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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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zugewendet, am Toilettetisch und schrieb schweigend an seinen Aufzeichnungen. Gertie lungerte auf dem Bett und trank ihr Bier. Ich lehnte an der Kommode und versuchte, leichte Konversation zu machen. Gegen halb zwölf fühlte ich, es sei höchste Zeit, die letzten Anordnungen für heute zu treffen.
    »Nehmen Sie Ihr Köfferchen und trollen Sie sich auf Nummer zehn«, sagte ich zu Gertie. »Ich werde meinen Wecker auf sieben Uhr stellen, dann den Gang hinunterschleichen und Sie rufen. Sie ziehen bloß Ihren Schlafrock an, und wir wechseln rasch die
    Plätze. Sobald die Heringe einmal serviert sind, können Sie auf Nummer zehn zurückspringen und Ihre Portion in Ruhe genießen.
    Gertie sah mich zweifelnd an.
    »Hoffentlich wird mir kein Possen gespielt.«
    »Possen? Wieso? Großer Gott, natürlich nicht.«
    »Ich kenne diesen Typ«, meinte sie mit einer Kopfbewegung gegen Miles.
    »Oh, der ist völlig harmlos«, beruhigte ich sie. »Er ist augenblicklich bloß ein bißchen gereizt.«
    »Weiß nicht, ob’s nicht gefährlich ist, mit ihm allein zu bleiben, wenn ich ehrlich bin.«
    »Aber der Portier mit den Heringen wird ja da sein und Sie schützen«, machte ich geltend.
    »Trotzdem, mir gefällt das Ganze nicht. Hatte mal eine garstige Erfahrung in Hastings.«
    »Es wäre jetzt wohl das beste, wenn sich die Dame in ihr eigenes Appartement zurückzöge«, sagte Miles erschöpft und stand auf.
    »Okay, Schätzchen.« Gertie erhob sich vom Bett. »War nicht bös gemeint, solang Sie ein braver Junge sind.«
    Es klopfte an die Türe.
    »Wer zum Teufel — ?« murmelte ich.
    Es war der Nachtportier.
    »Mrs. Grimsdyke«, verkündete er.
    »Oh, das ist ja Cissy«, rief Gertie, als ihre Schwester eintrat. »Nett von dir, herzukommen.«
    »Oh, Gert«, schrie ihre Schwester. »Ist dir auch nichts geschehen? Ich ängstige mich zu Tode, seit du aus der Bude weg bist. Hab mir gesagt, ich würd’s mir nie im Leben verzeihen, wenn meiner Gert was passierte, nie würd ich’s mir verzeihen, nachdem ich dir doch geraten hab, es zu tun. Aber freilich, wir alle könnten ein bißchen Zaster brauchen, nicht wahr? Will sagen, vom Doktor wissen wir, daß er ein richtiger feiner Herr ist. Aber andrerseits wissen wir nicht, ob das auch für seinen Freund gilt, hab ich nicht recht? Erinner dich, was in Hastings passiert ist! Heutzutage kann man nie genau wissen — «
    »Noch ein Guinness«, sagte ich zum Portier. »Sehr wohl, Sir. Wenn ich mir erlauben darf, Sir, ich glaub, es war gar nicht so schlecht, sozusagen noch ein Reserverad zu haben. Bei den Gerichten heutzutag kann man nie wissen — «
    »Danke. Bringen Sie das Guinness, bitte.«
    »Sofort, Sir.«
    »Was in drei Teufels Namen hat das alles zu bedeuten?« fragte Miles, nervös auffahrend.
    »Das ist er also?« erkundigte sich Cissy und beäugte meinen Cousin zweifelnd.
    »Meine Schwester Cissy«, stellte Gertie vor. »Ein regelrechtes Wunder an den Reckstangen.«
    »Jedenfalls hab ich mir gesagt«, fuhr Cissy fort — Miles schien sie keiner weiteren Beachtung wert zu finden —, »wenn Gertie aus der Sache heraussteigen möchte, will ich’s damit versuchen — schließlich sind hundert Pfund hundert Pfund, speziell in diesen schweren Zeiten; und dann hab ich mich erinnert, daß der Name der gleiche war wie vom Doktor, und dachte mir, im Falle eines Falles — «
    »Halten Sie den Mund!« fuhr Miles sie an.
    »Na hören Sie mal!« riefen die Schwestern schmerzlich betroffen.
    »Halten Sie den Mund, sage ich«, wiederholte Miles erbost. »Ich hab genug von diesen Narrheiten! Gaston! Unternimm doch etwas! Sofort! Eins von diesen Weibsbildern muß verschwinden.«
    »Hat man so was schon gehört?« fragte Gertie.
    »Weibsbilder hat er gesagt!« ergänzte Cissy.
    »Unerhört!«
    »In unserm Beruf sind wir’s gewöhnt, als Damen behandelt zu werden, bitte sehr.«
    »Unverschämt nenn ich das.«
    »Oh Gott«, stöhnte Miles.
    »Hören Sie mal, Gertie«, schaltete ich mich ein. »Wir können das im Nu klarstellen. Schließlich wollen Sie diese Rolle doch nur mir zuliebe übernehmen, nicht wahr? Keine von Ihnen braucht sich um diesen Burschen zu scheren, und wenn er schlechte Manieren und böse Absichten zeigen sollte, muß er Ihnen ja nicht mehr unter die Augen kommen, sobald Sie einmal sein Geld in der Tasche haben.«
    »Das ist wahr, Schätzchen«, stimmten beide Mädchen äußerst entgegenkommend zu.
    »Nun wollen wir schnell entscheiden, welche von Ihnen zum Frühstück bleibt. Dann

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