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Doktor Proktors Pupspulver

Doktor Proktors Pupspulver

Titel: Doktor Proktors Pupspulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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flüstern. »Als die Schulkapelle heute früh durch die Stadt marschiert ist, hat es einen sehr merkwürdigen Unfall gegeben. Vom Himmel...«
    »Lise!«, gellte es von vorn. »Herr Bulle! Was gibt es da zu reden?«
    Bulle räusperte sich: »Wir reden nur darüber, woher es wohl kommen mag, dass Frauen wie Lise oder Sie selbst so viel klüger sind als wir Männer, Frau Strobe«, sagte Bulle. »Ich finde ja, die Frauen sollten die Weltherrschaft übernehmen, alle Männer ausrotten, genug Samenzellen einfrieren, um Kinder zu bekommen, und alle männlichen Säuglinge umbringen.«
    Frau Strobe sah ihn verblüfft an.
    »Aber das war nur so eine Idee«, sagte Bulle. »Und da ich ja selber männlichen Geschlechts bin, ist es wahrscheinlich eine ziemlich dumme Idee. Also würde ich sagen, wir vergessen das Ganze, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, Frau Strobe, und Sie reden da weiter, wo Sie sich unterbrochen haben.«
    Frau Strobes Augenwinkel zuckten, ihre Nasenwurzel zuckte, ihre Mundwinkel zuckten. Doch bevor sie etwas sagen konnte, wurde hart an die Tür geklopft.
    »Herein!«, rief sie rasch. Es klang so, als wäre sie eigentlich ganz froh über die Unterbrechung.
    Die Tür ging auf und da stand ein Mann mit dunkler Pilotensonnenbrille auf seiner kurzen, dicken schwarzporigen Nase.
    »Guten Tag, Frau Strobe«, sagte er. »Verzeihen Sie die Störung.«
    »Kommen Sie herein, Herr Madsen. Was können wir für Sie tun?«
    Der Dirigent stiefelte ins Klassenzimmer und räusperte sich: »Wir haben eine kleine Krise. Genauer gesagt, eine große Krise. Wie manche von euch bereits wissen, ist heute Morgen, als unsere Kapelle durch das Stadtzentrum marschierte, ein eigenartiger Unfall geschehen. Vom Himmel fiel etwas sehr Schweres und Hartes und Unerwartetes und traf unsere beiden Trompeter am Kopf. Sie liegen im Krankenhaus, mit einer leichten Gehirnerschütterung. Es handelt sich um Truls und Trym Thrane.«
    Ein Murmeln durchlief die Klasse. Und ein paar fast unhörbare Hurrahs! waren zu hören. Madsen räusperte sich erneut:
    »Die Krise besteht darin, dass die beiden morgen nicht bei der Parade zum 17. Mai mitspielen können. Mit anderen Worten, ich suche jemanden, der kurzfristig für sie einspringen und, äh... Trompete spielen kann.«
    Lise sah Bulle an, der ganz still dasaß und Madsen mit offenem Mund anstarrte.
    Madsen trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und fuhr unbehaglich fort: »Und wenn ich mich nicht irre, befindet sich in dieser Klasse jemand, der...äh, Trompete spielen kann. Ein Junge mit...äh, dem absoluten Gehör. Ein Junge namens...äh, Bulle.«
    Alle drehten sich zu dem winzig kleinen rothaarigen Jungen um, der nun mit abwesender, überlegener Miene seine Fingernägel studierte.
    »Bulle?«, fragte Frau Strobe.
    »Ja, Frau Strobe?«
    »Freust du dich denn nicht wahnsinnig? Du darfst am 17. Mai in Madsens Schulkapelle mitspielen!«
    Bulle kniff ein Auge zu und blickte nachdenklich in die Luft. »17. Mai, 17. Mai, an dem Datum ist etwas, das kommt mir bekannt vor...Ja, jetzt weiß ich es wieder! Erstens soll ich da eine gewisse Menge Eiergrog zu mir nehmen. Außerdem bin ich bei mehreren Sackhüpfwettkämpfen angemeldet. Und dann gibt es natürlich noch den berühmten Eierlauf in Eiertal, an dem ich als Ehrengast teilnehme in meiner Eigenschaft als Titelverteidiger der letzten drei Jahre. Und zwar in der härtesten Klasse, der mit hart gekochten Eiern.«
    Die Kinder lachten los, aber ein extraharter Flache-Handaufs-Katheter-Schlag sorgte dafür, dass alle gleich wieder die Klappe zusperrten. Abgesehen von Bulle natürlich:
    »Kurz gesagt«, sagte er. »Es könnte schwierig werden, ausgerechnet an diesem Tag noch Trompetenspiel mit unterzubringen.«
    Madsen stöhnte und schnitt vor lauter Verzweiflung Grimassen.
    »Es sei denn . . .«, sagte Bulle.
    »Ja!«, Madsen strahlte. »Ja, sag es!«
    »Es sei denn natürlich, man bittet mich sehr freundlich darum...«
    »Ja, ich bitte dich sehr freundlich darum!«, schrie Madsen.
    »Oder besser noch, man fleht mich an.«
    »Ich flehe dich an, ich flehe dich an!«, heulte Madsen.
    »Auf den Knien?«, erkundigte sich Bulle.

    Und Madsen warf sich auf die Knie und flehte Bulle an,
    während Frau Strobes Brille bei diesem ungewöhnlichen Anblick einen halben Meter weit auf ihrer Nase vorrutschte.
    »In Ordnung!« Bulle sprang aufs Pult. »Ich spiele. Sorgen Sie nur für eine Uniform, die klein genug ist.«
    Und alle Kinder jubelten los. Und Dirigent Madsen mit

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