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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Regentropfen.
    Die Haustür öffnete
     sich, ehe Kotek anläuten konnte. Amanda Häuslschmied hatte die
     telefonisch angemeldeten Kriminalbeamten bereits erwartet. Sie trug ein
     schwarzes Kostüm über einer weißen Bluse mit geplättetem
     Kragen, wie sie in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen
     Jahrhunderts modern gewesen war, und schwarze Sämisch-Schnallenschuhe.
     Ihre silberweißen Haare hatte sie im Nacken zu einem schlichten
     Knoten zusammengesteckt.
    Dem hageren Antlitz sah man
     das Alter an, aber der Blick aus den blauen Augen ließ Jacobi sofort
     an einen Falken denken. Es fiel ihm schwer, den wachen Gesichtsausdruck
     mit Demenz in Verbindung zu bringen, auch wenn das äußere
     Erscheinungsbild von Senioren oft täuschte.
    Die rüstige Greisin
     erwiderte Koteks und seinen Gruß nicht allzu freundlich. »Bitte,
     kommen Sie mit in den Salon«, sagte sie kurz angebunden, wandte sich
     ruckartig um und ging den Gästen voraus.
    Auch nachdem sie auf einer
     nicht ganz zum Jugendstil passenden, dafür aber bequemen Sitzgarnitur
     im Wohnzimmer Platz genommen hatten, wurde Amanda Häuslschmied nicht
     umgänglicher.
    »Wenn ich ehrlich bin,
     kann ich mir nicht vorstellen, was Sie von mir wollen, Herr Oberst«,
     begann sie, während sie in einer abgewetzten Handtasche kramte.
     »Ich habe Höllteufel und seinen Leuten noch in der Nacht alles
     gesagt, was es zu sagen gab. Aber bitte – da Sie nun schon mal da
     sind: Was wollen Sie wissen?« Sie blickte bei ihrer Frage nur Jacobi
     an, seine Begleiterin schien sie nicht wahrzunehmen.
    In Oskars Beisein verhalten
     sich Damen in fortgeschrittenem Alter immer gleich, dachte Kotek amüsiert
     und begann mit einer unverfänglichen Frage: »Leben Sie allein
     in diesem großen Haus, Frau Häuslschmied?«    
    Verwundert über die
     triviale Einleitung, noch mehr aber über die Vorwitzigkeit einer
     Untergebenen, hob die Greisin die dünnen Augenbrauen, bevor sie sich
     doch noch zu einer Antwort bequemte. »Ja, ich lebe allein hier. Zwei
     Mal die Woche kommt eine Haushaltshilfe, sie wäscht, putzt und kauft
     für mich ein. Das Essen lass ich mir kommen. Na ja, manchmal, wenn’s
     mir Spaß macht, koch ich auch selbst. Und Sie sind also wirklich
     extra aus Salzburg hierhergefahren, um mir solche Fragen zu stellen?«
    »Die wichtigen kommen
     noch«, beeilte sich Kotek zu erklären. »Die wichtigste
     betrifft übrigens Ihre Sicherheit. Die Person, die in Ihr Haus
     eingedrungen ist, könnte diesen Versuch wiederholen.«   
    »Das, Frau …
     äh?«
    »Kotek, Melanie Kotek«,
     rief sich die Vergessene in Erinnerung.
    »Also, Frau Kotek, das
     glaube ich, ehrlich gesagt, nicht«, widersprach die alte Dame
     gelassen. »Ich lag mit meiner Vermutung Lotte Heinrich betreffend
     zwar falsch, aber der wahre Täter wird bestimmt nicht so verrückt
     sein, es noch einmal zu probieren, wenn es hier von Polizei nur so
     wimmelt.«
    »Derselbe Täter
     hat drei Tage nach dem ersten Mord den zweiten begangen, quasi vor unseren
     Augen«, gab die Ermittlerin zu bedenken.
    »Nicht unbedingt ein
     Ruhmesblatt für Sie«, merkte Häuslschmied spitz an, aber
     Kotek ließ sich nicht provozieren.
    »Sie wollen also nicht,
     dass wir Sie unter Polizeischutz stellen? Es wäre ja nur für ein
     paar Tage.«
    Die Dreiundachtzigjährige
     zuckte mit den schmalen Schultern. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können.
     Ich meine, ich habe nichts dagegen, halte es aber für … äh
     …«
    »Überflüssig?«,
     sprang Kotek ein.
    »Genau, für überflüssig.
     Ich fürchte mich jedenfalls nicht.«
    »Haben Sie denn eine
     Vermutung, wer der Einbrecher gewesen sein könnte, nun, da Frau
     Heinrich nicht mehr in Betracht kommt? Sie haben ja mehrere Personen
     ziemlich unverblümt der schrankenlosen Gier bezichtigt.« Koteks
     sehr direkte Anspielung war Häuslschmied sichtlich unangenehm. Plötzlich
     wirkte sie wie eine ertappte Missetäterin, blieb aber stumm und
     zuckte nur wieder mit den Achseln.
    Die Kriminalbeamtin
     beschloss, Klartext zu reden: »Frau Häuslschmied, wir haben
     Ihren Anruf bei Lotte Heinrich auf Band. Dass Ihre einstige Rivalin zu
     diesem Zeitpunkt –«
    »Rivalin? Das ist eine
     ganz und gar unpassende Bezeichnung«, unterbrach Häuslschmied
     entrüstet.
    »… zu diesem
     Zeitpunkt bereits tot war, tut dabei nichts zur Sache«, fuhr Kotek
     ungerührt fort. »Sie erwähnen einen Hort, also einen
     Schatz, auf den es vier Personen

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