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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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gut taugen, hatte aber die ermüdende Gewohnheit, konstant auseinanderzusetzen, auf welche Art man am besten Erlagscheine zusammenzählte.
    «Oh, famos», sagte ich. «Hoffentlich gefällt's Ihnen hierzulande? Haben Sie vielleicht Lust, an einem dienstfreien Nachmittag die Sehenswürdigkeiten des Ortes zu betrachten?»
    Ihr Lächeln war so sanft wie die Weilchen auf dem Dorfweiher.
    «Wirklich sehr lieb von Ihnen, Doktor, aber ich fürchte, ich wer- |
    de bei einem so wichtigen Fall nicht viel Freiheit erübrigen können.»
    «Wir werden ja sehen, nicht?» Nichts ist geeigneter, einen Mann und eine Frau zusammenzubringen, als die gemeinsame Betreuung eines Kranken. Lord Nutbeam saß im Bett und nippte an einem Glas Champagner.
    «Woher kommt denn der, du lieber Himmel?» rief ich aus.
    «Aber Fortnum und Mason schrieben mir doch, daß Sie ihn für mich bestellt haben, Doktor.»
    «So? Ach ja, richtig. Bollinger, nicht wahr? Sir Lancelots Lieblingsgetränk. Ein verteufelt gutes Tonikum, finden Sie nicht?»
    «Ich hätte nie Alkohol zu mir genommen, außer auf ärztliche Verschreibung, selbstverständlich. Aber ich muß schon sagen, er tut mir äußerst gut. Wieviel soll ich davon trinken, Doktor? Ich glaube, es sind sechs Dutzend Flaschen eingetroffen.»
    Ich murmelte, bei einer Flasche pro Tag bedürfe er des Arztes nicht mehr, und lud mich selbst auf ein Tröpfchen ein.
    «Wie gefällt Ihnen Ihre neue Pflegerin?» fragte ich, als sie ein Glas holen gegangen war.
    Lord Nutbeam dachte einen Augenblick nach.
    «Wissen Sie, was mir bei ihr einfällt? Crabbe.»
    «Aber sie bewegt sich doch gar nicht seitwärts», sagte ich; mir erschien dies keineswegs ein Kompliment.
    «»
    Mir war, als hätte der Fall eine Wendung zum Besseren genommen.

Elftes Kapitel

    Schwester Jones erwies sich als durchschlagender Erfolg. Nach ein paar Tagen hatte sie den alten Nutbeam so weit, daß er seinen Rollstuhl verließ und an den Blumen schnüffelnd im Garten umherwankte. An einem Nachmittag der folgenden Woche fuhr sie mit ihm im Daimler spazieren. Und als ich eines Mittags vorsprach, stellte ich mit Erstaunen fest, daß er seine übliche Diät — Spiegelei mit feingehacktem Spinat — aufgegeben hatte und sich ein Steak von der Größe einer Badematte einverleibte.
    Selbst die Percy Nutbeams hatten gegen das neue Regime nichts einzuwenden, einesteils weil es Seiner Gnaden von Tag zu Tag besser ging, und andernteils wegen der Art, wie sich Schwester Jones gegenüber der Herrin des Hauses verhielt. Krankenschwestern sind reizende Mädel, neigen aber leider Gottes dazu, im Kommandoton zu sprechen, zweifellos weil sie ihre Ausbildungsjahre größtenteils damit verbringen, alte Männer ins Bett zurückzujagen. Doch Schwester Jones war süß und sanft wie Honigseim und stets darauf bedacht, Mrs. Nutbeam wie ein frisch aus dem Waisenhaus gekommenes Edwardisches Hausmädchen zu begegnen.
    «Die Schwester weiß wenigstens, wo ihr Platz ist», sagte Amanda eines Nachmittags anerkennend zu mir. «Heutzutage eine wirklich willkommene Entdeckung. Sie konnte andererseits kaum erwarten, auf gleichem Fuß mit Leuten unserer Klasse zu verkehren. Sie wurde nicht nur in einem äußerst obskuren Spital ausgebildet, sondern ihr Vater ist zudem noch, wie ich höre, Lokomotivführer.»
    «Sie meinen, in loco parentis?» bemerkte ich. Aber auch Amanda Nutbeam gebrach es entschieden an Sinn für Humor.
    «Trotzdem bin ich froh, daß Sir Lancelot sie empfahl. Sie scheint Seiner Gnaden gut zu tun.»
    Auch mir tat sie unendlich gut. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie sehr erstrebenswert eine abendliche halbe Stunde mit einem zivilisierten Püppchen erscheint, wenn man tagsüber Penicillin in ländliche Hinterteile gejagt hat.
    «Guten Abend, Schwester Jones», lautete meine Begrüßung an der Schlafzimmertür. «Wie geht es Seiner Gnaden heute abend?»
    «Ausgezeichnet, danke sehr, Doktor. Er hat seine Vitaminmilch getrunken und zweimal Clair de Lune auf dem Klavier gespielt.»
    «Und wie geht es Ihnen, Schwester Jones?»
    «Ausgezeichnet, danke sehr, Doktor.»
    «Vielleicht möchten Sie doch eines Nachmittags ein bißchen frische Luft schöpfen und sich die Sehenswürdigkeiten anschauen, Schwester Jones?»
    «Vielleicht eines Nachmittags, Doktor.»
    Nach ein oder zwei Wochen meinte ich, es wäre an der Zeit,

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