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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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nestelte.
    Vesna Simcits winkte ab.
     »Lassen Sie stecken. Seit dem Bürgerkrieg in Bosnien weiß
     ich, wann ich einem von den Guten gegenüberstehe und wann nicht. Dass
     Sie ein Kiwerer sind, das sieht man doch auf den ersten Blick. Und dass
     ich der gesuchte Killer sein könnte, das ist einfach nur Blödsinn.«
    Inzwischen hatte es Redl
     geschafft, den Ausweis herauszuziehen. »Ich bin Gendarmeriemajor
     Lorenz Redl und suche Jean Pierre Regenmandl, den flüchtigen
     Filialleiter der Linzer Sparkasse Bad Hofgastein.«
    »Er ist nicht flüchtig«,
     korrigierte Simcits ihn. »Jemand hat ihm nahegelegt, für einige
     Tage von der Bildfläche zu verschwinden – so hab ich’s
     jedenfalls verstanden. Seit neun Uhr vormittags bin ich schon hier und
     warte auf ihn. Erst dachte ich ja, er wäre ins Dorf hinaufgefahren,
     also nach Sankt Radegund. Dort oben kennt man ihn allerdings, und wenn
     jemand – wie er sich am Handy ausdrückte – aus der
     Schusslinie verschwinden will, dann wird er sich nicht ausgerechnet bei
     den Einheimischen sehen lassen, wenn er klug ist.«
    Ihre Stimme zitterte. Also
     ist sie doch nicht so cool, wie sie sich gibt, dachte Redl. Das spricht
     eigentlich für sie, weniger jedoch für den Gesuchten.    
    »Frau … äh
     …?«
    »Simcits«, half
     die Bosnierin seinem Gedächtnis auf die Sprünge.
    »Gut, Frau Simcits,
     haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich im Haus mal ein wenig umsehe? Nicht
     aus Misstrauen gegen Sie«, fügte er rasch hinzu, »ich möchte
     nur gewisse Eventualitäten ausschließen. Vielleicht findet sich
     dabei ja auch irgendein Hinweis auf Herrn Regenmandls Verbleib.«
    »Das glaube ich zwar
     nicht, aber solange ich dabei sein darf, bitte – nur zu.« Sie
     trat zur Seite, um ihn einzulassen.   
    »Haben Sie sich bei den
     Anrainern in der Schwaig schon nach dem Range Rover erkundigt?«,
     fragte er, während er den Lärchenparkettboden in der rustikal
     gestalteten Blockhaus-Maisonette Zentimeter für Zentimeter in
     Augenschein nahm. »An denen muss doch jeder Au-Besucher vorbei.«
    Sie schüttelte den Kopf.
     »Nein, ich habe mich an Jean Pierres Anweisungen gehalten und mich
     bei niemandem sehen lassen.«
    Weder am Boden noch sonst wo
     in der Wohnung deutete irgendetwas auf eine Gewalttat hin, das war
     jedenfalls Redls erster Eindruck.
    »Wie lange sollen Sie
     hier auf ihn warten?«, wollte er wissen, als er mit ihr aus einem
     der beiden Bäder zurückkehrte. Wieder war die Antwort eine
     energisch verneinende Geste.
    »Von Warten war nie die
     Rede. Ich sollte Essen für drei Tage kaufen und möglichst unauffällig
     herkommen. Nach dem, wie das Gespräch verlaufen war, musste ich
     annehmen, ihn bei meiner Ankunft hier vorzufinden.«
    »Hm.« Redl hielt
     es nicht für nötig, die Frau an seinen Überlegungen
     teilhaben zu lassen.
    Für Regenmandls
     Fernbleiben kamen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Vesna Simcits
     selbst konnte ihn zum Beispiel ermordet und seine Leiche versteckt haben.
     Eine Theorie, die ziemlich weit hergeholt war, wie sich Redl selbst
     eingestand. Wesentlich wahrscheinlicher war doch, dass Regenmandl mit der
     Order an seine Haushälterin eine falsche Spur gelegt hatte, entweder
     aus Angst, oder weil er der zweifache Mörder war. Dass Regenmandl von
     Dritten ermordet und seine Leiche irgendwo im Altwasser versenkt worden
     war, noch ehe Simcits die Ettenau erreicht hatte, war eine weitere
     Theorie. Die harmloseste Möglichkeit, er könnte in St. Radegund
     beim Dämmerschoppen sitzen, schloss Redl umgehend durch Anrufe bei
     den zwei Dorfwirtshäusern aus. Anschließend kontaktierte er
     noch einmal die Kollegin Kotek und stellte den Lautsprecher seines Handys
     auf Mithören.
    »Hallo, Melanie, willst
     du erst die gute Nachricht oder die schlechte hören?«
    »Spann mich nicht auf
     die Folter, Lenz. Sag, was du für mich hast. Halt, warte, eine Minute
     noch, ich hab noch was zu erledigen.«
    Kotek hatte auf der Naßfelder
     Alpenstraße eben die Abzweigung zum Gasteiner Heilstollen passiert
     und hielt nun an der Mautkontrolle. Erleichtert nahm sie zur Kenntnis,
     dass der korpulente Kassier weder sie noch ihre beiden Beifahrerinnen zu
     kennen schien. Sie war sehr vorsichtig vorgegangen, hatte bewusst nicht
     die Direttissima von Hofgastein nach Böckstein genommen, sondern war
     von Bad Bruck aus einen Umweg über den Laterndl-Wald in Richtung Kötschachtal
     gefahren und hatte sogar Zwischenstopps

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