein habe ich mich erinnert, dass du dort Verwandte hast.«
    »Einen Verwandten«,
     präzisierte Kotek, »Fritz Ostermeyer, den Cousin meiner Mutter,
     ja. Was soll mit ihm sein?«
    »Der hat doch außer
     seinem Haus am Mozartplatz auch noch –«
    »Stopp! Jetzt weiß
     ich, worauf du hinauswillst. Du meinst sein Landhaus im Naßfeld.«
    »Naßfeld?«
    »In Sportgastein. Naßfeld
     sagen eigentlich nur mehr die Alteingesessenen zu der Genossenschaftsalm.
     Der Vater von Fritz, ein Versicherungsmakler und Gewerkschaftsfunktionär,
     hat das Häuschen in den Sechzigern im Nationalparkgebiet bauen dürfen.
     Frag mich nicht, wie er die Baugenehmigung bekommen hat. Heut wär so
     was unmöglich, aber vor fünfzig Jahren scheint man das noch
     nicht so eng gesehen zu haben. Jahre später, als eine Lawine um zwei
     Uhr in der Nacht das Dach und das obere Stockwerk glatt wegrasiert hat,
     verhielt man sich schon anders: Eine Erneuerung des Stockwerks hatte zu
     unterbleiben.«
    »Ah? Sieh mal einer an!«
    »Ja, und hinterm Haus
     musste ein Schutzwall in Firsthöhe errichtet werden, sodass heute im
     Fall des Falles der Schnee übers Dach hinwegdonnern kann. Übrigens
     hat die Lawine damals eine Bekannte von Fritz, die im Haus untergekommen
     war, samt Schlafzimmer buchstäblich auf die Straße gesetzt.
     Aber, o Wunder: Abgesehen von schmerzhaften Quetschungen und Abschürfungen
     hat die Dame den Albtraum relativ unbeschadet überstanden.«
    Jacobi grinste. »Wer
     weiß, ob sie jemals wieder eine so archaische Energie im Bett erlebt
     hat. Also, wie sieht’s aus? Ist dein Cousin empfänglich für
     deinen Charme?«
    Kotek fuhr eben am »Gasthof
     Ortenstein« vorbei und bog nach der Brücke über den
     Gadaunerer Bach nach rechts ab. »Red nicht um den heißen Brei
     herum. Du willst, dass er mir das Haus für ein paar Tage überlässt,
     oder? Aber warum bieten wir der Häuslschmied nicht eine der beiden
     Zeugenschutz-Wohnungen in Salzburg-Stadt an?«
    »Abgesehen vom nicht
     eben berauschenden Komfort dieser Garçonnièren hätte
     ich diese Frage von dir auch aus einem anderen Grund nicht erwartet. Denk
     noch einmal scharf nach.«
    »Du spielst auf
     Marageter an?«
    »Bingo. Ein Typ wie er
     pflegt seine Kontakte zum Behördenapparat, dem er mal angehört
     hat. Und aus ehemaligen Kollegen eine Zeugenschutzadresse herauszukitzeln,
     das wäre für ihn kein Problem. Außerdem halte ich es
     generell für ausgeschlossen, dass sich die Häuslschmied nach
     Salzburg lotsen lässt.«
    »Aber in ein ihr
     fremdes Landhaus im Nationalpark Hohe Tauern? Das glaubst du doch selbst
     nicht, oder hast du dir irgendwas eingeworfen?«
    »Weder noch. Beantworte
     mir nur meine Frage: Kannst du deinen Cousin breitschlagen, damit er uns
     das Haus für ein paar Tage überlässt? Ja oder nein?«
    »Ich denke schon. Ich
     werd ihn anrufen, aber die Häuslschmied davon zu überzeugen,
     sich auf dem Naßfeld zu verstecken, damit überforderst du mich
     ganz eindeutig.«
    »Das glaube ich nicht,
     Katze. Du bist noch immer mit den Aufgaben gewachsen, was sage ich: über
     dich hinausgewachsen.«    
    »Verarschen kann ich
     mich selbst«, maulte Kotek. »Aber an mir soll’s nicht
     liegen: Ich werd’s versuchen. Wolltest du nicht Lenz anrufen? Jetzt
     hast du Zeit.«
    Das Telefonat dauerte eine
     gute Viertelstunde. Jacobi hörte seinem besten Mann zunächst zu,
     ohne ihn auch nur ein Mal zu unterbrechen, und sagte dann: »Okay,
     ich schicke euch einen Wagen rauf. Kommst du anschließend zum Posten
     Hofgastein? Bis dahin wird auch Cornelia dort sein. Es ist höchste
     Zeit, dem Mädel reinen Wein einzuschenken, bevor es die Medien tun.
     Die werden spätestens bis zu den Ein-Uhr-Nachrichten Wind vom zweiten
     Mord bekommen haben, und dann geht der Wirbel richtig los. Meine nächste
     Bitte wird dich ebenfalls nicht besonders freuen, aber wie dir bekannt
     sein dürfte, ist der Bankier Regenmandl flüchtig – genauso
     wie seit heute Morgen auch seine Haushälterin Vesna Simcits, wie wir
     inzwischen erfahren haben.«   
    Er ging nicht weiter ins
    

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