Dokument1
in die Höhe flog, so daß sie einem rot-weißen Alligator mit weit aufgesperrtem Rachen glich. Dann riß die Motorhaube völlig ab, als sie das Haus rammte, diesmal mit einer Geschwindigkeit von mehr als vierzig Meilen pro Stunde. Sie riß das letzte Stück des Fensterstocks aus der Mauer und zermalmte mit ihrem Rahmen ein paar Dielenbretter, während das Licht ihrer Scheinwerfer über die Stufen der Treppe tanzte. Und dann war sie im Wohnzimmer, war sie in seinem Haus, ließ ein riesiges gezacktes Loch in der Hauswand hinter sich und ein elektrisches Kabel, das wie eine zerrissene schwarze Arterie auf dem Teppich lag. Kleine Flocken aus Glaswolle, die die Leitung isoliert hatten, tanzten im kalten Wind mit den Schneeflocken.
Will schrie und konnte sich bei dem blökenden Gedröhn des Motors nicht hören. Der Sears-Geräuschdämpfer, den Arnie dem Wagen verpaßt hatte - eines von den wenigen Dingen, die er tatsächlich eingebaut hatte, setzte Will in Gedanken hinzu -, war an der Dielenkante des Fußbodens hängengeblieben, und mit ihm fast die ganze Länge des Auspuffrohres.
Der Fury raste quer durch das Wohnzimmer, schmetterte Wills Fernsehsessel zur Seite, wo er wie ein totes Pony liegenblieb. Die Dielenbretter knirschten verdächtig unter Christines Gewicht, und eine Stimme in Wills Kopf schrie: Ja! Gebt nach!
Brecht unter dieser Hure durch! Kippt dieses gottverdammte Ding in den Keller! Wollen doch mal sehen, ob sie da wieder herausklettern kann! Und das Bild des Wagens wurde von der Vision eines Tigers ersetzt, der in eine Fallgrube stürzte, die von listigen Eingeborenen getarnt worden war.
Doch die Dielen brachen nicht ein - jedenfalls noch nicht.
Christine röhrte durch das Wohnzimmer auf ihn zu. Sie ließ ein Zickzackmuster aus Schnee auf dem Teppich zurück. Dann rammte sie krachend die Treppe. Will wurde von dem wuchti-gen Anprall gegen die Wand geworfen. Der Inhalator fiel ihm aus der Hand und hüpfte von Stufe zu Stufe hinunter ins Wohnzimmer.
Christine stieß im Wohnzimmer zurück, während die Dielenbretter sich ächzend unter ihrem Gewicht durchbogen. Mit den Heckflossen bohrte sie sich in das Sony-Fernsehgerät, und die Bildröhre implodierte. Christine fuhr an und rammte die Treppe von der Seite, riß den Verputz von der Decke und zerschmetterte ein paar Stäbe vom Treppengeländer. Will spürte, wie die Treppe unter ihm schwankte. Einen Moment lang befand sich Christine direkt unter ihm; er konnte hinein-blicken in die öligen Eingeweide ihres Motorraums, konnte die Hitze ihres V-8-Kraftpakets fühlen. Sie wich abermals bis an die gegenüberliegende Wand zurück, und Will kämpfte sich die Stufen der Treppe hinauf, mit hervorquellenden Augen nach Luft ringend und sich mit beiden Händen an die fette Wurst seiner Kehle greifend.
Er erreichte den oberen Treppenabsatz einen Augenblick, bevor Christine wieder die Treppe rammte und sie zersplitterte.
Ein Stück vom Geländer brach ab und fiel in ihren Motor. Der Ventilator der Lichtmaschine zermalmte es mit seinem Propeller und spuckte grobgemahlenes Sägemehl und kleine Splitter auf den Teppich. Nun roch das ganze Haus nach Auspuffgasen und Benzin. Will dröhnten die Ohren von dem Lärm der erbarmungslosen Maschine.
Christine stieß wieder zurück. Die Reifen hatten tiefe Spur-rillen in die Teppiche gestanzt. Durch den Korridor zur Speicher-treppe, dachte Will. Der Speicher. Auf dem Speicher bin ich in Sicherheit. Ja… o Gott … o Gott… o, mein GOTT -
Der letzte, endgültige Schmerz kam mit einer scharfen, boh-renden Heftigkeit. Als würde sein Herz auf einen Bratspieß gesteckt. Sein linker Arm war von diesem stechenden Schmer/ blockiert. Es wollte immer noch keine Luft kommen; seine Brust wogte sinnlos auf und ab. Er taumelte rückwärts.
Ein Fuß griff aus, tanzte über dem Nichts; und dann stürzte er, prallte zweimal mit knochenberstenden Lauten auf den zerknickten Stufen auf, rollte wie eine leere Tonne, der blaue Bademantel flatterte über den Schultern. Er landete auf den zermahlten Teppichen, und Christine nahm einen neuen Anlauf.
Sie schob ihn gegen die Treppe, stieß wieder zurück, nahm ihn zum zweitenmal unter die Räder, knickte den armdicken Treppenpfosten ab wie einen dürren Zweig, schaltete in den Rückwärtsgang, überfuhr ihn zum drittenmal.
Unter den Teppichen wurde das Knacken und Ächzen der Dielen immer lauter. Christine hielt einen Moment lang mitten im Zimmer an, als lauschte sie. Zwei ihrer Reifen waren
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