Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
wäre für uns alle das Beste, wenn ihm diese Bürde leicht erscheint.«
Barriath machte ein finsteres Gesicht, blickte aber zur Seite. Für den Augenblick war der Bär gezähmt.
»Jorey wird Vater verleugnen«, erklärte Barriath. Er klang trotzig.
»Ich weiß das, mein Lieber«, sagte Clara und setzte sich mit einem Seufzen an den Tisch. »Du wirst es ebenfalls tun.«
Unter Claras Aufsicht hielt Lord Skestinins Haus während der Nacht seinen unbehaglichen Frieden. Barriath schmollte, wie er es getan hatte, seit er zum ersten Mal Luft geholt hatte. Jorey brütete undurchschaubarer und nahm mehr Rücksicht auf jene um sich herum. Clara saß an einem ungewohnten Fenster, das auf einen Garten hinausblickte, der nicht ihr gehörte, und klöppelte Spitze, weil ihre Stickereien der Gerechtigkeit des Lordregenten zum Opfer gefallen waren. Kurz vor dem Schlafengehen suchte Sabiha sie auf, einen kleinen Lederbeutel mit Pfeifentabak in der Hand. Clara küsste das Mädchen auf die Wange, aber sie sagten kein Wort. Manche Abende waren zu zerbrechlich, um sie mit Worten aufs Spiel zu setzen.
Am Vormittag kam die Nachricht, dass Lord Geder Palliako bereit war, sein Urteil über den Verräter Dawson Kalliam zu sprechen.
C ITHRIN
HÄTTE CITHRIN, ALS SIE zum Schneider ging, gewusst, dass sie sich für eine Hinrichtung einkleidete, hätte sie vielleicht eine andere Wahl getroffen. In Vanai war der Kerker offen gewesen, und jene, die darauf warteten, vor den Magistrat zu treten, hatte man spöttisch betrachten können, aber die Gerechtigkeit des Fürsten war hinter verschlossenen Türen ausgeübt worden, die Körper der Verurteilten hatte man begraben, wenn sie Familie hatten, die auf sie achtete und die Kosten trug, oder in den Hügeln vor der Stadt zurückgelassen, falls nicht.
In Porte Oliva war es genau andersherum. Das Warten auf das Urteil war eine Privatangelegenheit, aber sobald das Urteil gesprochen oder die rechtlichen Gebühren bezahlt waren, war die Bestrafung für jedermann offen sichtbar, der vorbeispazieren und es sehen wollte. Der Gedanke, eine Zeremonie unter Beisein aller hochrangigen Personen des Hofes abzuhalten, um ein Gemetzel zu veranstalten, von dem jeder wusste, dass es bevorstand, schien ihr widerwärtig, und ihre begrenzte Garderobe gab dafür nichts her.
Letzten Endes entschied sie sich für das dunklere ihrer beiden Kleider. Der Schnitt des helleren war einfacher und nüchterner, aber selbst nachdem sie Paerin Clark zurate gezogen hatte, war sie sich nicht sicher, wie sehr dieser Tag tatsächlich einen Festakt darstellen sollte. Ein wenig Schminke, um ihre Augen zu betonen, aber nicht so viel, dass sie irgendwann aussehen würde, als würde sie schmelzen, wenn es im Raum zu warm war. Die beiden Schmuckstücke, die sie sich seit dem Feuer zugelegt hatte, probierte sie in jeder Kombination an, bis sie schließlich bei der schmalen silbernen Halskette und keinem Armband blieb. Sie wollte nicht wirken, als würde sie mit dem Adel wetteifern. Einfach, zurückgenommen, formell.
Sie stand kurz davor, ihre Kleiderwahl noch einmal zu überdenken, als sie zu dem Schluss kam, dass sie die Meinung des Hofes nicht kümmerte. Für die Adligen war sie eine Fremde, ein Halbblut und eine Kauffrau. Hätte sie die perfekten Kleider mit dem vollkommenen Schmuck getragen, würden diejenigen, die eine Bankiersfrau brauchen konnten, sie vordergründig nett behandeln, und die anderen würden sie ignorieren.
Nein, sie machte sich Sorgen, weil Geder dort sein würde. Und das musste sofort ein Ende haben. Sie war kein Kind oder eine von Sandrs leicht zu beeindruckenden Bühneneroberungen. Es war etwas geschehen, ein Mal, wenn sie es so darstellen wollten, und nichts, wenn sie behaupteten, dass es nicht geschehen war. Wenn sie unter der Annahme zum Hof ging, er würde Zeit, Interesse oder Aufmerksamkeit für sie aufbringen, war das töricht. Und dennoch hatte er davon gesprochen, der Bank die Erlaubnis zu geben, eine Zweigstelle zu eröffnen, also war es vielleicht nicht vollkommen dumm, sich in seiner Gegenwart gut kleiden zu wollen.
Sie legte nun doch das Armband an, ehe sie hinaus zur versammelten Gesellschaft trat. Nicht für Geder oder Paerin Clark oder sonst jemanden. Es gefiel ihr einfach.
Die Hitze des Sommers lockerte ihren Griff um die Stadt. Der Himmel über ihnen war blau, aber nicht tiefblau, und es hätte sie überhaupt nicht überrascht, wenn Smits angekündigter Regen morgen einsetzte. Sie ging durch die
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