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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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unsere Bekanntschaft auf einer vertrauteren Basis zu festigen.
    Der alte Nutbeam war aus dem Zimmer gehoppelt, um irgendwohin zu gehen, und Schwester Jones hatte sehr respektvoll zugehört, als ich mich über die Osteopathologie verwachsender Frakturen verbreitete, so daß ich meinen Arm um ihre Taille legte und sie - küßte.
    Dies zeitigte ein recht unerwartetes Ergebnis. Ich hatte mir vorgestellt, sie würde ihre Augen niederschlagen und freudig schluchzend ihr Haupt an meiner Weste bergen. Statt dessen versetzte sie mir einen säubern Uppercut an der linken Kinnlade.
    Ich weiß nicht, ob schon viele Leute von Pflegerinnen einen Hieb eingesteckt haben; die Mädchen verfügen über eine gehörige Portion Kraft, nach all den Jahren, die sie Patienten mit der bloßen Hand hochzuheben hatten. Die Kleine brachte mich glatt aus dem Gleichgewicht, und ich fiel direkt in die Überreste von Seiner Gnaden Nachtmahl. Doch in noch größeren Schrecken versetzte mich ihr Anblick. Schwester Jones sah aus, als wäre sie mit elektrischem Starkstrom geladen. Sie war nichts als Augen, Zähne und Fingernägel.
    «Sie jämmerlicher Lausbub!» zischte sie mich an. «Halten Sie mich für eins Ihrer Spitalliebchen? Lassen Sie die Hände von mir und solche Manieren in der Kneipe.»
    «Tut mir schrecklich leid.» Ich klaubte den Obstsalat von mir herunter. «War nur rein kameradschaftlich gemeint. Wie etwa zu Weihnachten.»
    «Oh, ich kenne euch junge Ärzte!» Sie sah aus, als wollte sie etwas Garstiges ausspucken. «Glauben Sie vielleicht, ich habe fünf Jahre Schwerarbeit im Spital nur dazu hinter mich gebracht, damit Leute Ihrer Sorte mich abgreifen? Huh! Ich erwarte mir mehr vom Leben als das. Es ist schon schlimm genug, sich Tag und Nacht so abzuplacken, auch ohne daß man sich gegen die Pfoten von Romeos wehren muß, sobald man mit ihnen allein im selben Zimmer sitzt. Mir wird direkt übel, wenn ich Sie ansehe.»
    Das waren gewiß strenge Worte. Aber die Grimsdykes sind seit jeher Gentlemen gewesen und äußerst feinhörig schon bei der ersten Andeutung, daß ihre Aufmerksamkeiten unerwünscht sein könnten.
    «Ich bitte tausendmal um Entschuldigung», sagte ich ein bißchen steif. «Das kommt von der jetzigen Hitze. Ich versichere Ihnen, Schwester Jones, daß so etwas nicht wieder passieren wird.»
    «Das kann ich Ihnen ebenfalls versichern», erwiderte sie.
    In diesem Augenblick kam der alte Nutbeam zurückgeschlurft, und sie verfiel wieder in ihre frühere Sittsamkeit und Reserviertheit.
    In den nächsten Tagen wußte ich nicht, ob ich mehr verwirrt oder enttäuscht war. Schließlich hat sich schon jeder Spitalsarzt im Spülraum kleine Handgreiflichkeiten erlaubt, und das Schlimmste, was er darauf zu hören bekam, waren Bemerkungen wie: man sei nicht so eine, und die Oberschwester käme jede Minute herein. Schwester Jones sah so aus, als ob sie kein Wässerlein trüben konnte, und doch war sie ohne weiteres imstande, glühende Nägel zu schlucken. Dies bestürzte mich und machte mich gleichzeitig elend.
    Ich hatte mich schon so sehr darauf gefreut, ihr die Sehenswürdigkeiten zu zeigen.
    Als ich einige Abende später wieder nach Nutbeam Hall kam, dachte ich anfangs, daß Schwester Jones wieder in Schwung war. Dann erst erkannte ich die Stimme hinter der Salontür.
    «Es ist absolut degoutant», erklärte soeben Mrs. Nutbeam, «wenn sich ein Mann in deiner Position derart mit einem der Dienstboten aufführt.»
    «Aber, meine Liebe!» blökte Percy. «Man kann sie doch kaum als Dienstboten bezeichnen —»
    «Natürlich ist sie ein Dienstbote. Ich habe früher Kammerjungfern gehabt, die zweimal so gut waren wie sie.»
    «Aber, meine Liebe —»
    «Und das in unserm eigenen Haus, während dein eigener Bruder krank im Nebenzimmer liegt! Also wirklich, Percy!»
    «Meine Liebe — »
    «Du hast mich stets wie einen Schuhfetzen behandelt, aber das ist zuviel. Viel zuviel. Hab ich im Augenblick nicht genug andere Sorgen?»
    «Aber, meine Liebe, wie konnte ich wissen, daß sie solch ein Aufhebens davon machen wird? Ich hab doch nur versucht, ihr Händchen zu halten.»
    «Und du hast die Stirne, mir das als Entschuldigung zu bieten! Wenn's nach mir ginge, würde ich das kleine Miststück binnen der nächsten fünf Minuten aus dem Haus weisen. Ich dulde sie überhaupt nur, weil sie deinen Bruder vor dem Grab bewahrt hat.»
    «Laß mich dir versichern, meine Liebe, daß diese Szene keine Wiederholung finden wird.»
    «Und du laß mich dir

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