Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang
sagte Bulle eifrig. »Was hat es mit Herrn Hick auf sich?«
»Na ja, eines Tages war er so dummdreist, sich von meinem Fach im Gemeinschaftskühlschrank zu bedienen. Machen wir weiter?«
»Nein!«, sagten Lise und Bulle im Chor.
Doktor Proktor seufzte. »Gregor trank etwas aus einem Glas, das er für Orangensaft hielt, es war aber ein Krafttrank, an dessen Erfindung ich gerade arbeitete.«
»Ein Krafttrank!«, platzte Bulle begeistert heraus. »Genial! Was war da drin?«
»Nichts Besonderes. Eine Mischung von allem Möglichen.« Doktor Proktor kniff ein Auge zu und zählte an den Fingern ab. »Mal sehen … Ein wenig Tigerhaimus, norwegischer Lemming Typ A und … ja, der vom Aussterben bedrohte Nashornfrosch. Dem Ganzen habe ich noch Anabolikör zugefügt. Und ganz zum Schluss superstarkes mexikanisches Donnerchili.«
»Damit man superstark wird?«
»Nein, für den Geschmack. Leider hat das französische Gesundheitsministerium den Krafttrank verboten.«
»Warum um alles in der Welt?«, rief Bulle aufgebracht. »Das hört sich doch spitze an!«
»Zu viel E18 im beigefügten Farbstoff«, seufzte der Professor.
»Und Herr Hick hat also davon getrunken?«, fragte Lise.
»Unglücklicherweise«, sagte Doktor Proktor. »Und das Ergebnis war …«, er suchte nach dem passenden Wort, »… interessant. Ich befürchte, das war der Grund, wieso er als Kunst- und Werklehrer endete und die Biologie an den Nagel hängen musste. Aber genug von Gregor, wir müssen herausfinden, wie das mit der Hypnose vor sich geht!«
Sie grübelten weiter, ohne einen Schritt voranzukommen.
»Ich geb’s auf«, sagte Bulle schließlich.
»Hm«, sagte Doktor Proktor. »Lasst uns lieber überlegen, was alle anderen tun, wir aber nicht.«
Und damit machten sie sich wieder ans Nachdenken. Konzentriert. Dann noch ein bisschen mehr. Aber es nützte alles nichts.
»Genug nachgedacht für heute«, sagte Doktor Proktor und gähnte. »Schlafen wir eine Nacht darüber und reden morgen weiter.«
Lise und Bulle standen draußen auf der Kanonenstraße und wünschten sich eine gute Nacht, als Lise etwas einfiel.
»Warte mal! Meine Eltern und deine Mutter sind hypnotisiert. Und Truls und Trym, stimmt’s?«
»Ja …«
»Herr Hick! Das ist die Gemeinsamkeit!«
»Was meinst du?«
»Denk doch mal nach!«, flüsterte Lise und sah sich um, als befürchtete sie, irgendjemand in der Dunkelheit könnte sie belauschen.
»Sie waren entweder beim Elternsprechtag, bei dem auch Galvanius war, oder in seinem Kunst- und Werkunterricht!«
»Beim finstersten aller Buchenwälder«, sagte Bulle. »Das stimmt! Wir müssen rausfinden, was passiert ist. Unsere Eltern müssen einem Verhör unterzogen werden.«
»Einem Verhör?«, sagte Lise. »Wie das?«
»Ein Verhör dritten Grades«, sagte Bulle und rieb sich erwartungsvoll die Hände. »Grill du deine Eltern, ich grille meine. Wir sehen uns morgen. Ho, ho!« Und damit rannte Bulle zu der Tür des gelben Hauses, wo Lise hinter dem Wohnzimmerfenster das blau flimmernde Licht des Fernsehers sehen konnte. Lise schaute zu ihrem eigenen Haus. Die eigenen Eltern verhören?
Dann gab sie sich einen Ruck, ging durch die Gartenpforte, zur Haustür hinein und marschierte direkt ins Wohnzimmer, wo ihre Eltern vor dem Fernseher saßen.
»Ich hätte gern ein paar Fragen von euch beantwortet«, sagte sie.
Aber ihre Eltern antworteten nicht, sie drehten sich nicht einmal um. Sie starrten wie gebannt auf den Bildschirm, wo Lise ein bekanntes Gesicht sah.
»Ihr seid hypnotisiert«, sagte Lise laut und vernehmlich.
»Schhh«, sagte der Kommandantenpapa.
»Schhh«, sagte die Kommandantenmama.
»Ist es Herr Hi… ich meine Herr Galvanius, der euch das angetan hat?«
»Sei still, Lise«, sagte ihre Mutter. »Siehst du nicht, dass der Präsident der Vereinigten Staaten eine Ansprache an das Volk hält?«
Lise schaute wieder auf den Bildschirm. »Erstens haben wir keinen Präsidenten wie die Amerikaner, wir haben einen König und einen Ministerpräsidenten. Und zweitens ist das da kein Präsident, das ist bloß Hallvard Tenoresen.«
Ihre Eltern drehten die Köpfe zur Seite und sahen sie an, mit sehr blassen und sehr ernsten Gesichtern, und sagten im Chor:
»Bloß!?«
»Ja«, sagte Lise. »Ein … ähm … singender Chiropraktiker aus Jönköping in Schweden.«
»Lise«, sagte ihre Mutter mit dem Unterton in der Stimme, der Lise verriet, dass gleich eine Zurechtweisung folgte. »Ich habe dir immer gjesagt, du sollst
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