Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
Vom Netzwerk:
Pest erlegen waren und dass Cithrin sich darauf vorbereiten sollte, für immer fortzugehen.
    Sie hatte es nicht verstanden. Der Tod war damals etwas Verhandelbares für sie gewesen, nicht viel anders als die Frage, ob sie ein bestimmtes Band im Haar tragen sollte oder nicht oder wie viel süßen Haferbrei sie morgens essen durfte. Cithrin hatte weniger geweint, als dass sie über die Planänderung erbost gewesen war.
    Erst später in ihren neuen, dunkleren Zimmern über dem Bankgebäude war ihr langsam klar geworden, dass es keine Rolle spielte, wie laut sie schrie oder wie heftig sie weinte. Ihre Eltern würden nie mehr zu ihr kommen, denn da sie tot waren, kümmerten sie sich nicht mehr darum.
    »Du machst dir zu viele Sorgen«, sagte Besel.
    Er lehnte sich zurück, die Beine weit gespreizt, und sah aus, als würde er sich vollkommen wohlfühlen, während er auf den ausgetretenen Holzbrettern saß. Ganz gleich, wo er war, er sah immer aus, als würde er sich wohlfühlen. Mit seinen einundzwanzig Sommern war er vier Jahre älter als Cithrin, und er hatte dunkles, lockiges Haar und ein breites Gesicht, das zum Lächeln geschaffen schien. Seine Schultern waren so breit wie die eines Arbeiters, aber seine Hände waren weich. Seine Tunika war wie ihr eigenes Kleid in den Farben der Bank gehalten, rot und braun. An ihm sahen sie besser aus. Cithrin wusste, dass er ein halbes Dutzend Geliebte hatte, und insgeheim war sie auf jede von ihnen eifersüchtig.
    Sie saßen auf einer Holzbank über dem Bogenplatz und blickten hinab auf das Gewimmel des Bauernmarktes mit seinen hunderten von dicht gedrängten Ständen aus leuchtendem Stoff und dünnen Stäben, die aus den Gebäuden am Rande des Platzes herauswuchsen wie frisches Grün an einem alten Baum. Der große Kanal von Vanai schwappte an den Kai zu ihrer Rechten, und auf dem grünen Wasser waren Schwärme von schmalen Kähnen und Stangenbooten. Auf dem Markt summten die Stimmen der Fischverkäufer und Metzger, Bauern und Kräuterverkäufer, die alle ihre spätsommerlichen Ernte anpriesen.
    Die meisten waren Erstgeborene und chitinschwarze Timzinae, aber hier und da erhaschte Cithrin auch einen Blick auf den blassen, feingliedrigen Körper eines reinblütigen Cinnae, auf den breiten Kopf und die beweglichen, hundeartigen Ohren eines Tralgu, den plumpen, watschelnden Gang eines Yemmu. Da sie in Vanai aufgewachsen war, hatte Cithrin mindestens ein Exemplar einer jeden Rasse der Menschheit gesehen. Einst hatte sie sogar einen der Versunkenen in einem Kanal beobachtet, der mit kummervoll schwarzen Augen zu ihr aufgeschaut hatte.
    »Ich verstehe nicht, wie die Bank sich auf die Seite des imperialen Antea stellen kann«, sagte sie.
    »Wir stehen nicht auf ihrer Seite«, erwiderte Besel.
    »Wir stehen nicht auf der Seite des Fürsten. Das ist ein Krieg .«
    Besel lachte. Er hatte ein gutes Lachen. Cithrin ärgerte sich einen Moment lang, und dann vergab sie ihm sofort, als er ihre Hand berührte.
    »Das ist eine Theateraufführung«, sagte er. »Ein Haufen Männer wird sich auf einem Feld vor der Stadt treffen, mit ein paar Stöcken und Schwertern aufeinander einstochern, ein wenig herumpurzeln, damit der Ehre Genüge getan ist, und dann werden wir die Tore für die anteanische Armee öffnen und ihnen ein paar Jahre lang die Zügel in die Hand geben.«
    »Aber der Fürst …«
    »Geht ins Exil. Oder in den Kerker, aber vermutlich ins Exil. Das passiert doch immer wieder. Eine Baronin in Gilea heiratet einen Fürsten in Asterilreich, und König Simeon befindet, dass Antea in den Freistädten ein Gegengewicht braucht. Also sucht er einen Grund, um Vanai den Krieg zu erklären.«
    Cithrin runzelte die Stirn. Besel schien so belustigt zu sein, so sorglos. In seinem Licht betrachtet wirkte ihre Angst naiv. Töricht. Sie grub die Fersen in den Boden.
    »Ich habe von Kriegen gelesen. Beim Geschichtstutor klingt es überhaupt nicht so.«
    »Vielleicht sind richtige Kriege etwas anderes«, sagte Besel mit einem Schulterzucken. »Wenn Antea je nach Birancour oder in die Keshet ziehen sollte, würde ich sofort darauf wetten. Aber das hier? Das ist weniger als ein Frühlingssturm, kleines Vögelchen.«
    Eine Frauenstimme rief nach Besel. Die Tochter eines Händlers, die ein tiefbraunes Mieder und einen ausgestellten Rock aus ungefärbtem Leinen trug.
    Besel stand rasch auf. »Hier wartet meine Arbeit«, sagte er mit einem Glitzern in den Augen. »Du solltest ins Haus zurückkehren, ehe die

Weitere Kostenlose Bücher