Dohlenflug
abgesehen haben sollen. Eine davon hat
deshalb wahrscheinlich bereits zwei Mal gemordet. Sehen Sie es da nicht
als Ihre Verpflichtung an, uns bei den Ermittlungen zu unterstützen?«
»Ermittlungen sind
Aufgabe der Exekutive, nicht meine.« Die Greisin hatte ihre Sprache
wiedergefunden. »Außerdem scheint der Ausdruck Hort Ihre
Phantasie über Gebühr zu beflügeln. Gemeint war damit nur,
was mein Mann und ich im Lauf eines langen Lebens erarbeitet und
zusammengespart haben: drei Häuser, einige Grundstücke,
Wertpapiere, Sparbücher und Schmuck. Da mein verstorbener Mann und
ich keine Kinder haben, scheinen manche Leute zu glauben, sie hätten
Zugriff darauf, sobald ich die Erdäpfel von unten anschau.«
»Frau Häuslschmied,
nach Ihren eigenen Worten auf dem Anrufbeantworter ist Julie Heinrich die
uneheliche Tochter Ihres verstorbenen Gatten«, leistete Jacobi
seiner Lebensgefährtin jetzt Schützenhilfe. »Wenn das
stimmt, dann hat sie ein Recht auf den Pflichtteil seiner
Hinterlassenschaft – und möglicherweise sogar auf mehr, falls
ein diesbezügliches Testament existiert, aber darum ging es in Ihrem
Telefonmonolog ohnehin nur am Rande.«
»Ja, am Ende des Gesprächs
haben Sie gesagt, Sie würden das Versteck des Horts nie verraten und
das Geheimnis mit ins Grab nehmen«, brachte es Kotek auf den Punkt.
»So spricht man nicht über seine bewegliche und unbewegliche
Habe, Frau Häuslschmied, so spricht man über einen verborgenen
Schatz. Wenn Sie sich dazu nicht äußern wollen, können wir
Sie natürlich vorläufig nicht dazu zwingen, aber halten Sie uns
bitte nicht für Idioten.«
»Warum nur vorläufig?«,
fragte die Seniorin misstrauisch und schob das Kinn energisch vor.
»Sollte sich
herausstellen, dass dieser Schatz unmittelbar mit den Morden oder anderen
Straftaten in Zusammenhang steht, dann können wir Sie in Beugehaft
nehmen.« Kotek wusste, wie hanebüchen ihr Einschüchterungsversuch
war und bekam dafür auch gleich die Quittung.
»Machen Sie sich nicht
lächerlich«, pfiff Häuslschmied sie an. »Mein Anwalt
knallt Ihnen sofort eine Haftunfähigkeitsbescheinigung auf den Tisch,
was soll also diese Drohung? Sie halten mich doch hier für eine
Idiotin! Ich habe zwar hie und da diese … diese Aussetzer, aber
deshalb bin ich noch lange nicht debil. Noch nicht! Und falls keine
triftigen Gründe für eine Fortsetzung dieses Gesprächs
vorliegen, betrachte ich es jetzt als beendet.«
»Eine letzte Frage,
Frau Häuslschmied«, probierte es Jacobi noch einmal. »Wer
außer Regenmandl, Marageter und Salma Schleißheimer hat noch
Kenntnis von der Existenz des Schatzes?«
»Der Schatz, Herr
Oberst, existiert nur in Ihrer Einbildung, und jetzt darf ich Sie ersuchen
zu gehen.«
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»HM, DAS WAR ZWAR ganz
offensichtlich eine Pleite, aber ich bin gar nicht so unglücklich darüber,
dass sie uns rausgeworfen hat«, sagte Jacobi zufrieden, während
er sein Handy einsteckte und auf der Beifahrerseite in den Wagen stieg.
Der Regen hatte inzwischen etwas nachgelassen. Haberstroh würde in
einigen Minuten an Ort und Stelle sein und vom Wagen aus ein Auge auf die
Villa haben.
Kotek glitt hinter das
Lenkrad des RS 4 und guckte Jacobi schräg an. »Und? Warum bist
du darüber nicht unglücklich?«
»Weil sich die Nebel um
die beiden Mordfälle nun doch ein wenig zu lichten beginnen. Und eben
deshalb möchte ich dich bitten, nach der Vernehmung der Czerwenkas
und dem kurzen Briefing am Posten noch einmal hierher zurückzukehren.
Jetzt fahren wir erst mal über Gadaunern zum ›Schlössl‹
hinüber.«
»Das ist erstens keine
Antwort, und zweitens lässt mich die Häuslschmied nie wieder zur
Tür hinein.« Kotek startete den Wagen, während Jacobi den
Kopf schüttelte.
»Das glaube ich nicht.
Die tut bloß so widerborstig, weil sie Angst hat, obwohl sie gerade
das heftig bestreitet. Aber nur ein Dummkopf oder ein Selbstmörder hätte
in ihrer Lage keine Angst, und ich halte sie weder für das eine noch
für das andere. Ist es dir nicht aufgefallen? Sie hat sich gegen den
Polizeischutz nicht gewehrt, aber den Eindruck erweckt, als würde sie
ihn nur notgedrungen dulden.«
»Warum verhält sie
sich so widersprüchlich?«
»Ganz einfach:
Einerseits hat sie Todesangst, andererseits hütet sie krampfhaft ihr
Geheimnis, hinter dem ihrer Meinung nach nicht nur der Mörder,
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