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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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herüberschicken lassen. Sorgen Sie bitte dafür, daß sie nicht von der Familie aus dem Sattel geworfen wird.»
    «Das dürfte nicht leichtfallen, Sir.»
    «Unsinn!» Er bediente sich mit einem Stück Obstkuchen. «Es gibt nur einen Weg, schwierige Patienten, schwierige Verwandte und schwierige Pferde zu behandeln, und der ist, sich oben zu halten. Hoffentlich hat meine Visite Sie mit ein bißchen mehr Autorität ausgestattet. Oft der einzige Wert des Auftretens eines konsultierenden Arztes.»
    «Und wie seht's mit Tonika, Sir?»
    «Meiner Meinung nach gibt's nur ein einziges wirksames Tonikum. Ich werde dafür sorgen, daß auch dieses von London geschickt wird. Glaube, ich hab noch Zeit für eine weitere Tasse Tee, bitte. Sie wußten doch übrigens», fuhr er fort, als ich die Teekanne niederstellte, «daß sich Ihr Cousin Miles um Aufnahme in den Spezialistenstab des St. Swithin bemüht?»
    «Er erwähnte es mir gegenüber, Sir.»
    «Wie beurteilt er seine Chancen?»
    «Ich glaube, er ist von Natur aus bescheiden, Sir», erwiderte ich behutsam.
    «Hm. Ich verrate nur ein offenes Geheimnis, wenn ich sage, daß Cambridge im Auswahlkomitee bemerkenswerte Schwierigkeiten macht. Dickschädeligkeit ist ein äußerst unerfreulicher Charakterzug.» Sir Lancelot strich sich den Bart. «Welcher Art sind Ihre Beziehungen zu Ihrem Cousin?»
    «Wir leben in recht verschiedenen Welten, Sir.»
    «Ich weiß nicht, ob Sie mit ihm auf so vertrautem Fuß stehen, um ihm anzudeuten, daß sich seine Chancen im St. Swithin erheblich bessern würden, wenn er aufhörte, so widerlich vorbildlich zu sein. Ansonsten ist er der Kandidat, wie er im Buch steht. Seine Arbeit hat Begabung, sein Auftreten hat Zuversicht und, was am wichtigsten ist, seine Frau hat Geld. Aber wen immer das Komitee wählt — man muß mit dem Kerl bis ans Ende der Arbeitsjahre zusammen leben. Und nichts ist unerträglicher, als ständig einen Tugendbold um sich zu haben, wie man täglich am Scheidungsgerichtshof erfahren kann.»
    «Miles ist bestimmt von seinem Beruf ganz besessen, Sir», bemerkte ich, die Gelegenheit wahrnehmend, für den Jungen ein gutes Wort einzulegen.
    «Niemand ist so gefährlich», erklärte Sir Lancelot, «wie die Besessenen.»
    Kurz darauf brachte ich ihn auf den Bahnhof. Nun hatte ich keine Skrupel mehr, den Nutbeams die Stirne zu bieten, nicht einmal wegen der Krankenschwester.
    «Eine Pflegerin? Das ist aber recht lästig, Doktor», wandte Amanda auch sofort ein. «Wir hatten schon einmal eine im Haus, als mein Gatte Lungenentzündung hatte. Es war wirklich äußerst schwierig mit ihr. Diese Personen maßen sich an, ihre Mahlzeiten am selben Tisch wie wir einzunehmen, ja, sie versuchen sogar, an den Abenden bei uns zu sitzen.»
    Dies verärgerte mich noch mehr, weil ich ein großer Bewunderer der Krankenschwestern bin, zumindest einiger von ihnen. Sir Lancelots Rat gedenkend, sagte ich ziemlich hochnäsig. «Wenn Sie nicht die Vorschriften Ihres Arztes befolgen, hat es überhaupt keinen Sinn, einen zu haben.»
    «Ich versichere Ihnen, um der Gesundheit meines Schwagers willen will ich jede Unannehmlichkeit auf mich nehmen», erwiderte sie. «Ich werde die Haushälterin anweisen, unverzüglich ein Zimmer herzurichten.»
    Ich selbst war gar nicht darauf erpicht, mich in die klinische Behandlung Lord Nutbeams mit einer Pflegerin zu teilen, zumal ich wohl wußte, welche nach Sir Lancelots Geschmack waren. Seine Stationsschwestern im St. Swithin waren Weiber, die imstande gewesen wären, Attila den Hunnenkönig einen Monat lang bei Brot und Milch im Bett zu halten, und ich erwartete mir eine von ein. Meter neunzig Größe, mit Stoppelkinn, alt genug, um Lord Nutbeam als Baby einen Klaps gegeben zu haben, und robust genug, um das auch jetzt noch bei ihm zu versuchen. Ich war daher recht überrascht, als ich am nächsten Abend in Nutbeam Hall das hübscheste Mädel vorfand,, das ich je im Leben gesehen.
    «Guten Abend, Doktor», begrüßte sie mich. «Ich bin Schwester Jones. Ich habe den Patienten gebadet und er ist bereit, Sie zu empfangen.»
    Ich konnte sie nur anstarren und mich glücklich preisen. Sie war ein zierliches und zurückhaltendes Geschöpf; unter ihrem Kinn saß ein Schleifchen. Sie sah wie Schneewittchen aus, zu dem Zeitpunkt, da es den sieben Zwergen entwuchs. Hoffnung erfüllte mich, daß unsere Zusammenarbeit rasch verheißungsvolle Früchte tragen werde, denn das Hilfspostfräulein mochte ja für ländliche Wanderungen ganz

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