Dohlenflug
angerufen, aber mitten im Gespräch
abgebrochen –«
»Und zwar ungefähr
zur selben Zeit, als Resi Neuhuber uns zur Rettenwänd-Hütte
lotste.«
»So ist es. Übrigens:
Auch wenn Julie in ihrer verständlichen Panik zunächst das
Falsche getan hat, so war ihre Flucht auf das Laderdinger Alpl für
uns durchaus von Nutzen. Sonntagnacht hat sie dort nämlich eine
wichtige Beobachtung gemacht. Regenmandl ist mit dem Range Rover ins Alpl
heraufgekommen.«
»Ah, da schau her!«
»Ja, auch Julie war
ziemlich überrascht. Aber sie hat den Wagen früh genug gehört
und noch Zeit gefunden, die Hütte so zurückzulassen, dass ihre
Anwesenheit nicht gleich bemerkt werden würde. Diese Befürchtung
war übrigens grundlos. Regenmandl hat sich nur Pickel und Schaufel
aus einem Verschlag im Scherm geholt und sich darangemacht, ein in Ölpapier
eingeschlagenes Päckchen unweit der Hütte zu vergraben.«
»Er hat seinen Laptop
und diverse Unterlagen vergraben, jede Wette!«
»Das werden wir sehen.
Jedenfalls hat er viel Zeit und Mühe aufgewendet, um die Spuren der
Grabung zu verwischen, weshalb die Spusi sie gestern auch glatt übersehen
hat. Lenz ist in diesem Moment mit Julie auf dem Weg dorthin und wird dann
auch Regenmandl und die Simcits suchen. Zufrieden?«
»Hat er nicht
gemeckert, dass er seinen Fall einstweilen zur Seite legen muss?«
»Das würde Lenz
nie tun, und das weißt du. Ohne einen sehr triftigen Grund hätte
er dir seine Hilfe nie verweigert.«
»Du meinst wohl, dir hätte
er sie nie verweigert. Aber zu deiner Frage: Ja, ich bin zufrieden.«
22
LÄNGST HATTEN SIE vor
dem Gastgarten des »Weitmoser-Schlössls« gehalten. Jacobi
stieg aus, Kotek wendete und fuhr zur Auffahrt Bundesstraße zurück,
nicht ohne noch einmal einen Blick nach links zu werfen, auf die
Zwillingsrundtürme mit den kegelförmigen Dächern, die dem
früheren Gewerkenanwesen sein unverwechselbares Gepräge gaben.
Trotz des Herbstregens ließ
Jacobi das weiß gekalkte wuchtige Gebäude mit den typischen
rot-weiß-roten Fensterbalken kurz auf sich wirken, ehe er den
Eingang ansteuerte. Die Gasteiner Bergherren hatten es verstanden zu repräsentieren.
Jacobi war schon bei Recherchen in einem früheren Fall auf sie gestoßen.
Sie hatten zu Beginn der Neuzeit für das Tal jene Bedeutung, die
heute dem Sport- und Wellness-Tourismus zukommt – eine sehr große.
Neben der Hofgasteiner Marienkirche, die ihr imposantes Erscheinungsbild
übrigens ebenfalls den Gewerkenfamilien verdankt, war das »Schlössl«
eine Hauptattraktion im Tal, was auch schon Filmproduzenten das eine oder
andere Mal hergelockt hatte.
Vor dem Eingang wartete ein
rundgesichtiger kleiner Mann mit grauem Bürstenhaarschnitt auf
Jacobi. Es war nicht der Schlossherr, Landtagspräsident Dr. Johann
Schwertfeger, den Jacobi aus den Medien kannte, sondern sein Schulfreund
Schorsch Grahammer, der den RS 4 vom Fenster der Lobby aus gesehen hatte.
»Sag ja nicht: ›Du
schon wieder!‹«, flachste Jacobi anstelle einer Begrüßung.
»Immerhin ist es schon drei Jahre her, seit ich zum letzten Mal
deinen Rat eingeholt habe.«
»Hätte ich mir
sicher verkniffen«, sagte Grahammer grinsend, »obwohl deine
zugegeben seltenen Besuche immer Aufregung bedeuten. Grüß dich,
Oskar.«
»Grüß dich,
Schorsch. Ich kann mir zwar vorstellen, warum du diese Location als
Treffpunkt ausgesucht hast, muss aber eine Schlossführung wegen
Zeitdrucks bedauernd ablehnen.«
»Ich hatte nicht vor,
mich dir als Guide anzudienen. Führungen finden übrigens nur für
angemeldete Gäste statt, und die werden dann von Angehörigen der
Familie Schwertfeger betreut. Aber nach deiner Anfrage heute Morgen habe
ich diesen Treffpunkt mit historischem Lokalkolorit tatsächlich nicht
zufällig gewählt, das geb ich gern zu. Lass uns nach hinten in
die Knappenstube gehen. Für einen Plausch im Garten eignet sich das
Wetter heute wirklich nicht besonders.«
Den Räumlichkeiten im
Schloss und den extrem dicken Mauern sah man an, dass ihre Erbauer in
erster Linie den Schutz der Bewohner im Auge gehabt hatten und nicht so
sehr die Repräsentation, wie Jacobi zunächst unterstellt hatte.
So stattlich das Gebäude nach außen hin auch wirkte: Die Flure
waren schmal, die Stiegenaufgänge eng und die verschiedenen
Gaststuben nicht übermäßig groß. Möbel, Türen,
Vertäfelungen,
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