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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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angerufen, aber mitten im Gespräch
     abgebrochen –«
    »Und zwar ungefähr
     zur selben Zeit, als Resi Neuhuber uns zur Rettenwänd-Hütte
     lotste.«
    »So ist es. Übrigens:
     Auch wenn Julie in ihrer verständlichen Panik zunächst das
     Falsche getan hat, so war ihre Flucht auf das Laderdinger Alpl für
     uns durchaus von Nutzen. Sonntagnacht hat sie dort nämlich eine
     wichtige Beobachtung gemacht. Regenmandl ist mit dem Range Rover ins Alpl
     heraufgekommen.«
    »Ah, da schau her!«
    »Ja, auch Julie war
     ziemlich überrascht. Aber sie hat den Wagen früh genug gehört
     und noch Zeit gefunden, die Hütte so zurückzulassen, dass ihre
     Anwesenheit nicht gleich bemerkt werden würde. Diese Befürchtung
     war übrigens grundlos. Regenmandl hat sich nur Pickel und Schaufel
     aus einem Verschlag im Scherm geholt und sich darangemacht, ein in Ölpapier
     eingeschlagenes Päckchen unweit der Hütte zu vergraben.«
    »Er hat seinen Laptop
     und diverse Unterlagen vergraben, jede Wette!«
    »Das werden wir sehen.
     Jedenfalls hat er viel Zeit und Mühe aufgewendet, um die Spuren der
     Grabung zu verwischen, weshalb die Spusi sie gestern auch glatt übersehen
     hat. Lenz ist in diesem Moment mit Julie auf dem Weg dorthin und wird dann
     auch Regenmandl und die Simcits suchen. Zufrieden?«
    »Hat er nicht
     gemeckert, dass er seinen Fall einstweilen zur Seite legen muss?«
    »Das würde Lenz
     nie tun, und das weißt du. Ohne einen sehr triftigen Grund hätte
     er dir seine Hilfe nie verweigert.«
    »Du meinst wohl, dir hätte
     er sie nie verweigert. Aber zu deiner Frage: Ja, ich bin zufrieden.«

 
    22
    LÄNGST HATTEN SIE vor
     dem Gastgarten des »Weitmoser-Schlössls« gehalten. Jacobi
     stieg aus, Kotek wendete und fuhr zur Auffahrt Bundesstraße zurück,
     nicht ohne noch einmal einen Blick nach links zu werfen, auf die
     Zwillingsrundtürme mit den kegelförmigen Dächern, die dem
     früheren Gewerkenanwesen sein unverwechselbares Gepräge gaben.
    Trotz des Herbstregens ließ
     Jacobi das weiß gekalkte wuchtige Gebäude mit den typischen
     rot-weiß-roten Fensterbalken kurz auf sich wirken, ehe er den
     Eingang ansteuerte. Die Gasteiner Bergherren hatten es verstanden zu repräsentieren.
     Jacobi war schon bei Recherchen in einem früheren Fall auf sie gestoßen.
     Sie hatten zu Beginn der Neuzeit für das Tal jene Bedeutung, die
     heute dem Sport- und Wellness-Tourismus zukommt – eine sehr große.
     Neben der Hofgasteiner Marienkirche, die ihr imposantes Erscheinungsbild
     übrigens ebenfalls den Gewerkenfamilien verdankt, war das »Schlössl«
     eine Hauptattraktion im Tal, was auch schon Filmproduzenten das eine oder
     andere Mal hergelockt hatte.
    Vor dem Eingang wartete ein
     rundgesichtiger kleiner Mann mit grauem Bürstenhaarschnitt auf
     Jacobi. Es war nicht der Schlossherr, Landtagspräsident Dr. Johann
     Schwertfeger, den Jacobi aus den Medien kannte, sondern sein Schulfreund
     Schorsch Grahammer, der den RS 4 vom Fenster der Lobby aus gesehen hatte.
    »Sag ja nicht: ›Du
     schon wieder!‹«, flachste Jacobi anstelle einer Begrüßung.
     »Immerhin ist es schon drei Jahre her, seit ich zum letzten Mal
     deinen Rat eingeholt habe.«
    »Hätte ich mir
     sicher verkniffen«, sagte Grahammer grinsend, »obwohl deine
     zugegeben seltenen Besuche immer Aufregung bedeuten. Grüß dich,
     Oskar.«
    »Grüß dich,
     Schorsch. Ich kann mir zwar vorstellen, warum du diese Location als
     Treffpunkt ausgesucht hast, muss aber eine Schlossführung wegen
     Zeitdrucks bedauernd ablehnen.«
    »Ich hatte nicht vor,
     mich dir als Guide anzudienen. Führungen finden übrigens nur für
     angemeldete Gäste statt, und die werden dann von Angehörigen der
     Familie Schwertfeger betreut. Aber nach deiner Anfrage heute Morgen habe
     ich diesen Treffpunkt mit historischem Lokalkolorit tatsächlich nicht
     zufällig gewählt, das geb ich gern zu. Lass uns nach hinten in
     die Knappenstube gehen. Für einen Plausch im Garten eignet sich das
     Wetter heute wirklich nicht besonders.«
    Den Räumlichkeiten im
     Schloss und den extrem dicken Mauern sah man an, dass ihre Erbauer in
     erster Linie den Schutz der Bewohner im Auge gehabt hatten und nicht so
     sehr die Repräsentation, wie Jacobi zunächst unterstellt hatte.
     So stattlich das Gebäude nach außen hin auch wirkte: Die Flure
     waren schmal, die Stiegenaufgänge eng und die verschiedenen
     Gaststuben nicht übermäßig groß. Möbel, Türen,
     Vertäfelungen,

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