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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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eingelegt, um etwaige Beobachter
     oder Verfolger auszumachen, hatte allerdings niemanden entdeckt, der auch
     nur ganz entfernt als Spion in Frage gekommen wäre.
    Das Handicap lauerte
     woanders: Aufgrund des starken Schneefalls hatte die Straßenverwaltung
     die Gasteiner Alpenstraße gesperrt, sodass der Kassier eben im
     Begriff gewesen war, sein Kontrollhäuschen dichtzumachen.
    Kotek musste ihren Ausweis zücken
     und ein vorgedrucktes Formular über eigenverantwortliche
     Sonderfahrten unterschreiben, die nur Angehörigen von Behörden
     und Gemeindebediensteten gestattet waren, erst dann durfte der Audi den
     Posten passieren.
    Bald ging es steil bergan,
     und bereits zwei Minuten später brach sich das Motorengeräusch
     in den Kolonnaden der ersten Lawinengalerie.
    »So, jetzt bin ich
     wieder dran. Lenz?«
    »Wie zu erwarten war,
     hab ich Frau Simcits im Blockhaus angetroffen«, gab Redl Auskunft, während
     er den Blick nicht von der Genannten wandte. »Aber Regenmandl ist
     nicht hier – obwohl er eigentlich hier sein müsste.«
    Der Nachsatz nach der wohl
     kalkulierten Pause verfehlte die erwartete Wirkung nicht: Simcits’
     Augen füllten sich mit Tränen. Ein derartiger Gefühlsausbruch
     konnte einfach nicht gespielt sein.
    »Du meinst, er hat uns
     aufs Eis geführt? Oder könnte er selbst umgebracht worden sein?«,
     ertönte Koteks Stimme aus dem auf Mithören gestellten Handy, und
     Vesna Simcits schluchzte laut auf.
    »Nein, nein, nicht
     Johnny! Nicht Johnny!« Sie tastete nach einem Sessel und musste sich
     setzen.
    Obwohl Redl mit einer ähnlichen
     Reaktion gerechnet hatte, war er nun doch überrascht. Diese Frau
     hatte nach eigener Aussage den jugoslawischen Bürgerkrieg miterlebt,
     und jetzt wurden ihr die Knie weich? Entweder liebte sie Regenmandl trotz
     aller erlittenen Demütigungen noch immer abgöttisch, oder sie
     war eine verkannte Schauspielerin.
    »Ich melde mich später
     wieder, Melanie.« Er legte auf und wandte sich nach einer exakt
     bemessenen Pause an die Haushälterin. »Frau Simcits, können
     Sie uns wirklich nicht weiterhelfen?«
    Seine Stimme klang
     einschmeichelnder als die von Julio Iglesias, als er ihr ein
     Papiertaschentuch reichte. Sie schnäuzte sich geräuschvoll und
     knüllte es dann krampfhaft zusammen. Schließlich deutete sie
     fahrig auf eine Schwarzwälder Kuckucksuhr, die an der vertäfelten
     Wand über einer Sitzgruppe aus Ahornholz hing.
    »An der Rückseite
     ist eine CD angeheftet.« Redls fragender Blick veranlasste sie
     weiterzusprechen: »Schon vor zwei Jahren hat Johnny mir in einer
     schwachen Stunde gesagt, ich soll die CD den Behörden übergeben,
     falls ihm eines Tages etwas Ernstes zustößt. Auf dem Datenträger
     soll eine Art Vermächtnis gespeichert sein – für den Fall,
     dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann.«
    »Sie kennen den Inhalt?«,
     fragte Redl.
    Vesna Simcits errötete
     und senkte den Blick. »Nur in sehr groben Zügen«, flüsterte
     sie. »Nach … nach dem Tod von Johnnys Frau habe ich mir tatsächlich
     Hoffnungen gemacht, eine größere Rolle in seinem Leben zu
     spielen als nur die der Gelegenheitsmatratze und kostengünstigen
     Haushälterin. Aber ich hatte nicht mit Sallis wiedererstarktem
     Einfluss gerechnet.«
    »Sie meinen Salma
     Schleißheimer, die Witwe des ermordeten Bankangestellten Schleißheimer?«,
     vergewisserte sich Redl, der die Namen in Melanie Koteks Fall nach wie vor
     noch nicht verinnerlicht hatte.
    »Ja, genau die Schnalle«,
     bestätigte Simcits gehässig. »Zu Lebzeiten von Edda,
     Johnnys Frau, hatte sie nicht viel zu melden gehabt. Im Gegenteil: Da
     schien sich Johnny des Gspusis mit ihr sogar zu schämen. Und
     mittlerweile weiß ich auch, warum. Egal, jedenfalls verfiel er Salli
     nach Eddas Tod wieder mit Haut und Haaren, obwohl er auch Angst vor ihr zu
     haben schien. Hätte er die nicht gehabt, hätte er mir nicht
     ausgerechnet zu jener Zeit diesen vertraulichen Hinweis gegeben.«
    »Nämlich welchen?«
    »Er verriet mir, wo der
     Zugangscode für die CD im Fall der Fälle zu finden ist: Der Code
     ist die Produktnummer am hintersten Barrique-Fass im Kellergewölbe
     seines Weinguts bei Heiligenbrunn.«
    »Bei Heiligenbrunn?
     Warum denn nicht gleich bei Bordeaux?«, entfuhr es Redl.
    »Johnny traut niemandem«,
     erklärte Vesna Simcits, und bei der Erinnerung an ihren eigenen
     Verrat stiegen ihr erneut die Tränen in die Augen. »Auch mir
    

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