Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
Abschrift für uns an, aber für Porte Oliva anstelle von Vanai. Wir haben hundert Dokumente mit Magister Imaniels Unterschrift und Daumenabdruck. Wir können irgendeinen unbedeutenden Vertrag nehmen und ihn benutzen, um daraus die Gründungsbriefe zu fälschen. Die Urkunden beim Statthalter hinterlegen, die Gebühren und Bestechungsgelder bezahlen, und dann kann ich all das investieren.«
»Investieren«, wiederholte der Hauptmann, als hätte sie aufessen gesagt.
»Die Seide, den Tabak und die Gewürze kann ich in Kommission geben. Selbst wenn sie den Händlern gestohlen werden, würde die Bank ihr Geld erhalten. Wir können dasselbe mit dem Schmuck machen oder ihn gleich für Bargeld verkaufen, und dann können wir es verleihen. Oder uns in örtliche Geschäfte einkaufen. Wir werden einen Anteil davon zurückbehalten müssen. Fünf Hundertstel vielleicht? Aber mit dem Namen der Medean-Bank hinter mir kann ich mehr als neun Zehntel von dem, was wir in diesem Raum haben, in Papiere umwandeln, die für niemanden sonst einen Wert haben, ehe die Handelsschiffe von Narineiland kommen. Was übrig ist, wäre nicht so verlockend, dass man es nicht bewachen könnte.«
»Du bist sehr, sehr betrunken«, sagte Wester. »Man stiehlt, indem man etwas nimmt und dann abhaut.«
»Ich stehle es nicht. Ich sichere es«, erwiderte Cithrin. »So arbeiten Banken. Man behält nie das ganze Geld da, um es sich von irgendwem stehlen zu lassen, der eine Möglichkeit findet, in den Geldschrank einzubrechen. Man verteilt es draußen in der Welt. Wenn man einen Verlust hat oder jemandem Betriebsmittel gestohlen werden, hat man immer noch alle Einkünfte und Vereinbarungen. Man kann sich erholen. Und wenn alles schiefgeht, was dann? Werden wir ins Gefängnis geworfen?«
»Gefängnis ist schlecht«, grollte Yardem.
»Nicht so schlecht wie umgebracht und ins Meer geworfen zu werden«, erwiderte Cithrin. »Wenn Ihr tut, was ich sage, sind die Aussichten, das Geld zu behalten, höher und die Folgen eines Scheiterns geringer.«
»Du willst«, sagte Hauptmann Wester mit gepresster Stimme, »einen Großteil des Geldes nehmen, das dir nicht gehört, und deinen eigenen Ableger der Bank einrichten, von der du das Geld stiehlst? Sie werden dich holen kommen.«
»Natürlich werden sie kommen«, sagte Cithrin. »Und wenn sie das tun, werde ich ihr Geld und noch mehr darüber hinaus haben. Wenn ich es richtig angestellt habe.«
Cithrin sah, wie der Unglauben auf seinem Gesicht zwischen Erheiterung und Empörung schwankte. Sie stampfte mit dem Fuß auf.
»Hört mir zu«, sagte sie. »Hört auf meine Stimme, Hauptmann. Ich kann das. «
Marcus
»Pass auf«, sagte Marcus.
»Ich passe auf, Herr.«
»Na gut, pass besser auf.«
Sieben gescheiterte Versuche lagen zwischen ihnen auf dem Boden: längst bedeutungslos gewordene Verträge und Übereinkünfte toter Menschen, die sich auf verbrannte Reichtümer bezogen. Aber wie Cithrin gesagt hatte, trug jedes Blatt die Unterschrift und den blutigen Daumenabdruck von Magister Imaniel von Vanai. Es ging nun darum, das Pergament in Wachs zu tauchen, das den Namen und Daumenabdruck, aber nichts sonst bedecken sollte. Dann konnte man die Seite in eine Lösung mit Salz und gereinigtem Öl einlegen, um die Tinte zu lösen. Nach einem Tag in diesem Bad konnten sie einen Schreibstein benutzen, um die Tinte abzukratzen, und anschließend eine Urinlösung, um jedwede verbliebene Spur zu bleichen. Am Schluss hätten sie eine leere Seite, bereit für all die sorgsam einstudierten Worte, die Cithrin darauf festhalten würde, bereits unterzeichnet und bekräftigt vom ehemaligen Vorsteher der Bank. Einem Mann, so sollte die Geschichte lauten, der den kommenden Tod seiner Stadt durch die Hände der Anteaner vorhergesehen und einen Plan ersonnen hatte, um seinen Ableger in Porte Oliva neu zu gründen, mit Cithrin als seiner Beauftragten.
Vorausgesetzt, sie konnten das Wachs an die richtige Stelle bringen. Marcus beugte sich vor, um mit den Fingern nach dem Rand der Urkunde zu greifen.
»Wenn du einfach …«
»Herr?«
»Yardem?«
Die Ohren des Tralgu legten sich zurück, so dicht am Kopf, dass die Ohrringe die Kopfhaut berührten. »Geht dort hinüber, Herr.«
»Aber ich …«
»Geht.«
Marcus tippte in die Luft, ohne das Pergament zu berühren, brummte und wandte sich ab. Sie hatten die Kisten in der kleinen Unterkunft über der Spielbude umgestellt und anders aufgeschichtet, wodurch aus dem vormals einzelnen
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