Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
sagte Marcus. »Jetzt treten sie als Wachen auf. Es ist nur natürlich, dass sie sich in den Details nach uns richten.«
Yardem brummte und wandte sich um, um den Jungen anzusehen. Als dieser ihm in die Augen blickte, zuckte der Tralgu absichtlich mit dem Ohr.
Der Wald um sie herum bestand inzwischen aus Eichen und Eschen, und die Bäume waren mehr als zehn Männer hoch. Ein Buschfeuer war innerhalb der letzten Jahre durchgezogen, hatte die Rinde angesengt und das Unterholz abgebrannt, ohne je das ausladende Blätterdach darüber zu erreichen. Marcus konnte sich vorstellen, wie der Rauch durch die grünen Sommerblätter aufgestiegen war. Nun war das Laub neben der Straße feucht, die gefallenen Blätter waren schwarz verschimmelt und schickten sich an, zum Erdboden für das Wachstum des nächsten Jahres zu werden. Nur die Blätter auf der Straße selbst waren trocken. Am östlichen Ende der Lichtung stand, halb von einer riesigen Eiche begraben, ein steinerner König der Südlinge in Schlachtrüstung, mit weit aufgerissenen Augen und einer sechszackigen Krone. Die alte Rinde hatte die Hälfte des ernsten Gesichts verschlungen, und die Wurzeln hatten die breite Standfläche teilweise angehoben. Ranken hingen über die Steinschultern herab. Marcus wusste nicht, woran dieses Denkmal hatte erinnern sollen.
Seit einer knappen Woche kam die Karawane gut voran. Auf der Straße war viel los, und die örtlichen Bauern hielten sie zum Großteil sauber, aber sie waren dennoch mehrere Meilen auf einem Weg gefahren, der mit frisch gefallenen Blättern bedeckt gewesen war. Das Rascheln der Pferdehufe und das Knarren der Wagenräder hatten ausgereicht, um jegliche Unterhaltung zu übertönen. Für einen religiösen Menschen war der Karawanenmeister ganz in Ordnung. Meistens konnte Marcus die Schriften ignorieren, aus denen während des Abendessens vorgelesen wurde. Wenn der Timzinae zufällig etwas aussuchte, das besonders schwer zu ertragen war – Predigten über Familie oder Kinder oder die Beteuerungen, dass Gott gerecht war, oder etwas anderes, das zu stark an das rührte, was seiner Frau und seiner Tochter geschehen war –, aß Marcus schnell auf und unternahm einen langen, einsamen Spaziergang, bei dem er auf der Straße ein Stück vorauslief. Kundschaften nannte er es, und der Karawanenmeister nahm es ihm nicht übel. Andere Reisende hatten sich der Karawane angeschlossen und die Gemeinschaft wieder verlassen, ohne dass mehr als ein Blick von Yardem oder ihm nötig gewesen wäre, um den Frieden zu wahren. Abgesehen davon, dass sie noch nicht einmal ein Viertel des Weges zum Pass geschafft hatten, der die Grenze zu Birancour darstellte, verlief der Auftrag besser als erwartet.
Marcus kaute langsam auf dem letzten Stück seiner Wurst. Das Dutzend Wagen füllte die halbe Lichtung; Pferde und Maultiere hatten Futtersäcke über dem Maul, wenn sie nicht gerade zum Bach und wieder zurück geführt wurden, um zu trinken. Die Fuhrleute wussten zum Großteil, was sie taten. Der alte Mann, der das Zinnerz fuhr, war ein bisschen taub, und der Junge mit dem hohen Karren voller Wollstoff war entweder neu im Geschäft oder ein Schwachkopf oder beides, aber das waren die Schlimmsten. Und seine Schauspielertruppe machte sich wunderbar. Wenn er zu den Bäumen schaute und gar nicht auf die Leute achtete, konnte er die Wachen trotzdem noch an den Rändern seines Sichtfelds ausmachen, allein daran, wie selbstbewusst sie sich bewegten.
Am Rand der Straße stand die Langhaarige, Cary, mit verschränkten Armen und einem riesigen Bogen aus Horn und Sehne, den sie sich über den Rücken gehängt hatte. Vermutlich hätte sie das verdammte Ding nicht einmal spannen können, aber sie trug ihn, als wäre er ihr jahrelanger Begleiter. Sandr, der junge Hauptdarsteller, ging zwischen den Karren herum, den Kopf hoch erhoben und die Stirn gerunzelt. Er hatte den Fuhrleuten Geschichten darüber erzählt, wie er sich einen Fuß bei einem Turnier in Antea gebrochen hatte, und er war mit der Geschichte so vertraut geworden, dass er sich ein kaum sichtbares Hinken dazu angewöhnt hatte. Und dann saß da, neben der dicken Frau des Karawanenmeisters, sein Kundiger, Meister Kit, ohne den Yardem in diesem Augenblick vergeblich darum kämpfen würde, den Fall Vanais aufzuhalten. Ohne den Marcus im Gefängnis säße oder tot wäre.
Der Pfiff des Karawanenmeisters holte Marcus zurück zu sich selbst, und er blinzelte in den kleinen Ausschnitt des Himmels mit
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