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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Ärmel hatte, wenn er sich und seine Arbeit als zu wenig gewürdigt
     sah.   
    »Aber zufällig hab
     ich da so eine Idee, wo er sich verkrochen haben könnte«, drang
     es prompt nach einigen Sekunden aus dem Lautsprecher. Redl machte nicht
     den Fehler, sofort nachzufragen, um sich dann einen langen Vortrag über
     unprofessionelle Ungeduld anhören zu müssen, sondern hielt sich
     weiterhin vornehm zurück. Derartige Disziplin wurde belohnt.
    »Karl Heinrich hat vor
     etlichen Jahren eine Innviertler Erbschaft seiner Töchter versilbern
     lassen, und zwar von Regenmandl«, gab Weider Bescheid. »Ein
     Geldmann seines Kalibers wickelt einen solchen Deal allerdings nicht um
     Gottes Lohn ab, sondern schneidet dabei kräftig mit. Also hab ich ins
     Grundbuch geschaut, hab den damaligen Käufer der Liegenschaft
     ausgehoben und mir das Geschäft angesehen.«
    »Du und deine Nase«,
     streute Redl heuchlerisch Rosen, kannte er doch Weiders Schwäche für
     Schmeicheleien nur allzu gut.
    »Du sagst es«,
     bestätigte Weider selbstgefällig. »Der Käufer war ein
     Landwirt aus Sankt Radegund im Bezirk Braunau. Er hat den verwaisten Hof
     und den Wald im Schwabenlandl zu einem sehr moderaten Preis bekommen, denn
     Regenmandl hat sich als Provision ein Blockhaus samt Fischwasser auf einem
     landwirtschaftlich wertlosen Grundstück in der Ettenau überschreiben
     lassen und – aus welchem Grund auch immer – auf den Namen
     seiner achtzigjährigen Mutter eingetragen. Wie der Name schon sagt,
     ist die Ettenau ein Augebiet am rechten Salzach-Ufer, unweit von
     Tittmoning auf der bayrischen –«
    »Ich weiß schon,
     wo die Ettenau liegt«, warf Redl ein, »meine Frau hat
     Verwandte dort. Und der Deal leuchtet mir auch ein. Im Überschwemmungsgebiet
     herrscht absolutes Bauverbot, nur Häuser oder Hütten, die vor
     diesem Verbot jenseits der Schutzdämme errichtet wurden, dürfen
     bei Bedarf renoviert werden.«
    »Exakt um ein solches
     Blockhaus handelt es sich«, bestätigte Weider. »Wegen der
     ständig wiederkehrenden Salzach-Überschwemmungen wurde es einst
     in Pfahlbauweise errichtet und steht am Fuß des Radegunder Bergs.
     Nicht einmal das Hochwasser vor drei Jahren konnte ihm etwas anhaben. Die
     Preisgabe dieses mückenumschwirrten Fleckens samt Hütte hat dem
     Radegunder Bauern sicher nicht wehgetan, aber Regenmandl hat, wie ich den
     Unterlagen entnehme, ein ebenso romantisches wie diskretes Refugium daraus
     gemacht, von dem bisher kaum jemand wusste.«
    »Und was lässt
     dich vermuten, dass er und seine Haushälterin ausgerechnet dort sein
     könnten?«
    »Wie wir inzwischen
     wissen, ist die Simcits nicht so überstürzt verduftet wie
     Regenmandl heut Nacht, sondern erst am Morgen in ihrem eigenen Golf. Ein
     Zeuge hat sie gesehen.«
    »Sie hatte also noch
     Zeit und Gelegenheit, Vorbereitungen für den Ortswechsel zu treffen.«
    »Du sagst es, und genau
     darauf stützt sich auch meine Vermutung. Regenmandls und Simcits’
     Handys werden seit heute Morgen überwacht, und siehe da: Um acht Uhr
     fünfundvierzig ging ein Anruf von seinem Handy über eine
     Relaisstation bei Ostermiething ein, der Besorgungen betraf. Und wo, mein
     lieber Lenz, liegt Ostermiething seit der Jungsteinzeit?«
    »Unmittelbar vor
     Tittmoning und der Ettenau«, spielte Redl die gönnerhafte
     Oberlehrer-Attitüde des Freundes mit. »Danke, Hans. Ich denke
     jetzt auch, es könnte sich auszahlen, jemanden dorthin zu schicken.
     Ich werde mich aber vorher noch mit dem LGK Oberösterreich kurzschließen,
     damit alles seine Ordnung hat.«
    Der letzte Satz diente vor
     allem der Beruhigung von Weiders Beamtengewissen. Chefinspektor Hans
     Weider verfügte über Fähigkeiten und Eigenschaften, die von
     allen im Sechserpack hoch geschätzt wurden, doch die nötige
     Chuzpe und Kaltschnäuzigkeit im Job gehörten nicht dazu. Aber
     Redl dachte gar nicht daran, die oberösterreichischen Behörden
     zu diesem frühen Zeitpunkt zu benachrichtigen, sondern stellte sich
     als Angehöriger des LGK Salzburg gewissermaßen selbst außer
     Dienst, um sich anschließend als Privatperson ins Innviertel zu
     schicken.

 
    27
    BEI DER AUSFAHRT
     Salzburg-Mitte fuhr er von der A 10 ab, dann weiter über die Münchner
     Bundesstraße nach Freilassing und von dort auf der S 20 nach Laufen
     und Tittmoning.
    Die düstere Witterung am
     späten Nachmittag machte Redl nicht sehr empfänglich für
     die Schönheit des mittelalterlichen

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