Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
zurückzukehren, das über der Stadt hing wie der Rauch eines Feuers. An keiner Stelle nahm Phelia die Möglichkeiten wahr, die sich ihr anboten. Auch das sagte etwas aus.
Als es an der Zeit war, sich zu verabschieden, traf Clara Vincen Coe genau dort an, wo er gewartet hatte; er starrte finster in die Luft. Als sie die Stufen hinabgingen, nahm Phelia Clara beim Arm und lehnte sich bei jedem Schritt an sie. Der Besuch schien sie genauso beruhigt zu haben, wie er Clara selbst aufgewühlt hatte. An der Tür forderte Vincen seine Waffen von dem Jasuru zurück, während Clara Phelia zum Abschied umarmte. Ihre Träger hielten die kleine Sänfte bereit, und Clara nahm ihren Schal vom Diener zurück. Erst als sie schließlich den Privathof verließen, ging der letzte Tabak aus, und Clara bemerkte, dass sie unabsichtlich Phelias Pfeife gestohlen hatte. Sie klopfte die Kammer auf der Seite aus, die von Vincen abgewandt war, um zu verhindern, dass Asche auf ihn fiel.
»Du hast gelauscht, nehme ich an?«, fragte sie laut genug, um über den Straßenlärm hörbar zu sein.
»Überhaupt nicht, Herrin.«
»Ach, bitte, Vincen«, sagte sie. »Ich bin nicht dumm. Wie viel hast du gehört?«
Ein paar Augenblicke später zuckte der Jäger mit den Schultern. »Beinahe alles, Herrin. Sie hat ein wenig leise gesprochen, als sie ihre Probleme mit der Fruchtbarkeit erläutert hat, und Ihr habt gelacht, als sie die Bemerkungen zu Lord Sonnens Geliebter gemacht habt.«
»Dann hast du den ersten Teil gehört. Über meinen Gemahl und ihren?«
»Ja.«
»Weshalb denkst du, sollte sie sich Gedanken darum machen, dass Asterilreich und Antea eine gemeinsame Geschichte haben? Dass sie ›praktisch ein Königreich‹ sind?«
»Wenn ich raten sollte, Herrin, weil sie erwartet, dass es wieder so sein könnte.«
Er warf ihr einen Blick zu, und seine Miene – zurückhaltend, ruhig, grimmig – sagte ihr, dass sie dasselbe dachten. Wie immer die Feinheiten der Blutlinien und Heiratsbündnisse, der Rangordnung und Politik aussahen, Antea und Asterilreich konnten niemals vereint werden, wenn Simeon und Aster lebten. Und Phelia, die es niemals hatte aussprechen wollen, hielt eine Vereinigung für möglich. Sogar für wahrscheinlich. Und Aster würde ziemlich sicher unter ihrem Dach wohnen.
Es schien daraus zu folgen, dass Feldin Maas und seine ausländischen Unterstützer vorhatten, Prinz Aster zu töten.
»Nun«, sagte Clara mit einem Seufzen. »So viel also zum Friedenstiften.«
Cithrin
Wind rüttelte an den Fensterläden und pfiff an den Scheiben. Die Morgensonne war zu hell, um erträglich zu sein. Schon allein durch ihre Existenz brachte die Welt Cithrin dazu, sich übergeben zu wollen. Sie rollte sich in ihrem Bett herum, eine Hand an die Kehle gedrückt. Sie wollte nicht aufstehen, und sie würde bestimmt nicht zum Großmarkt gehen. Allein der Versuch würde sie umbringen.
Im Hintergrund ihrer Gedanken machte sich murmelnd eine vage Unruhe bemerkbar, ein Grund, weshalb es Schwierigkeiten geben könnte, wenn sie hierblieb. Sie sollte zum Kaffeehaus gehen, weil …
Weil …
Cithrin sagte etwas Unzüchtiges, ohne die Augen zu öffnen, wiederholte es langsam, zog die Klänge in die Länge. Sie sollte sich mit einem Vertreter der Gerbergilde treffen, um mit ihm zu besprechen, wie man Waren der Gilde versichern konnte, wenn die Schiffe wieder ausliefen. Es würde jetzt nicht mehr lange dauern. Vielleicht noch ein paar Tage. Nicht länger als zwei Wochen. Dann würden die dreimal verdammten Schiffe auslaufen, an der Küste hinauffahren, solange die Jahreszeit es noch zuließ. Sie würden im Norden ihre Haltestellen anlaufen, dort so viele Geschäfte abschließen, wie sie konnten, und sich dann über den Winter zusammenkauern, um darauf zu warten, dass die Schiffe aus Fern-Syramis die große Insel von Narineiland erreichten und das ganze Elend von vorne begann. Und so würde es weitergehen, weiter und weiter und weiter, bis alles endete, ob Cithrin aus dem Bett stieg oder nicht.
Sie setzte sich aufrecht hin. Um sie herum waren ihre unaufgeräumten Zimmer. Flaschen und leere Weinschläuche drängten sich auf dem Boden. Ein weiterer Windstoß drückte ans Fenster, und sie spürte, wie die Luft in das Zimmer hereingepresst wurde und sich dann wieder zurückzog. Es war schwindelerregend. Sie stand langsam auf und ging hinüber, um nach einem Kleid zu suchen, das sie anziehen konnte und das nicht nach Schweiß stank. Irgendwann in der Nacht schien
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