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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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platt; eine Reifendecke hatte sich halb von der Felge gelöst, die linke Flanke des Wagens war eingedrückt, der Lack in großen Streifen vom Blech weggekratzt.
    Plötzlich schob sich der Fahrtwähler wuchtig in die hinterste Kerbe des automatischen Getriebes, der Motor heulte auf, und Christine schoß rückwärts durch das Zimmer, durch die gezackte Bresche in der Fensterwand. Ihr Heck fiel fast zwanzig Zentimeter hinunter in den Schnee des Vorgartens, die Reifen drehten durch, fanden dann endlich Widerstand und zogen sie heraus. Sie humpelte im Rückwärtsgang auf die Straße. Ihr Motor gab abgehackte, hustende Geräusche von sich. Blauer Rauch quoll aus dem Motorraum, Öl tropfte zwischen ihre Reifenspur, Dampf zischte aus dem Kühler.
    Auf der Straße wandte sie sich in Richtung Libertyville. Der Fahrtwähler schob sich in die mittlere Kerbe, aber es dauerte eine Weile, ehe sich das beschädigte Getriebe wieder mit der Kupplung verband. Dann rollte Christine langsam vom Haus weg. Hinter ihr fiel ein breiter Lichtstreifen aus Wills Haus in den aufgewühlten Schnee des Vorgartens, jedoch in einer sehr eigenartigen, bizarren Form, die nichts Anheimelndes hatte so wie die sanft leuchtenden Vierecke der anderen Häuser entlang der Straße.
    Christine bewegte sich langsam, taumelte auf ihren platten Reifen wie ein hochbetagter, betrunkener Mann. Das Schneetreiben war noch dichter geworden.
    Einer von Christines Scheinwerfern, der beim Rammen des Treppenpfostens zersprungen war, flackerte auf und brannte wieder.
    Einer ihrer platten Reifen blähte sich wieder auf, dann der andere.
    Die blauen stinkenden Ölwolken wurden dünner.
    Das abgehackte Geräusch der V-8-Maschine wurde leiser und runder.
    Die abgerissene Motorhaube tauchte wieder auf, materiali-sierte sich zuerst an der Kante vor der Windschutzscheibe; es sah unheimlich aus, wie sich das rohe Metall aus dem Nichts zusammenzog, als würde ein grauer Wollschal mit unsichtbaren Nadeln gestrickt. Und dann verfärbte er sich dunkelrot, als wäre er in eine Blutlache gefallen.
    Die Sprünge in der Windschutzscheibe begannen rückwärts zu laufen und hinterließen glattes Glas.
    Auch die anderen Scheinwerfer flackerten nun der Reihe nach auf und schickten ihr Fernlicht in den wirbelnden Schnee-teppich, als Christine ihre leichtfüßige Schnelligkeit zurückge-wann und durch die stürmische Nacht den Hügel hinunter-eilte.
    Ihr Meilenzähler lief wieder rückwärts.
    Fünfundvierzig Minuten später stand sie in Box zwanzig der dunklen Garage des jüngst verstorbenen Will Darnell. Der Wind heulte und stöhnte in den Schrotthalden des angrenzen-den Autofriedhofs, pfiff durch die Löcher der Rostlauben, die vermutlich ihre eigenen Geister und düsteren Erinnerungen beherbergten. Pulverschnee nistete sich in ihren zerfetzten Sitzen ein und deckte die fadenscheinigen Bodenteppiche zu.
    Christines Motor knackte leise. Er kühlte ab.

    Teil III:
    Christine -
    Teenagers Sterbelieder

43 Leigh kommt zu Besuch
    James Dean in that Mercury ‘49,
    Junior Johnson Bonner through the woods o’ Caroline, Even Burt Reynolds in that black Trans-Am, All gonna meet down at the Cadillac Ranch.
    - Bruce Springsteen
    Ungefähr eine Viertelstunde vor Leighs Besuch nahm ich meine Krücken und humpelte zu dem Sessel neben der Tür, damit sie mich auch hören konnte, wenn ich ihr zubrüllte, hereinzukom-men. Dann nahm ich den Esquire wieder zur Hand und studierte einen Artikel mit der Überschrift »Das nächste Vietnam«, eine Pflichtlektüre für einen Ferienaufsatz. Eine Lektüre, von der kaum etwas bei mir haften blieb. Ich war nervös und ängstlich, und zum Teil - vermutlich zum größten Teil - war ich nur aufgeregt. Ich wollte sie wiedersehen.
    Das Haus war leer. Nicht sehr lange nach Leighs Anruf an jenem stürmischen Nachmittag des Heiligen Abends nahm ich meinen Dad beiseite und fragte ihn, ob er es nicht einrichten könne, mit Mom und Elaine am Nachmittag des sechsundzwanzigsten Dezembers irgendwohin zu fahren.
    »Warum nicht?« hatte er leutselig erklärt.
    »Vielen Dank, Dad.«
    »Keine Ursache. Aber dafür bist du mir etwas schuldig, Dennis.«
    »Dad!«
    Er zwinkerte vielsagend. »Eine Hand wäscht die andere.«
    »Ein schöner Freund«, sagte ich.
    »Durch dick und dünn«, pflichtete er mir bei. Mein Dad, der nicht auf den Kopf gefallen ist, fragte mich, ob der Besuch etwas mit Arnie zu tun habe. »Sie ist sein Mädchen, nicht wahr?«
    »Nun«, erwiderte ich, unsicher, wie die

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