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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Städtchens, er konzentrierte
     sich ausschließlich auf seinen Auftrag und ließ den A4 langsam
     über den bezaubernden Marktplatz von Tittmoning rollen. Unmittelbar
     nach dem nördlichen Stadttor bog er nach rechts ab und wechselte zurück
     ans österreichische Ufer der Salzach.
    Der Landstrich Ettenau war
     ihm mehr als vertraut, nicht zuletzt deshalb, weil die Mutter seiner Frau
     von hier stammte. Als Marianne und er vor mehr als zehn Jahren – sie
     waren damals noch verlobt gewesen – das Elternhaus der Mutter
     besuchten, befand sich der Onkel von Marianne gerade im Clinch mit einem
     Anrainer, einem der größten Au-Bauern. Ausgerechnet dessen jüngster
     Sohn hatte einige Monate zuvor im Nachbardorf bei einer Wirtshausrauferei
     einen Mann erschlagen und Mariannes Cousine, die dort kellnerte und Zeugin
     der Bluttat geworden war, musste gegen ihn aussagen, was das
     Nachbarschaftsverhältnis nicht eben verbesserte.
    Redl hatte zwar im gebirgigen
     Pinzgau seine Wurzeln, aber er mochte diesen von der Eiszeit geformten
     Landstrich der Voralpen mit seinen Schilffeldern, den Weiden- und Erlenwäldern
     und den von mächtigen Dämmen geschützten Wiesen und Äckern.
     Und zwar nicht nur, weil er so unglaublich romantisch war und er mit
     seiner Frau hier schöne Stunden verbracht hatte, sondern weil er auch
     fest daran glaubte, in einem früheren Leben mit der Au verbunden
     gewesen zu sein.
    Bei heiterem Wetter war um
     diese Jahreszeit die Luft voll von späten Schmetterlingen und anderen
     Fluginsekten, doch an diesem Tag zeigte sich die Ettenau von ihrer
     unwirtlichen, tristen Seite.
    Nach dem Jarl-Bauern und der
     Schwaig endeten die bewirtschafteten Flächen am kilometerlangen
     Salzachdamm. Der mit Schlaglöchern übersäte, ungeteerte
     Feldweg, dem die Bezeichnung »Landstraße« eindeutig
     schmeichelte, führte über die Dammkrone in die eigentliche Au
     hinunter.
    Der ehemalige MEK-Beamte benötigte
     keine detaillierte Ortsangabe oder gar ein Navi, um Regenmandls Blockhaus
     zu finden. Von der Ostermiethinger Au bis hinunter zur Gemeindegrenze von
     Ach bei Burghausen gab es nur ein einziges derartiges Gebäude im
     Au-Schwemmland innerhalb des Schutzdamms, und dessen Standort war ihm
     bekannt.
    An der Abzweigung dorthin
     fuhr er vorbei und ließ den Wagen ein Stück weiter vorn stehen,
     kurz vor einer Holzbrücke über die Enzerling, einen Zufluss zur
     Salzach. Bedenken, frühzeitig aufzufallen, hatte er nicht, denn in
     der Au waren immer wieder mal Jäger, Fischer, Naturschutzbeauftragte
     und nicht zuletzt Beamte der Fremdenpolizei unterwegs.
    Wie schon im Morgengrauen auf
     dem Laderdinger Alpl näherte er sich trotz des starken Regens zu Fuß
     seinem Ziel.
    Ehe er ins Sichtfeld des
     Blockhauses geriet, verließ er den Trampelpfad und bahnte sich
     zwischen den dicht stehenden Weiden im meterhohen Schilf den Weg. Bereits
     nach den ersten Schritten war seine Outdoor-Hose bis zum Gürtel
     durchweicht, aber solche Kleinigkeiten berührten einen Naturburschen
     wie Redl nur am Rande.
    Der erste freie Blick auf das
     einem Bungalow ähnelnde Holzhaus ließ ihn allerdings auf
     weiteres umständliches Heranpirschen verzichten, und er kehrte wieder
     auf den Trampelpfad zurück.
    Ein roter Golf parkte vor dem
     Gebäude. Redl zückte sein Handy und gab eine Kurznummer ein.
     Kotek, die eben im Begriff war, mit Amanda Häuslschmied und Tina
     Hohenauer ins Gasteiner Naßfeld zu fahren, hob sofort ab.
    »Ja, Lenz?«
    »Ich bin jetzt in der
     Ettenau nördlich von Ostermiething und stehe vor dem Blockhaus von
     Regenmandl. Die Spur ist heiß. Der Golf seiner Haushälterin
     steht vor dem Haus, aber seinen Range Rover kann ich nicht entdecken. Ich
     gehe jetzt rein und melde mich später.« Er legte auf.
    Als er mit der Glock 34 in
     der rechten Hand die Stufen zur umfriedeten und überdachten
     Holzveranda hinaufstieg, öffnete sich die Haustür. Eine gut
     gebaute brünette Enddreißigerin mit Pagenfrisur trat heraus und
     verwehrte ihm den Zutritt.
    »Er ist nicht hier, und
     Ihre Kanone können Sie gleich wieder einstecken«, sagte Vesna
     Simcits unaufgeregt, doch ihre Stirn war nachdenklich gerunzelt.
    Redl zog überrascht die
     Augenbrauen hoch, steckte aber die Pistole tatsächlich in das Holster
     zurück. »Aha? Aber eigentlich kann nur der Mörder wissen,
     dass ich nicht der Mörder bin«, gab er sich sophistisch, während
     er seinen Ausweis aus einer Innentasche der Windjacke

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