Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
der Fluss, schwarz und reißend. Und ich wusste, was die Nilpferde tun würden, wenn sie uns zusammen fassten.«
    »Ja«, sagte Lise atemlos. »Ihre Taschen mit Kleingeld abfüllen und Sie in den Fluss werfen.«
    »Viktor schon«, sagte Juliette, »aber nicht mich. Mich würden sie nach Paris mitnehmen, in ein Brautkleid stecken und zu einer Kirche fahren, wo Cliché schon wartete, im Smokinghemd und Hosenträgern, mit seinem schütteren Schnurrbart, um mein Jawort zu erzwingen, und dann wäre er endlich... BAROMETER!«
    Juliette knallte die Hände auf den Tisch, dass der Milchkaffee überschwappte, und fuhr mit tränenerstickter Stimme fort:
    »Aber ich wusste auch, wenn die Nilpferde nur mich allein in die Finger kriegten, würden sie Viktor fahren lassen, er wäre dann nicht weiter wichtig. Also tat ich... was ich tun musste.« Juliette griff in ihre Handtasche und nahm ein Taschentuch heraus, so schneeweiß und hübsch bestickt, wie man es vom Taschentuch einer Baronette erwartete. Sie tupfte sich eine große, schimmernde Träne von der Wange. »Ich log Viktor an. Ich sagte, das sei der Wagen meines Vaters, er habe uns offenbar verfolgt, ich müsse mit ihm reden. Er solle rasch über die Grenze nach Italien fahren und dort auf mich warten. Er weigerte sich erst, aber ich bestand darauf. Ich schubste ihn auf das Motorrad, sagte ›Au revoir‹, Auf Wiedersehen und dann fuhr er los.«

7 . Kapite l
Juliette erzählt weiter
    uliette starrte auf den Tisch. Dann führte sie das Taschentuch an die Nase und schnäuzte sich – laut wie eine Trompete, durchaus nicht so, wie man es von einer Baronette erwartete.
    »Drei Tage später heiratete ich Claude Cliché in der Kathedrale Notre-Dame in Paris. Später am Tage wurde ›Acht sticht‹ gespielt und Claude verlor ein wenig Geld an einen von Vaters Hochzeitsgästen. Eine Woche später wurde dieser Gast vom Grunde der Seine gefischt, die Taschen voller Kleingeld. Ich glaube, das öffnete Vater endlich die Augen dafür, was für ein Mensch Claude Cliché ist. Vater nahm mich beiseite, fragte mich, ob ich glücklich sei, sagte, wenn ich mich scheiden lassen wolle, dann sei das in Ordnung, wir bräuchten das Schloss nicht, wir könnten auch in einer kleinen Wohnung leben und er könne sich eine Arbeit suchen. Ärmster Papa! Er begriff einfach nicht, dass Claude Cliché sich nie im Leben so demütigen lassen würde und dass wir beide in der Seine landen würden, wenn wir eine Scheidung auch nur mit einem Wörtchen erwähnten. Also sagte ich, es gehe mir gut. In Wirklichkeit hielt ich es natürlich keine Sekunde mit diesem grässlichen Molch aus.«
    »Dreimal Weia!«
    »Oh ja. Und so vergingen die Jahre. Vater alterte früh, vor zwei Jahren starb er an einer Lungenentzündung. Während wir bei der Beerdigung Erde auf den Sarg warfen, flüsterte Claude mir zu, wenn ich meinte, jetzt, da ich nicht mehr auf meinen Vater Rücksicht nehmen musste, könne ich weglaufen und meinen verrückten Professor suchen, dann würde ich mich irren, sondern dann könne ich erleben, wie es ist, mit angehaltener Luft am Grunde der Seine zu liegen, die Taschen voller Kleingeld, und langsam zu ertrinken. Dann tätschelte er mir die Wange und sagte, die Nilpferde würden ein Auge auf mich haben.«
    »Dieser... dieser... Widerling«, flüsterte Lise und spürte, dass ihr gleich die Tränen kamen.
    »Ich hatte die Hoffnung auf ein glückliches Leben schon aufgegeben«, fuhr Juliette fort. »Bis im Frühsommer diesen Jahres. Da bekam ich auf einmal eine seltsame Postkarte. Aufgegeben war sie in Paris und abgesehen von meinem korrekt geschriebenen Namen war der Text das reinste Kauderwelsch. Aber die Handschrift erkannte ich sofort. Es war Viktors! Er hatte mich all die Jahre über nicht vergessen. Mein Herz jubelte vor Freude. Ich setzte mich sofort hin und versuchte, die Karte zu entziffern. Und weißt du was?«
    Lise nickte. »Ich glaube schon. Sie war rückwärts geschrieben.«
    »Ja!«, rief Juliette. »Woher weißt du...ach ja, ich vergaß, du hast ja auch eine Rückwärtskarte bekommen.«
    »Woher wissen Sie . . .«, setzte Lise an, aber Juliette legte ihr die Hand auf den Arm:
    »Ich komme gleich darauf zu sprechen. Als ich das entdeckt hatte, las ich, dass Viktor mich zu einem heimlichen Treffen in die Pension Pommes Frites bestellte. Er wohnte im selben Zimmer wie damals. Er schrieb, Madame Trottoir habe ihm von den Gerüchten erzählt, ich sei zur Heirat mit dem schlimmsten Banditen von Paris

Weitere Kostenlose Bücher