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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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nach. Mit Kriegen kannte sie sich nicht aus. Das hatte sie nicht gelernt. Und doch bat man sie um ihre Meinung, und nach der Behauptung, mit Geder im Bett gewesen zu sein, war es wohl zu spät, um sich noch in Zurückhaltung zu üben.
    »Ich würde empfehlen, jetzt Streitkräfte zusammenzuziehen. Unternehmt nichts gegen ihn, aber versucht vorherzusagen, wohin er sich wenden wird, und teilt es insgeheim Euren Verbündeten mit. Wenn diese Vorhersagen anfangen, sich zu bewahrheiten, werdet Ihr wie derjenige wirken, der weiß, welche Geschäfte man abschließen sollte, ehe die Schiffe eintreffen, und jeder wird erfahren wollen, was Ihr wisst.«
    »Ich habe Freunde in Sarakal«, ergänzte Komme. »Keine Geschäftspartner, sondern Freunde mit Verbindungen. Ich könnte Briefe schicken, in denen man gewisse Dinge anspricht. Zumindest könnten wir sehen, was die Leute in der Nähe der Grenze sagen.«
    »Wir könnten unsere Beziehungen zu Antea verstärken«, schlug der König vor. »Eure Delegation war inoffiziell. Wenn ich aber eine Gesandtschaft zusammenstellen würde. Wenn ich selbst ginge …«
    »Tut das nicht«, sagte Cithrin. »Wenn er sich verraten fühlt, wird er über Euch herfallen, und zwar heftiger, als wenn Ihr von Anfang an sein Feind gewesen wärt.«
    »Nichts für ungut«, erwiderte der König. »Das könnte Euch in eine unbehagliche Lage versetzen.«
    »Das ist mir aufgefallen«, gab Cithrin zu.
    Rings um den Tisch wurde es still. Die Anmutung von Zuversicht war verschwunden, als wäre sie nie da gewesen. Cithrin trank aus ihrem Wasserbecher, genoss die Kühle und den leichten Zitronengeschmack.
    »Kann man irgendetwas unternehmen?«, fragte der König.
    »Beobachten. Abwarten. Hoffen, dass er sich früh und heftig übernimmt«, erklärte Cithrin. »Das Beste, was man über Geder sagen kann, ist, dass er zu der Sorte Mensch gehört, die einen guten Feind abgibt.«

C LARA
    IN DEN FOLGENDEN TAGEN kam Clara langsam zu der Überzeugung, dass sie gewissermaßen – auf vielerlei Art – auf diesem schrecklichen Boden vor all ihren Freunden und Verwandten gemeinsam mit Dawson gestorben war. Sie hatte den Gewaltausbruch nicht mit ansehen können, aber sie hatte es gehört. Die Geräusche waren vielleicht schlimmer gewesen, als wenn sie es tatsächlich gesehen hätte. Aber vielleicht auch nicht. Alles, was danach geschehen war, ergab für sie einen größeren Sinn, wenn sie davon ausging, dass auch sie dabei gestorben war. Der Marsch aus der Königshöhe, nachdem sie erst vor ein paar Minuten zur Witwe geworden war und niemand mit ihr gesprochen hatte: Keine der Frauen, die sie ihr ganzes Leben lang gekannt hatte, hatte ein freundliches Wort für sie übrig gehabt. Die Einzige, die sie berührt hatte, die ihr Trost geboten hatte, war das dünne, blasse Händlermädchen gewesen, dessen Namen sie vergessen hatte, sobald er ausgesprochen worden war.
    Sie war in einem Nebel gefangen gewesen, verloren sogar für ihre eigenen Gedanken. Hatte die Dinge getan, die ihr Körper für nötig gehalten hatte. Hatte alte Freunde und Feinde aufgesucht. Nun, so benahmen sich Geister, oder etwa nicht? In diesem Licht betrachtet wirkte es vollkommen logisch.
    Der Schmerz, der sie überfiel, nachdem Vincen Coe wieder aufgetaucht war, war also keine Todesqual. Das war vorüber. Es waren die Schmerzen der Wiedergeburt, und ähnlich wie beim ersten Mal waren sie schrecklich. Sie wachte mitten in der Nacht weinend auf, bis sie keine Luft mehr bekam. Wenn sie nach ihm rief, kam Vincen und setzte sich ans Ende ihres Bettes, aber sie versuchte, nicht zu rufen. Er konnte dort nicht viel mehr tun, außer Schlaf einzubüßen. Und früher oder später ließ der Anfall nach, und sie schlief wieder weiter.
    Sie stellte fest, dass sie immer wieder erwartete, Dawson zu sehen. Vor allem stellte sie fest, wie sie sich an der Vorstellung versuchte, ihm zu erklären, weshalb sie hier in ihrem Nachtgewand war und der Jäger der Familie mit nichts als einer Hose bekleidet neben ihr saß. Und dann berichtigte sie sich jedes Mal. Sie würde es Dawson niemals erklären, weil er tot war. Und dann weinte sie ein wenig und machte mit ihrem Tag weiter. Es war nicht Stärke, die sie weitermachen ließ; es war der Mangel an Möglichkeiten.
    »Ihr geht heute wieder hinaus, Madam«, sagte die Frau des Hauses. Ihr Name war, wie sich herausstellte, Abatha Coe. Eine von offensichtlich Dutzenden Verwandten, die sich aus dem Coe-Klan über ganz Antea verstreut hatten.

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