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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Wärme der vorigen Nacht war verschwunden.
    »Mein Herr«, sagte Geder. »Es tut mir leid, dass ich Euch damit behellige, aber als ich heute Morgen aufgewacht bin … nach der letzten Nacht …«
    »Spuckt es aus, Mann.«
    »Ich hatte ein Buch, Herr.«
    Sir Alan Klin schloss die edlen Augen mit den langen Wimpern. »Ich dachte, damit hätten wir abgeschlossen.«
    »Haben wir das? Also kennt Ihr das Buch? Habe ich es Euch gezeigt?«
    Der Hauptmann öffnete die Augen und warf einen Blick auf das geordnete Chaos des sich auflösenden Lagers. Geder fühlte sich wie ein Junge, der einen geplagten Tutor störte.
    »Spekulatives Traktat«, sagte Klin. »Ernsthaft, Palliako? Spekulatives Traktat?«
    »Es geht mir mehr um die Übung im Übersetzen«, log Geder, der plötzlich von seiner wahren Begeisterung beschämt war.
    »Es war … mutig von Euch, dieses Laster zuzugeben«, sagte Klin. »Und ich glaube, Ihr habt die richtige Entscheidung getroffen, als Ihr es vernichtet habt.«
    Geders Herz pochte gegen die Rippen. »Es vernichtet, Herr?«
    Alan blickte ihn an, und in seiner Miene stand Überraschung. Oder vermutlich gespielte Überraschung.
    »Wir haben es letzte Nacht verbrannt«, sagte der Hauptmann. »Wir beide zusammen, gleich nachdem ich Euch zu Eurem Zelt zurückgebracht hatte. Erinnert Ihr Euch nicht?«
    Geder wusste nicht, ob der Mann log. Die Nacht war zu verschwommen. Er erinnerte sich an so wenig. War es möglich, dass er, nachdem er zu viel getrunken hatte, dem kleinen Makel in seiner Kultiviertheit abgeschworen und zugelassen hatte, dass man das Buch anzündete? Oder log ihm Sir Alan Klin, sein Hauptmann und Befehlshaber, mitten ins Gesicht? Beides schien unwahrscheinlich, aber das eine oder das andere musste zutreffen. Und wenn er zugab, es nicht zu wissen, dann bekannte er, dass er keinen Wein vertrug, und bewies abermals, dass er eine Witzfigur war.
    »Es tut mir leid, Herr«, sagte Geder. »Ich muss ein wenig verwirrt gewesen sein. Jetzt verstehe ich es.«
    »Seid vorsichtig mit solchen Dingen.«
    »Es wird nicht wieder geschehen.«
    Geder salutierte und marschierte dann, ehe Klin etwas erwidern konnte, zu seinem Pferd davon. Es war ein grauer Wallach, der beste, den sich seine Familie leisten konnte. Er zog sich in den Sattel und riss an den Zügeln. Das Pferd drehte sich ruckartig um, überrascht von seiner Heftigkeit, und Geder spürte den Stich, mit dem leises Bedauern durch seinen Zorn drang. Es war nicht die Schuld des Tieres. Er nahm sich vor, dem Pferd ein Stück Zuckerrohr zu geben, wenn sie anhielten. Falls sie anhielten. Falls dieser zweimal verdammte Feldzug sich nicht bis zum Ende aller Tage und der Rückkehr der Drachen hinzog.
    Sie machten sich zur Straße auf, und die Armee bewegte sich mit der bedächtigen Geschwindigkeit von Männern, die wussten, dass der Weg kein Ende nehmen würde. Der Marsch begann, und Reihe um Reihe folgten sie der breiten Straße aus Drachenjade. Geder saß aufrecht im Sattel, hielt den Rücken durch schiere Willenskraft und Wut gerade und stolz. Er war schon früher gedemütigt worden. Vermutlich würde er wieder gedemütigt werden. Aber Sir Alan Klin hatte sein Buch verbrannt. Als die Morgensonne aufging und in der Hitze die Umhänge von den Schultern glitten und die herrlichen Herbstblätter um sie herum leuchteten, erkannte Geder, dass er seinen Racheschwur bereits geleistet hatte. Und er hatte es getan, während er vor seinem neuen Todfeind stand.
    Es wird nicht wieder geschehen , hatte er gesagt.
    Und das würde es auch nicht.

Cithrin Bel Sarcour
    Mündel der Medean-Bank
    Cithrins einzige klare Erinnerung an ihre Eltern war die Eröffnung, dass sie tot waren. Vor diesem Tag waren sie nicht mehr als Irrwische, weniger noch als die Geister der eigentlichen Menschen. Ihr Vater war eine warme Umarmung im Regen und der Geruch nach Tabak. Ihre Mutter war der Geschmack von Honig auf Brot und die schmale, anmutige Hand einer Cinnae, die Cithrin übers Bein streichelte. Sie kannte weder ihre Gesichter noch den Klang ihrer Stimmen, aber sie erinnerte sich daran, wie es war, sie zu verlieren.
    Sie war vier Jahre alt gewesen. Ihr Kinderzimmer hatte weiße und blaue Wände gehabt. Sie hatte am Fenster gesessen, um mit einem ausgestopften Tralgu aus braunem Sackleinen mit einer Füllung aus Bohnen Tee zu trinken. Sie hatte seine Ohren aufgerichtet, als ihre Nanné hereingekommen war, ihr Gesicht noch blasser als sonst, um zu verkünden, dass der Herr und die Herrin der

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