Dohlenflug
abgesprochen«, sagte Röck nach Süden
deutend. »Direkt vor den alten Gewerkenhäusern.«
Sie wandten sich zu den GIs
um. Der Captain war mittelgroß und hager, sein Gesicht erinnerte an
einen Habicht. Der zweite Mann war ein Afroamerikaner, dessen
Rangabzeichen ihn als Sergeant auswiesen. Er überragte den Captain um
Haupteslänge und hatte die Figur eines Preisringers. Die MP in seiner
Rechten hätte er sicher nicht nötig gehabt, um im Fall des
Falles mit den ausgemergelten »Krauts« fertigzuwerden. Beide
GIs trugen Uniformen, aber keine Helme.
Der Captain nickte. »Okay,
dann holt ihn und stellt ihn da vorn neben die Laderampe. Mein Begleiter
wird mit euch gehen.«
Aha, bei dem, was er jetzt
vorhat, sind Zeugen also unerwünscht, dachte Häuslschmied,
konnte sich jedoch eine Frage nicht verkneifen. »Dort im Büro
brennt Licht, aber ich sehe niemanden. Was ist mit dem Fahrdienstleiter?«
»Halt die Klappe, Hans!«,
unterbrach ihn Röck brüsk. »Es war vereinbart, keine
überflüssigen Fragen zu stellen.«
»Sehr vernünftig«,
sagte der Captain. Er klang eiskalt und mindestens so abgebrüht wie Röck.
Der Sergeant ging zwei
Schritte hinter ihnen – mit entsicherter MP im Anschlag. Er ließ
keine Zweifel aufkommen, dass er den Krauts nicht traute.
Röck und Häuslschmied
lauschten angespannt in die Nacht hinaus.
Dann war es so weit: Durch
das hin und her pendelnde Echo zwischen Geierwänden und
Gamsstubenwand hörten sie den Lastenzug schon lange, ehe er
heranrollte und in den Bahnhof einfuhr. Inzwischen waren sie fast bei dem
alten Ford angelangt.
Das schrille Kreischen der
Bremsen bestätigte ihnen, dass alles nach Plan lief. Der Lokführer
musste ein Eingeweihter sein, sonst hätte der Transport kaum an
dieser Wald- und Wiesenstation gehalten.
Röck und Häuslschmied
blieben einige Schritte vor dem Lastwagen stehen, während der
Sergeant das Fahrzeug peinlich genau nach versteckten Waffen untersuchte.
Erst als er sicher sein konnte, keine bösen Überraschungen zu
erleben, ließ er die beiden einsteigen.
Röck setzte sich ans
Volant, Häuslschmied in die Mitte und der Sergeant an seine Seite.
Die Mündung der MP zeigte auf Häuslschmieds rechte Niere.
Als Röck den Anlasser
und den Handgashebel betätigte, fiel ein Schuss. Wieder zeigte er
sich nicht überrascht. Der Sergeant musterte ihn argwöhnisch.
»Let’s go! To the loading ramp!«
Der Captain klappte die
Heckplanke der Ladefläche herunter und wies Röck ein, der den
Ford im Standgasmodus rücklings auf die Laderampe an einen bestimmten
Waggon heranfuhr.
»Stopp!«
Röck stellte den Motor
ab.
»Aussteigen und an die
Arbeit.« Der Captain nahm dem Sergeant die MP ab.
Die eiserne Schiebetür
an der Flanke des Waggons stand einen Spaltbreit offen, sodass Licht
herausdrang. Ein Mann konnte durch die Öffnung bequem aus- und
einsteigen, zudem befanden sich die Ladefläche des Lastwagens und der
Boden des Waggons annähernd auf gleicher Höhe.
Häuslschmied kletterte
hinter dem Sergeant auf der eisernen Leiter bis zur Waggonschiebetür.
Seine Nackenhaare sträubten sich. Im vorderen Drittel des Wagens
lagen drei Leichen auf dem rauen Bretterboden. Drei Männer in Zivil,
zwei davon neben einem Tisch, an dem sie noch vor Minuten eine Brotzeit
eingenommen hatten. Über ihnen baumelte eine nackte Glühlampe.
Die dritte Leiche lag grotesk verrenkt neben der Schiebetür,
offensichtlich hatte der Captain das lästige Hindernis beim
Einsteigen mit dem Fuß notdürftig zur Seite geschoben.
Alle drei Männer waren
erschossen worden. Kopfschuss aus nächster Nähe. Nach sechs
Kriegsjahren stachen Häuslschmied ihre gepflegten Anzüge ins
Auge. Vermutlich Geschäftsleute oder höhere Beamte, vielleicht
aber auch Politruks oder Geheimdienstler.
Der hintere Teil des Waggons
war bis auf Achselhöhe mit unverdächtigen Heraklith-Platten
beladen.
Häuslschmied war von Röck
nicht im Detail über das Unternehmen informiert worden. Bisher hatte
er nur gewusst, dass ein Goldtransport aus Györ in Ungarn, als
stinknormaler Baumaterialtransport getarnt, vor der Nase der Russen in die
US-Zone nach Salzburg und von dort nach Rosenheim unterwegs war. Wie der
Captain, dessen Namen sie nicht kannten, es geschafft hatte, den Zug im
Bahnknotenpunkt Bischofshofen nach Gastein umzuleiten, entzog sich seiner
Kenntnis. Wahrscheinlich war
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