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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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aus uralten Straßen führte, hinterlassen von den gefallenen Meistern der Welt, nachdem Wahnsinn und Krieg sie vernichtet hatten. Einen Augenblick stand Marcus auf den breiten Stufen des Platzes und sah zu, wie die Königinnengarde Canin Mise in eine kleine Metallkiste mit einem engen Loch im Deckel verfrachtete, wodurch sein Kopf der Luft ausgesetzt sein würde. Canin Mise würde man leicht genug aufspüren können, bis der Magistrat Zeit hatte, sich mit seiner Angelegenheit auseinanderzusetzen. Indem er den Mann dafür in Gewahrsam nahm, dass er einen privaten Vertrag gebrochen hatte, hatte der Statthalter stillschweigend die Schuld zu einem Zehntel ihres Preises übernommen. Was auch immer das Gesetz noch an Ausbeute aus dem Mann herauspressen konnte, er war nun nicht mehr die Sorge von Marcus oder Cithrin bel Sarcour oder der Medean-Bank.
    Drachen hatten diesen Platz vor Jahrtausenden erbaut, und die Sonne war seither jeden Tag darüber aufgegangen. Regen, Schnee und Hagel waren darauf eingeprasselt oder hatten ihn liebkost. Porte Oliva selbst war ein Artefakt, das auf den Überresten eines gefallenen Zeitalters gewachsen war. Keines dieser Gebäude hatte dort gestanden, wo es jetzt war, als die Rassen der Menschheit geschaffen worden waren. Reiche waren aufgestiegen und gefallen, und während Porte Oliva selbst niemals von Angreifern erstürmt worden war, hatte es doch Aufstände, Gemetzel und Tod beheimatet, ganz wie jede andere Stadt. Es hatte seine Seuchen und Verluste erlitten. Dieser Platz war ursprünglich nicht dafür bestimmt gewesen, die Leidenden und die Schuldigen zu beherbergen, aber er erfüllte seinen Zweck.
    Eine Taube stieg auf, grau im Grau, flog hinaus über den Platz, um sich oben auf das Galgengestell zu setzen. Generationen von Erstgeborenen, Kurtadam und Cinnae waren aufgestiegen und gefallen, hatten in den Mauern der Stadt gelebt und geliebt und waren gestorben. Ebenso die Tauben und Ratten, die Salzechsen und die verwilderten Hunde. Marcus konnte nicht behaupten, dass ein großer Unterschied zwischen den Mauern, Dächern und Durchgängen, die die Menschheit errichtete, und den Vogelnestern bestand, die sich in deren Traufen schmiegten. Nur dass die Vögel keine Daumen hatten. Weder die einen noch die anderen waren Drachen.
    Er betrachtete das Schwert, das Canin Mise verloren hatte. Es war ein schönes Stück, gut geschmiedet und gut gepflegt. Die Buchstaben SRB waren in den Griff eingearbeitet, aber was sie bedeuteten, konnte man nur raten. Vielleicht war die Klinge das Geschenk eines geliebten Menschen oder eines Befehlshabers gewesen. Oder Canin Mise hatte sie dem vorherigen Besitzer abgenommen. Dennoch hatten diese Buchstaben einst etwas bedeutet, und jetzt taten sie es nicht mehr.
    »Also gut«, sagte Marcus. »Ich brauche etwas zu essen und Schlaf. Ich werde schon ganz rührselig.«
    »Ja, Hauptmann.«
    Aber als sie bei der Bank ankamen, wartete Pyk Usterhall auf sie. Die graue Schiefertafel hing noch an der Wand, ein Überbleibsel aus der Vergangenheit des Gebäudes als Spielhalle. Wo einst die Wetten des Tages gestanden hatten, befand sich nun der Dienstplan der Wache. Die drei Namen derer, die gerade Wache hielten – Corisen Mout, Schabe und Enen –, waren in Yardems Blockschrift aufgelistet, aber keiner von ihnen war da. Marcus war schon früher aufgefallen, dass immer dann, wenn die Yemmu-Notarin im Vorderzimmer war, irgendeine dringende Aufgabe hinten zu erledigen war.
    Sie saß an einem niedrigen Schreibtisch, gestützt auf einen ihrer riesigen Ellbogen. Die Papiere mit dem unseligen Darlehen an Canin Mise waren vor ihr ausgebreitet. Ihre Lippen hingen herab, wo ihre Hauer hätten sein sollen, und die Lücke zwischen den Schneide- und den Backenzähnen ließ ihr Gesicht ein wenig wie das eines Pferdes wirken. Sie hätte beinahe eine unvorstellbar hässliche, fettleibige Erstgeborene sein können. Beinahe, aber nicht ganz.
    »Ihr seid zurück«, sagte sie.
    »Ja, Madam«, erwiderte Marcus.
    »Sie schläft noch.«
    »Bitte?«
    »Ich habe gesehen, wie Ihr Euch nach dem Mädchen umschaut. Sie ist nicht hier. Sie schläft noch. Was ist passiert?«
    Marcus legte das Schwert auf den Schreibtisch. Pyk schaute darauf hinab, dann sah sie mit einem finsteren Blick zu ihm auf.
    »Er war da, wo wir es angenommen hatten, und er wusste, dass wir nach ihm Ausschau hielten. Als ich mit ihm gesprochen habe, hat er versucht, mich niederzustrecken.«
    »Und?«
    »Es ist ihm nicht

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