Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
Augenblick ein Grinsen auf sein Gesicht treten.
»Ich möchte etwas sagen«, ließ sich Dawson Kalliam vernehmen.
»Es ist Euch nicht gestattet«, sagte Geder.
»Ich scheiße auf Eure Erlaubnis, Ihr feiger kleiner Weichling. Ich habe für Euch Eure Kriege gewonnen«, fuhr Dawson fort und versuchte sich aufzurichten. Die Wachen traten schnell nach vorn, um ihn nach unten zu drücken. Die Menge richtete ihre Aufmerksamkeit auf Dawson oder auf Geder, aber Cithrin wandte sich um, um die Familie zu beobachten. Lady Kalliams Gesicht war inzwischen fast weiß, die Augen hatte sie zugekniffen. Die Augen des ältesten Sohnes waren aufgerissen, seine Nasenlöcher geweitet. Sie gaben nicht das Bild einer Familie ab, die sich auf den Tod ihres Patriarchen freute.
»Ich bin derjenige, der Euch den Aufstieg ermöglicht hat«, rief Dawson auf den Knien, »und Ihr habt alles verraten, wofür das Königreich und mein Freund Simeon gestanden …«
»Ich habe Euch nicht die Erlaubnis erteilt, etwas zu sagen«, schrie Geder. Nun beobachtete Cithrin ihn. Sein Gesicht wurde dunkler, die Erleichterung war verschwunden. »Ihr werdet schweigen !«
»Oder was? Tötet Ihr mich? Ihr seid ein Idiot. Ich sehe, wie Ihr den Thron verkauft habt. Ich bin vorgetreten, und seid Euch dessen bewusst, Palliako, wenn wir anfangen, uns zu erheben, werdet Ihr uns gar nicht schnell genug töten können. Die wahren Männer von Antea werden …«
Es ging ganz schnell. Es standen Scharfrichter bereit, stumpfe und verrostete Klingen in den Händen. Geder beachtete sie nicht. Mit vor Zorn verzerrtem Gesicht marschierte er dorthin, wo Kalliam kniete, die Arme in Ketten. Geder ging an ihm vorbei, schnappte sich das Schwert von der Seite eines Wächters und schwang es heftig und unelegant wie ein Kind, das auf Holz einhackt. Das Schwert traf Kalliam mitten im Gesicht, wobei es ein großes Stück seiner Wange abtrennte. Er taumelte zurück, verlor den Halt und fiel. Geder stand über dem gefallenen Mann, stieß das Schwert immer wieder nach unten, tränkte sich und die Wachen mit dem Blut des sterbenden Mannes.
»Ihr werdet erst sprechen, wenn ich sage, dass Ihr es könnt! «, brüllte Geder. Cithrin lachte beinahe über die unbeabsichtigte, elende Komik, die darin lag. Niemand würde Dawson Kalliam je wieder befehlen können zu sprechen.
Geder richtete sich auf, blickte der Menge entgegen, als sähe er sie zum ersten Mal, und war nicht beeindruckt. Zu seinen Füßen zuckte Dawson Kalliam mehrere Male und rührte sich dann nicht mehr.
»Es ist vorbei«, sagte Geder. »Ihr könnt jetzt gehen.«
Er eilte rasch hinaus, das blutige Schwert in seiner Hand vergessen.
»Ich glaube, der Mann ist kurz davor, sich zu übergeben«, bemerkte Paerin Clark.
»Ich denke, wir sollten gehen«, erwiderte Cithrin.
Der Hof ging mit ihnen. Männer mit aufgerissenen Augen und Frauen mit zusammengekniffenen Lippen. Sie waren gekommen, um einen Tod zu sehen, und sie hatten ihn auch zu Gesicht bekommen, aber wie es geschehen war, war falsch und ließ sie erschüttert zurück. Wäre Dawson Kalliam von dreizehn stumpfen, rostigen Klingen durchbohrt worden, hätte sich niemand unbehaglich gefühlt. Stattdessen hatte Geder die Beherrschung verloren, die Sache in die Hand genommen, und alles war möglich. Und sie hätte einen Monatslohn darauf verwettet, dass es bis zum Anbruch der Nacht in den Geschichten in den Schenken und auf den Gassen schon wie ein Auszug aus einem Drama klingen würde. Der rechtschaffene König, der das Schwert der Scharfrichter selbst in die Hand nahm.
Der Tag verriet nichts über die Gewalt, die gerade stattgefunden hatte. Noch immer sangen die Vögel, und die Brise roch nach Blumen, Rauch und dem Versprechen von Regen. Während sie und Paerin auf dem gepflasterten Weg an Sträußen mit Sommerblumen vorüberkamen, fiel ihr die grau gekleidete Frau ins Auge. Lady Kalliam. Einer Eingebung folgend, nahm sie Paerin bei der Hand und zog ihn mit sich, während sie sich einen Weg durch die Menge bahnte.
»Lady Kalliam«, sagte sie, als sie auf gleicher Höhe wie die Frau war.
»Ja?«
»Mein Name ist Cithrin bel Sarcour. Ich bin die Stimme der Medean-Bank in Porte Oliva. Ich wollte Euch das Mitgefühl der Bank und mein eigenes ausdrücken. Das kann kein guter Tag gewesen sein.«
Lady Kalliam hob das Kinn und lächelte. Sie wirkte jünger, als Cithrin gedacht hatte. An einem besseren Tag wäre sie schön gewesen.
»Das ist freundlich von Euch«, erwiderte sie.
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