Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
Schweiß perlte auf seiner Stirn, obwohl es im Raum nicht besonders warm war. »Bei Gott, Dawson. Hört Euch doch an. Ihr seid seit einem Tag aus dem Exil zurück – einem –, und schon fangt Ihr wieder damit an.«
»Wenn Clara recht hat und Maas einen Plan hegt, der auf Asters Leben zielt …«
Simeon schlug mit der Handfläche auf den Tisch. Es hallte durch die Versammlungskammer, und die Stille, die folgte, wurde nur vom Gesang der Finken und dem Plätschern des Springbrunnens vor den Fenstern durchbrochen. Die Wachen an der hinteren Wand blieben unbewegt wie immer, in ihrer Rüstung im Schwarz und Gold der Stadt, mit ihren Schwertern in Scheiden an der Hüfte. Dawson fragte sich, was sie wohl gesagt hätten, hätte man sie gefragt. Jemand musste Simeon doch zur Vernunft bringen können, auch wenn es eindeutig nicht er war.
»Wenn ich auf Euren Rat gehört hätte«, sagte der König, »würde Issandrian inzwischen einen gefeierten Aufstand gegen mich führen. Stattdessen war er gestern hier, hat sein Knie vgebeugt, mich um Vergebung gebeten und geschworen, dass der Aufruhr unter den Söldnern nicht sein Werk war.«
»Wenn es nicht seines war, dann war es trotzdem jemandes Werk«, sagte Dawson.
»Ich bin Euer König, Baron Osterling. Ich bin bestens befähigt, dieses Königreich gut zu lenken.«
»Simeon, Ihr seid mein Freund«, sagte Dawson sanft. »Ich weiß, wie Ihr klingt, wenn Ihr Euch bis ins Mark fürchtet. Könnt Ihr es bis nächstes Jahr verschieben?«
»Was verschieben?«
»Euren Sohn wegzugeben. Seinen Beschützer zu ernennen. In drei Wochen schließt der Hof. Sagt einfach, dass die Ereignisse dieses Jahres Euch von der Entscheidung abgelenkt haben. Nehmt Euch Zeit.«
Simeon erhob sich. Er ging wie ein alter Mann. Vor den Fenstern waren die Blätter noch grün, aber weniger als zuvor. Der Sommer starb, und eines baldigen Tages würde das Grün vergehen, und Rot und Gold würden das Feld übernehmen. Schöne Farben, aber trotzdem die des Todes.
»Maas hat keinen Grund, Aster übelzuwollen«, sagte Simeon.
»Er steht in Verbindung mit Asterilreich. Er arbeitet mit ihnen …«
»Ihr habt mit Maccia zusammengearbeitet, um Vanai zu stärken. Lord Daskellin hat ein Tänzchen mit Nordstade gewagt. Lord Termontair hat immer wieder ein Stelldichein mit dem Botschafter aus Borja, und Lord Arminnin hat im letzten Jahr mehr Zeit in Hallskar als in Antea verbracht. Soll ich jeden Adligen niedermetzeln, der Verbindungen außerhalb des Königreichs pflegt? Ihr würdet es nicht überleben.« Simeons Atem kam schnell und flach. Er stützte sich auf den Fenstersims, hielt sich dort fest. »Mein Vater ist gestorben, als er ein Jahr jünger war als ich jetzt.«
»Ich erinnere mich.«
»Maas hat Verbündete. Jeder, der Issandrian und Klin geliebt hat, hat sich an ihn gewandt, als sie gegangen sind.«
»Meine haben sich an Daskellin gewandt.«
»Ihr habt keine Verbündeten, Dawson. Ihr habt Feinde und Bewunderer. Ihr habt nicht einmal den jungen Palliako an Eurer Seite halten können, als er der Held des Tages war. Lerer hat ihn fort an den Rand der Welt geschickt, anstatt zuzulassen, dass Ihr ihm ein weiteres Fest ausrichtet. Feinde und Bewunderer.«
»Was seid Ihr, Majestät?«
»Beides. So war es, seit Ihr bei dem Turnier, als wir zwölf waren, dieses Cinnae-Mädchen bezirzt und von mir abgebracht habt.«
Dawson lachte leise. Das Lächeln des Königs war beinahe verlegen, und dann lachte auch er. Simeon kam zurück und ließ sich in seinen Stuhl fallen.
»Ich weiß, dass Ihr es nicht gutheißt«, sagte er. »Aber vertraut mir, dass ich das Beste tue, was mir möglich ist. Es sind nur so viele Dinge im Gleichgewicht zu halten, und ich bin so müde. Ich bin unerträglich müde.«
»Überlasst Aster zumindest nicht Maas. Es ist mir gleich, ob er im Augenblick der einflussreichste Mann bei Hof ist. Sucht jemand anderen.«
»Danke für Euren Rat, alter Freund.«
»Simeon …«
»Nein. Ich danke Euch. Das ist alles.«
Im Vorraum gaben die Diener Dawson sein Schwert und seinen Dolch zurück. Es schien Jahre zurückzuliegen, seit Simeon auf der alten Formalität bestanden hatte, zu einer privaten Audienz unbewaffnet zu erscheinen. So weit waren sie also gesunken. Dawson richtete noch immer die Schnalle, als er nach draußen trat. Die Luft war warm, die Sonne hing schwer am Himmel, aber der Wind hatte eine gewisse Schärfe. Die weiche, drückende Luft des Sommers war fort. Die Jahreszeiten änderten sich
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