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Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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gezwungen worden, Claude Cliché. Als ich vor seiner Tür stand und anklopfte, zitterte ich, so nervös war ich. Aber als er aufmachte und ich in seine Arme sank, war es, als wären wir nie getrennt gewesen.« Juliette schloss die Augen und hauchte hingerissen: »Ooooooh...«
    »Ooooooh«, hauchte auch Lise, mindestens ebenso hingerissen.
    »Viktor wollte, dass wir zusammen fliehen, aber ich musste ihm erklären, dass Cliché mächtiger und reicher war und über mehr Kleingeld verfügte als jemals zuvor, dass er uns bis zum Ende der Welt verfolgen würde. Und da hatte Viktor seine verhängnisvolle, verrückte Idee...«
    »Was für eine Idee?«
    »Die Idee, Doktor Proktors Zeitbadewanne zu benutzen.«
    »Doktor Proktors was?«
    Juliette wollte gerade antworten, da sah Lise, wie ihr Blick unwillkürlich an etwas auf der anderen Straßenseite hängen blieb.
    »Wir müssen hier weg, Lise!«
    »Was ist?«
    »Nilpferdalarm.« Juliette setzte sich die Sonnenbrille auf und legte ein paar Münzen auf den Tisch. »Komm. Wir müssen uns verstecken.«
    Lise blickte in dieselbe Richtung wie Juliette eben. Tatsächlich: Auf der anderen Straßenseite standen drei unverkennbar nilpferdartige Gestalten.
    »Bulle«, sagte Lise und rannte Juliette hinterher, die raschen Schritts davoneilte. »Wir müssen unbedingt Bulle abholen.«
    »Komm«, sagte Juliette, gab Lise ein steifes kleines Stück Pappe und ging eine Treppe hinunter, die steil unter die Erde führte.
    »Das ist die Metro«, sagte Juliette, als sie in einer unterirdischen Halle standen und ihre Fahrkarten in einen Apparat aus Edelstahl steckten, sodass sie ein Drehkreuz passieren konnten. Sie durcheilten lange, feuchtkalte Korridore und Treppen, über die sie immer tiefer unter die Erde gelangten. Schließlich kamen sie zu einem Bahnsteig in einem langen, grabkammerähnlichen Gewölbe und gerade fuhr ein Zug ein. Sie schlüpften hinein. Während sie darauf warteten, dass die Türen sich schlossen, hörten sie ein fernes Dröhnen, wie etwas Schweres, das sich näherte. Juliette hätte Lise nicht zu sagen brauchen, was das war, sie tat es aber dennoch:
    »Nilpferdstampfer.«

    Lise starrte zur Treppe. Erst sah sie Nilpferdfüße. Dann Nilpferdleiber und schließlich Nilpferdgesichter. Die miesen Gestalten waren stehen geblieben und sahen sich um. Einer von ihnen rief etwas und deutete auf den Zug. Auf Lise. Sie duckte sich unters Fenster und starrte auf die Türen, die sich immer noch nicht schlossen. »Geht doch endlich zu!«, flehte sie flüsternd.
    Dann hörte sie wieder eilige, schwer hallende Nilpferd-schritte.
    Aus den Lautsprechern erklang eine metallische Stimme und dann – endlich – glitten die Türflügel unter prustendem Stöhnen aufeinander zu. Lise hörte wütende Rufe und Schläge an die Seiten des Zuges, schließlich einen brutalen Hieb auf das Fenster direkt über ihr und splitterndes Glas.
    Der Zug ruckte an. Sie blickte auf. Die Fensterscheibe war von einem weißen Muster überzogen. Und von draußen starrte ein wutverzerrtes Gesicht zu ihr hinein. Allerdings kein Nilpferdgesicht. Dieses Gesicht hatte vorquellende Augen, dicke, feuchte Schneckenlippen und darüber einen dünnen, schütteren Schnurrbart. Über Bauch und Schultern verliefen breite Hosenträger. Juliette hätte Lise nicht zu erklären brauchen, um wen es sich hier handelte, sie tat es dennoch, mit vor Angst zitterndem Flüstern:
    »Claude.«

8 . Kapite l
Bulle lernt Juliette kennen – und umgekehrt
    prachlos starrte Juliette den winzigen, rothaarigen Jungen an, der ihr und Lise die Tür geöffnet hatte. Nicht nur, weil dieser Junge – der ohne jeden Zweifel jener Bulle sein musste, von dem Viktor ihr erzählt hatte –
    noch kleiner war als in den Berichten. Überdies war er nackt – abgesehen von einem um die Hüften geschlungenen Handtuch –, außerdem triefnass – und er hatte eine blaue Nasenklemme im Gesicht. Am meisten aber staunte sie darüber, dass er sagte: »Bonnschuhr, Madamm!«, was auf Französisch »Guten Tag, gnädige Frau«
    bedeutet. Ganz selbstverständlich und mit perfekter Aussprache. »Sche süih Jüljett Margarien«, sagte Juilette. »Eh tü äh Bulle?« Was ebenso Französisch ist und bedeutet: »Ich bin Juliette Margarine. Und du bist Bulle?« »Uii, Madamm Jüljett«, sagte Bulle näselnd, verbeugte sich tief und öffnete ihnen die Tür ganz. Juliette und Lise schlüpften hinein und Lise schloss rasch die Tür ab, während Juliette sich ans Fenster stellte und

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