Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
und fragte sich einen Augenblick zu spät, weshalb es in der Latrine nach Sägemehl roch.
Die Planken gaben nach, und Geder kreischte auf, als er nach hinten und hinab in den stinkenden Sumpf aus Kothaufen und Pisse fiel. Eine der Planken prallte vom Rand der Grube ab und bohrte sich in seinen Arm. Die Wucht seiner Landung trieb ihm die Luft aus der Lunge. Er lag benebelt in der stinkenden Dunkelheit, und Jacke und Hose saugten sich mit der Nässe der Kloake und mit Kälte voll.
Über ihm ertönte Gelächter. Und dann wurde es hell.
Die Blenden von vier Laternen schoben sich zurück, um über ihm den Himmel zu erleuchten. Das Licht verbarg die Gesichter der Männer, die sie hielten, aber ihre Stimmen waren deutlich genug. Seine sogenannten Freunde und Schwertkameraden. Jorey Kalliam, Sohn des Barons von Osterlingbrachen. Sir Gospey Allintot. Sodai Carvenallin, der Sekretär des Hochmarschalls. Und, am allerschlimmsten, Sir Alan Klin, der Hauptmann der Kompanie, Geders unmittelbarer Vorgesetzter und damit der Mann, dem er über das schlechte Benehmen seiner Gefährten Bericht erstattet hätte. Geder erhob sich, Kopf und Schultern ragten über den Rand der Grube, während die anderen Männer vor Vergnügen heulten.
»Sehr witzig«, sagte Geder und streckte die mit Scheiße beschmierten Hände zu ihnen nach oben. »Jetzt helft mir hier heraus.«
Jorey nahm ihn beim Arm und zog ihn hoch. Er musste dem Mann ein wenig Achtung dafür zollen, dass er nicht vor dem Unrat zurückwich, in dem sie ihn versenkt hatten. Geders Hose hing ihm um die Knie, vollgesaugt und dreckig. Er stand im Licht der Laternen und fragte sich, ob er sie wieder anziehen oder von der Taille abwärts unbekleidet zurückgehen sollte. Mit einem Seufzen zog er die Hose hoch.
»Ihr seid unsere letzte Hoffnung gewesen«, sagte Klin und klopfte Geder auf die Schulter. Tränen der Erheiterung liefen ihm die Wangen hinab. »Jeder sonst hat bemerkt, dass etwas faul ist. Na ja, nur Sodai nicht, aber der war zu dürr, um durch die Planken zu brechen.«
»Tja, es war ein hervorragender Streich«, sagte Geder säuerlich. »Nun werde ich mich auf den Weg machen, um etwas Sauberes zum …«
»Ach, nein«, sagte Sodai mit seinem näselnden Oberstadt-Akzent. »Bitte, mein Freund. Verderbt diese Nacht doch nicht. Es war ein Scherz! Nehmt ihn, wie er gemeint war.«
»Das stimmt«, sagte Klin und legte Geder einen Arm um die Schultern. »Ihr müsst gestatten, dass wir uns entschuldigen. Kommt, meine Freunde! Auf zu den Zelten!«
Die vier Männer stolperten durch die Dunkelheit davon und schleiften Geder mit sich. Von den vieren schien lediglich Jorey ehrliches Mitleid zu haben, und auch das zeigte sich nur dadurch, dass er schwieg.
Seine ganze Kindheit über hatte Geder sich vorgestellt, wie es sein würde, dem König zu dienen, auf dem Pferd ins Feld zu reiten, seine Klugheit und Stärke zu beweisen. Er hatte Geschichten von den großen Kriegern der alten Zeit gelesen und den weingetränkten Anekdoten seines Vaters über Freundschaft und Schwertkameradschaft gelauscht.
Die Wirklichkeit war enttäuschend.
Das Zelt des Hauptmanns bestand aus schwerem Leder, das auf Eisenrahmen gespannt war. Drinnen war es luxuriöser als Geders Zuhause. Seide hing von der Decke, und in der Mitte des Raums prasselte ein großes Feuer, dessen Rauch von einem hängenden Kamin aus fein gewebten Kettengliedern und geschwärztem Leder nach oben und hinaus geleitet wurde. Die Hitze fühlte sich an, als würde man in schlimmstes Sommerwetter eintreten, aber zumindest war ein Bad eingelassen, und Geder zitterte nicht, als er seine verdreckten Kleider auszog. Die anderen legten die Handschuhe und Jacken ab, die durch die Berührung mit Geder beschmutzt worden waren, und ein junger Timzinae-Sklave brachte alles fort.
»Wir, meine Freunde, sind der Stolz und die Hoffnung von Antea«, sagte Klin, als er einen bauchigen Krug mit Wein füllte.
»Auf König Simeon!«, rief Gospey.
Klin drückte Geder den Krug in die Hände und erhob sich mit dem Weinschlauch in der Hand.
»Auf das Königreich und das Imperium«, sagte er. »Und Tod dem Emporkömmling in Vanai!«
Die anderen erhoben sich. Geder stand in seinem Bad auf, und Wasser lief an ihm hinab, denn wäre er sitzen geblieben, hätte er niederen Verrat begangen. Es war der erste Trinkspruch von vielen. Sir Alan Klin war so einiges, aber knausrig mit seinem Wein war er nicht. Und wenn Geder den Eindruck hatte, dass sein Krug immer ein
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