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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Cithrin schrie ihren wortlosen Zorn heraus, setzte sich auf und warf das Kissen so fest auf ihn, wie sie nur konnte. Sie wollte nicht mehr weinen, und hier saß sie nun und weinte.
    »Ich habe Euch gesagt, Ihr sollt abhauen!«, brüllte sie. »Niemand will Euch hier! Ich beende Euren Vertrag. Nehmt Eure Löhne und Eure Männer und sperrt die Tür hinter Euch ab.«
    Wester trat einen Schritt zurück. In Cithrins Brust tat sich ein Loch auf, und sie wollte die Worte wieder hinunterschlucken. Er bückte sich, hob ihr Kissen mit dem Daumen und einem Finger auf und warf es zu ihr zurück. Es landete mit einem weichen Geräusch im Bett an ihrer Seite, als hätte man jemandem einen Schlag in den Magen versetzt. Er stieß einen der leeren Weinschläuche auf dem Boden mit der Stiefelspitze an und holte lange und tief Luft.
    »Denk daran, dass ich versucht habe, dich mit Reden zur Vernunft zu bringen«, sagte er.
    Er wandte sich um. Er ging.
    Sie hatte den Schmerz erwartet, sich darauf eingerichtet, so dass es nicht die Pein war zu wissen, dass er sie verlassen würde, die überraschend kam. Die Überraschung war, dass die Verzweiflung, obwohl sie darauf vorbereitet war, sie immer noch mit sich fortreißen konnte. Es fühlte sich an, als wäre etwas auf halbem Weg zwischen ihrer Kehle und ihrem Herzen verendet und hätte sich dort in ihrem Leib zusammengerollt, um zu verrotten. Sie hörte, wie er die Stufen hinabging, jede Stufe leiser als die zuvor. Cithrin hob ihr dreckiges Kissen auf und brüllte hinein. Es fühlte sich an, als würde sie tagelang nur schreien, ihr Körper bebte vor Hunger und Erschöpfung und dem Gift aus Wein und Starkbier. Die Muskeln in ihrem Rücken und Bauch drohten sich zu verkrampfen, aber sie konnte genauso wenig mit dem Schreien und Weinen aufhören, wie sie sich entschließen konnte, nicht weiterzuatmen.
    Unter ihr ertönten Stimmen. Marcus Wester und Yardem Hane. Sie hörte Yardem etwas grollen, das sie durch den Tonfall als Ja, Herr erkannte, obwohl die Silben vorher und nachher undeutlich waren. Dann eine leisere, höhere Stimme. Schabe vielleicht.
    Sie würden alle gehen. Alle.
    Es spielte keine Rolle.
    Nichts spielte eine Rolle. Ihre Eltern waren so lange tot, dass sie sich nicht an sie erinnerte. Magister Imaniel, Cam und Besel, alle tot. Die Stadt ihrer Kindheit war niedergebrannt und zerstört. Und die Bank, das Einzige, was sie je für sich geschaffen hatte, würde man ihr wegnehmen, sobald der Auditor eintraf. Sie konnte sich nicht dazu durchringen zu glauben, dass es eine Rolle spielte, wenn ein paar Wachen fortgingen.
    Aber das tat es.
    Langsam, ganz langsam kam der Sturm in ihr zur Ruhe. Es war nun vollkommen dunkel, und winzige Regentropfen klopften an das Fenster wie Fingernägel. Sie griff nach der Weinflasche neben dem Bett und war überrascht, sie leer vorzufinden. Aber es gab noch die andere Flasche. Und das Bierfass. Es würde ihr gut gehen. Sie musste nur ihre Kraft zurückgewinnen. Ein paar Minuten mehr waren alles, was sie brauchte.
    Sie hatte sich noch nicht ganz erhoben, als sich Schritte näherten. Erst das feste Trampeln am Fuß der Treppe und dann, noch ehe es oben ankam, heftiges Rumsen. Etwas traf auf die Hausmauer, und Yardem ächzte. Wassergeräusche ertönten, vielleicht der Regen, der vom Dach strömte, aber es schien näher zu sein. Ein Licht glühte auf. Eine Laterne in Westers Hand. Und hinter ihm Yardem Hane und die beiden Kurtadam-Wachen, die sich mit einem Kupferbecken abmühten, das leicht vier Fuß lang war.
    »Wir hätten es erst heraufbringen und dann füllen sollen«, sagte Enen, und ihre Stimme klang angestrengt.
    »Nächstes Mal wissen wir’s«, erwiderte Marcus.
    Durch den Eingang sah sie, wie die drei Wachen das Becken abstellten. Es war so hoch wie Marcus’ Knie, und es schwappte.
    »Was tut Ihr da?«, fragte Cithrin, ihre Stimme leiser und schwächer, als sie erwartet hatte.
    Ohne sie zu beachten, reichte Yardem dem Hauptmann einen runden Steinkrug und fing an, die Kerzen und Lampen im Hauptraum anzuzünden. Die beiden Kurtadam salutierten und gingen wieder die Stufen hinab. Cithrin setzte sich hin, hielt sich mit einer Hand aufrecht. Marcus ging zu ihr, und ehe sie ihn aufhalten konnte, packte er sie beim Haar und zerrte sie aus dem Bett. Ihre Knie knallten mit einem dumpfen Geräusch und einem schmerzhaften Stich auf den Boden.
    »Was tut Ihr da?«, rief sie.
    »Ich habe es erst mit Reden versucht«, sagte Wester und schob sie in das Becken.

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