Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
kleinen Raum zwei winzige geworden waren. Draußen blies ein warmer Frühlingswind, rüttelte an den Läden und ließ die Welt unruhig und ruhelos wirken. Es war lange her, dass Marcus den Anbruch des Tauwetters in einem südlichen Hafen erlebt hatte, und der üppige Salzgestank der Bucht erinnerte ihn an den Fisch von gestern. Cithrin saß auf einem Hocker, in ihre Fuhrmannslumpen gekleidet, zusammen mit Cary, die sich dicht neben sie gequetscht hatte. Meister Kit stand ein paar Schritte abseits, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Das war besser«, sagte Meister Kit, »aber ich glaube, du hast es ein wenig zu weit in die andere Richtung getrieben. Ich will nicht, dass du aussiehst, als würdest du etwas Schweres tragen. Anstatt an Gewicht zu denken, stell dir vor, wie du dich in einem schweren Wollmantel bewegen würdest.«
Cary legte Cithrin die Hand auf den Rücken. »Du bist hier zu angespannt«, sagte sie. »Lockere das und ziehe die Anspannung hier herauf.«
Cithrin runzelte verwirrt die Stirn, und winzige Halbmonde erschienen an ihren Mundwinkeln.
»Wie wenn deine Brüste zu schwer wären«, erklärte Cary.
»Oh«, sagte Cithrin und wurde fröhlicher. »Klar.«
Sie erhob sich von ihrem Hocker, ging einen Schritt auf Meister Kit zu, drehte sich um und setzte sich wieder. Marcus hätte nicht sagen können, was sich an der Art verändert hatte, wie sich das Mädchen bewegte, nur dass es anders wirkte. Älter. Meister Kit und Cary lächelten einander an.
»Ein Fortschritt«, sagte Meister Kit. »Fraglos ein Fortschritt.«
»Ich glaube, wir sind so weit, dass wir auf den Platz gehen können«, meinte Cary.
»Mit meinem Segen«, verkündete Meister Kit und trat zurück, bis er beinahe gegen Marcus’ Bauch stieß. Die beiden Frauen gingen über die schmale freie Fläche zum Eingang des Treppenhauses, Hand in Hand.
»Tiefer in den Hüften«, sagte Meister Kit. »Lass dich hineinsinken. Geh nicht aus den Sprunggelenken heraus.«
Das Quietschen der Bodendielen bewegte sich nach unten, bis das Pärchen draußen auf der Straße und fort war. Der Wind blies die Treppe herauf, und die untere Tür fiel zu. Marcus stieß den Atem aus und setzte sich auf den frei gewordenen Hocker.
»Ich denke, sie ist ganz gut«, sagte Meister Kit. »Nicht viel natürliches Körpergefühl, aber auch keine besondere Angst davor, und ich finde, das ist bereits die halbe Arbeit.«
»Das ist gut«, erwiderte Marcus.
»Es scheint, als würden die Schnitte auf ihren Daumen hübsch vernarben. Ich gehe davon aus, dass sie viele Schwielen haben wird, wenn es verheilt ist. Als hätte sie schon seit Jahren Verträge unterschrieben. Habt Ihr Lauge in die Wunden getan?«
»Asche und Honig«, sagte Marcus. »Genauso gut, und es entzündet sich nicht so leicht.«
»Das stimmt. Ich habe gedacht, dass es eine gute Wahl ist, sie als Dreiviertel-Cinnae auszugeben. Wenn sie beinahe reinblütig ist, wird man die Stärke der Erstgeborenen bei ihr vielleicht eher als Alter und nicht als Erbe auslegen.«
»Ich habe sowieso immer gedacht, dass Cinnae aussehen, als wären sie ungefähr zwölf«, sagte Marcus. »Furchtbar beim Kämpfen. Kein Gewicht hinter den Schlägen.«
Meister Kit lehnte eine Schulter an die Wand. Seine dunklen Augen glitten über Marcus, als würde der Schauspieler ein Buch lesen. »Und wie geht es Euch, Hauptmann?«
»Ich hasse das«, erwiderte Marcus. »Ich hasse diesen Plan. Ich hasse es, dass wir Urkunden fälschen. Ich hasse es, dass Cithrin Euch und die Euren hineingezogen hat. Es gibt nichts an diesem ganzen Vorhaben, was ich nicht hasse.«
»Und doch scheint Ihr Euch entschieden zu haben mitzumachen.«
»Ich habe keinen besseren Einfall«, sagte Marcus. »Außer uns die Taschen zu füllen und wegzugehen. Das hat noch immer einen gewissen Charme.«
»Weshalb tut Ihr es dann nicht? Die Kisten sind hier. Ich würde sagen, Ihr habt Euch Euren Lohn mehr als verdient.«
Marcus stieß ein freudloses Lachen aus und beugte sich vor, die Ellbogen auf den Knien. Von der gegenüberliegenden Seite des Zimmers kam ein befriedigtes Grunzen von Yardem. Das Wachsbad war dieses Mal erfolgreich gewesen.
»Es wird Folgen haben«, sagte Marcus. »Sie kann nicht einfach nur behaupten, dass nun alles ihr gehört, und es auf diese Weise wahr werden lassen. Es ist, als würde man nach Cabral marschieren und ganz nebenbei verkünden, dass man der neue Bürgermeister von Upurt Marion ist und nun all die Hafensteuern eintreiben kann. Und
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