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Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Titel: Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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mich rasch vergißt.
    Weil so ein Herz wie meines kein
    Geschenkartikel ist.

Gefährliches Lokal
    Mir träumte neulich, daß mein Stammcafé auf einer Insel unter Palmen stünde.
    Persönlich kenne ich bloß Warnemünde.
    Doch Träume reisen gern nach Übersee.
    Ich saß am Fenster und versank in Schweigen.
    Wo sonst die Linie 56 hält,
    war eine Art von Urwald aufgestellt.
    Und Orang Utans hingen in den Zweigen.
    Sie waren sicher noch nicht lange da.
    So leicht verändern sich die Metermaße!
    Bevor ich kam, war’s noch die Prager Straße.
    Man setzt sich hin, schon ist es Sumatra.
    Erst wollte ich den Oberkellner fragen, dann dachte ich, es hätte keinen Zweck.
    Was soll ein Kellner, namens Urbanek,
    selbst wenn er wollte, weiter dazu sagen?
    Dann ging die Tür. Das war der Doktor Uhl.
    Und hinter ihm erschien ein schwarzer Panther.
    Der setzte sich, als sei er ein Bekannter, an meinem Tisch auf einen leeren Stuhl.
    Ich fragte ihn betreten, ob er rauche.
    Er sah mich an. Und sagte keinen Ton.
    Dann kam der Wirt in eigener Person
    und kitzelte den seltnen Gast am Bauche.
    Der Ober brachte Erbspüree mit Speck.
    Er hatte große Angst und ging auf Zehen.
    Der Panther ließ das gute Essen stehen und fraß den Kellner. Armer Urbanek!
    Von oben drang der Klang der Billardbälle.
    Der schwarze Panther war noch beim Diner.
    Ich saß bestürzt in meinem Stammcafé.
    Und sah nur Wald. Und keine Haltestelle.

    Weil man mich dann zum Telephone rief
    (ein Kunde wollte mich geschäftlich sprechen), war ich genötigt, plötzlich aufzubrechen.
    Als ich zurückkam, sah ich, daß ich schlief …

Der geregelte Zeitgenosse
    Hei, wie er die Zukunft auswendig wußte!
    Er kannte die Höhe der Summe genau,
    die man den Kindern und seiner Frau
    nach seinem Tod auszahlen mußte.
    Er war berühmt als Vater und Gatte,
    der Leben und Sterben und Diebstahl und Brand versicherungsrechtlich geregelt hatte.
    Er hatte das Schicksal glatt in der Hand.
    Und wenn sich die Achse der Erde verböge: Er wußte, wieviel er am1. Mai
    (vorausgesetzt, daß er am Leben sei)
    in zwanzig Jahren Gehalt bezöge.
    Gewohnheit umgab ihn mit hohen Mauern.
    Sie rückten immer näher heran.
    Und er begann, sich sehr zu bedauern.
    Nicht immer, aber dann und wann.
    Da half kein gesteigertes Innenleben.
    Er wußte, was sie morgen besprächen
    und was sie einander zur Antwort gäben und wann und wie sie sich unterbrächen.
    Das Lieben und Atmen und Zeitungslesen, das wurde alles zu einem Amt.
    Er war doch mal ein Mensch gewesen!
    Das war vorbei, und er dachte: Verdammt!
    Verschiedentlich faßte er Fluchtgedanken.
    Er dachte speziell an Amerika.
    Aber aus Angst, seine Frau könnte zanken, blieb er dann doch immer wieder da.

Spruch für die Silvesternacht
    Man soll das Jahr nicht mit Programmen beladen wie ein krankes Pferd.
    Wenn man es allzu sehr beschwert,
    bricht es zu guter Letzt zusammen.
    Je üppiger die Pläne blühen,
    um so verzwickter wird die Tat.
    Man nimmt sich vor, sich zu bemühen,
    und schließlich hat man den Salat!
    Es nützt nicht viel, sich rotzuschämen.
    Es nützt nichts, und es schadet bloß,
    sich tausend Dinge vorzunehmen.
    Laßt das Programm! Und bessert euch drauflos!

Im Auto über Land
    An besonders schönen Tagen
    ist der Himmel sozusagen
    wie aus blauem Porzellan.
    Und die Federwolken gleichen
    weißen, zart getuschten Zeichen,
    wie wir sie auf Schalen sahn.
    Alle Welt fühlt sich gehoben,
    blinzelt glücklich schräg nach oben
    und bewundert die Natur.
    Vater ruft, direkt verwegen:
    »’N Wetter, glatt zum Eierlegen!«
    (Na, er renommiert wohl nur.)
    Und er steuert ohne Fehler
    über Hügel und durch Täler.
    Tante Paula wird es schlecht.
    Doch die übrige Verwandtschaft
    blickt begeistert in die Landschaft.
    Und der Landschaft ist es recht.
    Um den Kopf weht eine Brise
    von besonnter Luft und Wiese,
    dividiert durch viel Benzin.
    Onkel Theobald berichtet,
    was er alles sieht und sichtet.
    Doch man sieht’s auch ohne ihn.
    Den Gesang nach Kräften pflegend
    und sich rhythmisch fortbewegend
    strömt die Menschheit durchs Revier.
    Immer rascher jagt der Wagen.
    Und wir hören Vater sagen:
    »Dauernd Wald, und nirgends Bier.«

    Aber schließlich hilft sein Suchen.
    Er kriegt Bier. Wir kriegen Kuchen.
    Und das Auto ruht sich aus.
    Tante schimpft auf die Gehälter.
    Und allmählich wird es kälter.
    Und dann fahren wir nach Haus.

Gedanken beim Überfahrenwerden
    Halt, mein Hut! Ist das das Ende?
    Groß ist so ein Autobus.
    Und wo hab ich

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