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Doktor Proktors Pupspulver

Doktor Proktors Pupspulver

Titel: Doktor Proktors Pupspulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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SPEZIALSCHIESSPULVER AUS SCHANGHAI FÜR DEN GROSSEN UND FAST WELTBERÜHMTEN KÖNIGSSALUT AUF FESTUNG AKERSHUS!«
    Hoppala, dachte Bulle.
    Ja, und wenn..., dachte Bulle.
    Oder Moment mal, dachte Bulle.
    Vielleicht..., dachte Bulle.
    Er tastete in der Hintertasche seiner Hose herum. Da war es ja. Er holte es hervor. Das halb zerkaute Streichholz, das er von Trym als Bezahlung für eine Tüte Pupspulver erhalten hatte. Natürlich war es nass und fast restlos zernagt, doch der kleine rote Schwefelkopf war noch vorhanden: Ein Streichholz, das man nicht an der Schachtel, sondern an jeder rauen Oberfläche anreißen konnte.
    Er hielt es in den Lichtstreifen, spürte, wie der Sonnenstrahl seine Hand wärmte. Und jetzt meldeten sich zwei Fragen zu Wort. Nummer eins: Wie lange muss man ein Streichholz an einem Maitag in die Sonne halten, bis es so trocken ist, dass es sich entzünden lässt? Und Frage Nummer zwei: Wie lange braucht eine Anakonda, um über den Oslofjord zurück hierherzuschwimmen?
    Hier kommt auch schon die Antwort: Es dauert fast gleich lange. Das heißt, ein Streichholz zu trocknen, dauert fast genau eine Stunde und vier Minuten. Eine Anakonda hingegen benötigt für die Strecke über den Oslofjord und tief ins Innere der Osloer Kanalisation nur eine Stunde und drei Minuten.
    Genau eine Stunde und drei Minuten waren jetzt vergangen. Bulles Hand zitterte in dem Sonnenstrahl bereits vor Erschöpfung. Zugleich hörte er ein nur allzu bekanntes Fauchen.
    Oh nein, dachte Bulle, denn er fand, einmal pro Tag gefressen zu werden, genügte.
    Er rieb den Zündkopf des Streichholzes fest über die metallene Wand des Abwasserkanals, doch nichts geschah.
    Das Fauchen kam näher.
    Er riss das Streichholz noch einmal an. Der rote Schwefelkopf knisterte, fing aber kein Feuer.
    Und da starrte der entsetzte Bulle abermals in das große rosa Maul der größten Anakonda, die je ein Mensch erblickt hat. Das Maul kam um die Ecke und Bulle dachte, diesmal sei es mit ihm aus und vorbei, denn auf noch eine Chance zum Davonkommen durfte er nun wirklich nicht mehr hoffen.
    Ein letztes Mal riss er das Streichholz an der Wand an.
    Es knisterte kurz. Es zischte kurz. Es flammte auf!
    Jetzt handelte Bulle blitzschnell. Er steckte das Streichholz so in eines der Bisslöcher in der Holzkiste, dass der brennende Kopf oben herausschaute. Dann tauchte er unter Wasser und schwamm so schnell weg, wie er irgend konnte. Und zum ersten Mal war er froh, dass in dieser kackbraunen Abwasserbrühe nichts zu riechen und zu sehen war als kackbraune Abwasserbrühe.

    Das Streichholz brannte ab. Von oben nach unten. Von der Außenseite der Holzkiste bis nach innen, zum hochexplosiven Spezialschießpulver aus Schanghai.
    Und zum zweiten Mal an diesem Tage wurden die Straßen im Stadtzentrum von Oslo von einem Erdbeben erschüttert. In der Sverdrupstraße wurde ein Kanaldeckel gen Himmel geschleudert. Die Autos vollführten eine Vollbremsung, die Passanten erstarrten auf dem Bürgersteig zu Salzsäulen und starrten auf das Loch, das sich in der Mitte der Straße aufgetan hatte. Erst schossen noch Holzsplitter und Abwasser aus ihm empor. Dann nichts mehr. Und dann kam ein winzig kleiner rothaariger Junge herausgekrochen. Er verbeugte sich tief vor den erschrockenen Zuschauern, dann krempelte er sich die Hemdsärmel hoch.

    Jetzt beugte er sich noch einmal über das Loch, spuckte einen Mundvoll Abwasser hinein und rief:
    »Friss Sägespäne, du Wurm!«
    Nun drehte er sich wieder zu den Fußgängern und den Ladeninhabern um, die neugierig auf die Straße getreten waren, und zu den Fahrern, die die Fenster ihrer Autos heruntergelassen hatten.
    »Ich heiße Bulle!«, rief er und stemmte die Arme in die Seite. »Hat hier irgendwer was dazu zu sagen?«
    Aber die Menschen in der Sverdrupstraße starrten diese merkwürdige Erscheinung aus dem Untergrund nur mit offenen Mündern an.
    »Hab ich mir’s doch gedacht«, sagte der Junge, spuckte noch einmal aus und ging seines Weges.

19 . Kapite l
Auf dem Patentamt
    ls es zur ersten Stunde klingelte, steckte Lise noch in der Uniform ihrer Schulkapelle. Alle Mitglieder des kleinen Blasorchesters standen auf dem Schulhof und sprachen über den seltsamen Vorfall heute früh, als sie durch die Innenstadt marschierten. Über die beiden Schüler, die verletzt worden waren, über die Krankenwagen, die gekommen waren, und über Dirigent Madsen, der vor lauter Aufregung fast in Ohnmacht gefallen wäre.
    Lise bahnte sich durch die

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