Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
steckte die Pfeife in seinen Gürtel und erhob sich. Der Geruch von altem Rauch hing noch im Raum.
»Dies ist ein dunkler Tag für Euch«, erklärte Canl, »deshalb werde ich das, was Ihr gesagt habt, darauf zurückführen und nichts auf das geben, was Ihr zum Ausdruck bringen wolltet. Was immer Ihr glaubt, ich bin nicht gekommen, um mich in Schadenfreude zu ergehen.«
Die beiden standen einen Augenblick da, und die Stille zwischen ihnen dehnte sich unangenehm in die Länge. Canl Daskellin stellte ein klägliches, schiefes Lächeln zur Schau, dann ging er hinaus und legte eine Hand auf Dawsons Schulter, als er vorüberschritt. Dawson lauschte den sich entfernenden Schritten, die in dem Lärm untergingen, den sein auf den Kopf gestellter Haushalt veranstaltete. Er blieb noch einen Augenblick stehen und blickte aus dem Fenster, ohne die frühsommerlichen Bäume dahinter zu sehen. Ohne die Vögel oder die Diener oder das Winseln seiner Hunde zu hören.
Er wandte sich ab.
Dawsons Auszug erfolgte in einer einzelnen offenen Kutsche. Er saß auf dem vorderen Sitz und blickte zurück auf die Stadt, Clara an seiner Seite. Vincen Coe hockte neben dem Kutscher auf dem Bock. Karren mit seinem Besitz würden langsamer nachkommen, aber sie würden kommen. Der Weg nach Osterlingbrachen würde sie einen halben Tag lang über die Drachenstraßen führen, und die Drachenjade unter ihren Füßen war ebener als die Straßen von Camnipol.
»Es besteht doch nicht die Möglichkeit, dass wir einem von ihnen über den Weg laufen, oder?«, fragte Clara.
»Wem?«
»Einem von ihnen«, wiederholte Clara. »Lord Issandrian oder Lord Klin. Oder Lord Maas. Es wäre einfach zu unerquicklich, denke ich. Ich meine, wirklich, was sagt man in so einem Fall? Ich kann mir nicht vorstellen, sie zu einem gemeinsamen Essen einzuladen, aber es wäre unhöflich, es nicht zu tun. Glaubst du, wir sollten dem Fahrer auftragen, Abstand zu halten, wenn er eine andere Kutsche sieht? Wenn wir vorgeben können, dass wir nicht bemerkt haben, wer sie sind, können wir alle die Form wahren. Außer wenn es Maas ist. Phelia muss wegen alldem in großer Aufregung sein.«
Trotz allem lächelte Dawson. Er nahm seine Frau bei der Hand. Ihre Finger waren dicker als damals, als er sie kennengelernt hatte. Seine eigenen waren rauer. Die Zeit hatte sie beide auf manche Weise verändert und auf manche Weise unberührt gelassen. Vom ersten Tag ihrer Ehe an, sogar zuvor, hatte er gewusst, dass sie die Welt anders sah als er. Es war ein Teil dessen, was er an ihr liebte.
»Ich bin sicher, das wird nicht passieren«, sagte er. »Issandrian und Klin werden diese Straße nicht nehmen, und es gibt keinen Grund für Maas, den Hof zu verlassen. Jetzt nicht mehr.«
Clara seufzte und legte den Kopf an seine Schulter. »Mein armer Gemahl«, sagte sie.
Er drehte den Kopf ein wenig, küsste das Haar gleich über ihrem Ohr, dann legte er ihr den Arm um die Schultern.
»Es wird nicht so schlimm werden«, versicherte er und versuchte zu klingen, als würde er es glauben. »Mir hat der Winter in Osterlingbrachen gefehlt. Das kann uns nun dafür entschädigen. Wir verbringen den Sommer zu Hause, eilen zurück nach Camnipol, um dabei zu sein, wenn der Hof geschlossen wird, und dann kehren wir für den Winter zurück.«
»Können wir das?«, fragte Clara. »Wir könnten auch den Winter über bleiben, wenn dir das lieber ist. Wir müssen nicht zwei Reisen machen.«
»Nein, Liebste«, erwiderte er. »Es geht nicht nur darum, den Herbstumzug zu sehen. Ich will auch wissen, wie sich die Dinge bei Hofe entwickelt haben, ehe der Winter kommt. Es sieht nur so aus, als würde ich dir nachgeben. Eigentlich bin ich ein selbstsüchtiger Rüpel.«
Clara lachte leise. Ein paar Meilen weiter begann sie sanft zu schnarchen. Coe, dem es auffiel, reichte schweigend eine Wolldecke herab, und Dawson deckte Clara zu, ohne sie zu wecken. Die Sonne sank hinter ihnen und färbte sich rot. Schatten ergossen sich über die Landschaft, und die trillernden, schrillen Abendvögel machten sich bemerkbar.
Dawson verließ ein Schlachtfeld, aber der Kampf würde ohne ihn weitergehen. Issandrian, Maas, Klin. Sie waren nicht getötet worden, noch hatten sie allein gehandelt. Maas und seine Verbündeten bei Hof würden alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihre Namen wieder respektabel erscheinen zu lassen. Daskellin würde zweifellos bei Dawsons eigener Gruppe das Ruder übernehmen, oder zumindest bei dem Teil davon,
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