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Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Familienvermögens. Leider zeigte sich, dass einer von den finsteren Gestalten, mit denen er am Spieltisch saß, ein übler Geselle namens Ourane Cliché, ebenfalls vier Achten hatte...«
    »Aber...«
    »Dély verlor, bezichtigte wütend Ourane Cliché des Falschspiels und forderte ihn zum Duell im Morgengrauen. Doch als das Morgengrauen nahte, war Dély derart betrunken, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Es wird behauptet, als Cliché ihn mit dem Degen durchbohrte, da sei mehr Cognac als Blut aus ihm herausgeflossen.«

    »Ach du liebes bisschen.«
    »Das kannst du laut sagen. Das Geld war weg, alles, was die Margarines behalten durften, war Schloss Margarine, aber das war bis an den Schornstein verschuldet. Seither haben wir eigentlich nur noch den Adelstitel behalten und sonst kaum noch irdische Güter besessen.«
    »Aber wenn Ihre Familie so arm ist, warum hat Ihr Vater Sie dann nicht den armen Erfinder heiraten lassen?«
    Betrübt schüttelte Juliette den Kopf. »Eines Abends kam Vater zu mir und sagte, er habe herrliche Neuigkeiten. Ich hätte einen Verehrer. Und nicht nur irgendwen, sondern einen reichen Geschäftsmann. Ich sagte wütend, ich hätte doch schon einen Liebsten, das wisse er doch! Mag ja sein, sagte Vater, aber dieser Verehrer hatte angeboten, sämtliche Schulden zu tilgen, die immer noch auf Schloss Margarine lasteten, und die Familie zu alten Würden zu erheben. Könnte dieser Proktor das vielleicht auch? Der Geschäftsmann hatte um meine Hand angehalten, mein Vater hatte Ja gesagt, die Sache war schon abgemacht. Sein Name sei übrigens Claude Cliché, sagte Vater und schaute ganz erschrocken, weil ich vor Entsetzen aufschrie. Weißt du, mein Vater ist eigentlich kein schlechter Mensch, nur ein bisschen naiv. Er schien als einziger Bürger von ganz Paris noch nicht von Claude Cliché und seiner Nilpferdbande gehört zu haben.«
    »Nilpferdbande?«
    »Claude Cliché war schon damals ein ganz mieser Schurke, seinen Reichtum hatte er daher, dass seine Nilpferdbande die Menschen zwang, alles zu tun, was er wollte. Diese Nilpferde kommen aus einem Dorf in der Provence in Südfrankreich namens Inavel, in dem fast alle Bewohner miteinander verwandt und so fett sind wie Nilpferde. Sie sind nicht besonders gut im Kopfrechnen, dafür sind sie groß und stark und fahren in riesigen schwarzen Limousinen herum. Ihr Job besteht darin, Taschengeld zu verteilen.«
    »Taschengeld?«
    »Wenn du auf einen Handel mit Claude Cliché nicht eingehen willst, zum Beispiel, wenn er vorschlägt, dass du dein Restaurant für lächerlich wenig Geld an ihn verkaufst, dann kommen die Nilpferde. Sie sagen, sie kommen, um dich mit Bargeld zu bezahlen, und dann stopfen sie dir sämtliche Taschen mit so viel Kleingeld voll, dass du zwei Monate am Stück in der Spielhalle die Automaten füttern könntest. Dann fesseln sie dir Hände und Füße und werfen dich in die Seine, die mitten durch Paris fließt. Du gehst unter wie ein Stein, und wenn du nicht gefunden wirst, bleibst du dort, bis dich die Fische gefressen haben.«
    »Weia. Haben Sie Ihrem Vater denn nicht erzählt, dass dieser Cliché-Fritze ein Bandit war?«
    »Natürlich, aber Vater lachte und sagte, das seien alles nur Gerüchte. So schlimm könne er ja nicht sein, schließlich hätte ich doch auf dem Weihnachtsball mit ihm getanzt.«
    »Stimmte das denn?«
    »Einen einzigen Tanz! Und das auch nur, weil er an meinem Tisch gesessen hatte und ich nicht unhöflich sein wollte, als er mich aufforderte. Ich konnte ihn nicht ausstehen! Er hatte vorquellende Fischaugen, einen dünnen Schnurrbart und dicke, feuchte Lippen, von denen Spucketröpfchen sprühten, wenn er mit seinem ersten dicken Geschäft angab. Er hatte zwei Erfinderbrüder um ihr Patent auf die Hosenträgerklammern betrogen.«
    »Hosenträgerklammern? Ich dachte, die hat es schon immer gegeben.«
    »Nein, nein, bis dahin musste man die Hosenträger anknöpfen. Die Hosenträgerklammern galten als ein riesiger Fortschritt für die Menschheit, ungefähr wie... tja, wie Rolltreppen und die elektrische Zahnbürste. Wie auch immer, nachdem die Nilpferde den Erfindern die Taschen mit Taschengeld abgefüllt hatten, übernahm Cliché das Patent und wurde steinreich. Deswegen trägt er auch immer Hosenträger.«
    »Aber ist das nicht seltsam«, sagte Lise. »Sie fanden ihn so widerlich und trotzdem verliebte er sich dermaßen in Sie, dass er Sie zur Frau haben wollte, nachdem er Sie nur ein einziges

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