Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
zuzuschwimmen. Marcus zeigte mit seinem Schwert auf ihn. Drei Salven waren nötig, bis er aufhörte. Als wäre es ein Zeichen gewesen, erschienen daraufhin die schwarzen, auf und ab hüpfenden Köpfe von Ahariel und den anderen Kurtadam in einer groben Linie zwischen den sinkenden Booten und den Schiffen. Marcus beobachtete, wie die schwimmenden Kurtadam ihre Messer über das Wasser hoben, als würden dem Meer Zähne wachsen.
»Lasst eure Waffen im Wasser zurück«, rief Marcus. »Wir wollen das Ganze behutsam zu Ende bringen.«
Sie kamen aus den Wellen, mürrisch und durchnässt. Marcus’ Soldaten nahmen sie einen nach dem anderen in Empfang, fesselten sie und ließen sie unter Bewachung sitzen.
»Achtundfünfzig«, sagte Yardem.
»Ein paar sind noch auf den Schiffen«, erwiderte Marcus. »Und dann noch der eine, den wir mit Pfeilen gespickt haben.«
»Also neunundfünfzig.«
»Wir waren trotzdem in der Unterzahl. Ziemlich in der Unterzahl«, sagte Marcus und dann: »Wir können übertreiben, wenn wir es in den Schenken erzählen.«
Ein junger Erstgeborener kam aus dem Meer. Sein Bart war nach der Mode von Cabral geflochten. Seine Augen waren von hellem Grün, sein Gesicht schmal und scharfkantig. Sein Seidengewand klebte ihm am Leib, wodurch sein Schmerbauch nicht zu verbergen war. Marcus gab seinem Pferd die Sporen und ritt ihm entgegen. Er sah aus wie ein Kätzchen, das in einen Bach gefallen war.
»Maceo Rinál?«
Der Piratenkapitän blickte mit einem Hass zu Marcus auf, der ebenso gut wie ein Nicken war.
»Ich habe nach Euch gesucht«, sagte Marcus.
Der Mann stieß einen Fluch aus.
Marcus ließ sein Zelt oben auf dem Hügel aufstellen. Die Lederplane saß fest auf dem Rahmen und hielt den Wind draußen, wenn schon nicht die Fliegen. Maceo Rinál setzte sich, in eine Wolldecke gewickelt, auf ein Kissen; er stank nach Meerwasser. Marcus stellte einen Teller mit Wurst und Brot auf seinen Feldtisch. Unter ihnen, als wären sie auf einer Bühne, waren Marcus’ Männer mit der langwierigen Tätigkeit beschäftigt, das Schiff zu entladen, das sich ergeben hatte, die Fracht an Land zu schleppen und sie auf Wagen zu packen.
»Ihr habt Euch das falsche Schiff ausgesucht«, erklärte Marcus.
»Ihr habt Euch den falschen Mann ausgesucht«, entgegnete Rinál. Seine Stimme war leiser, als Marcus erwartet hatte.
»Vor fünf Wochen ist ein Schiff namens Sturmkrähe aus dem Osten vom Kap her gekommen. Es hat sein Ziel nie erreicht. Man hat ihm aufgelauert und es versenkt, aber es gab keine Spur von der Ladung. Klingt das vertraut?«
»Ich bin der Vetter von König Sephan von Cabral. Ihr und Eure Magistrate habt keine Macht über mich«, verkündete Rinál und hob das Kinn, während er sprach. »Ich berufe mich auf den Vertrag von Carcedon.«
Marcus nahm ein Stück Wurst und kaute langsam. Als er wieder etwas sagte, betonte er jedes einzelne Wort. »Kapitän Rinál? Schaut mich an. Sehe ich aus wie der Scherge eines Magistrats?«
Das Kinn senkte sich nicht, aber ein unsicheres Flackern trat in die Augen des jungen Mannes.
»Ich arbeite für die Medean-Bank. Meine Auftraggeber haben die Sturmkrähe versichert. Als Ihr die Kisten von diesem Schiff an Euch genommen habt, habt Ihr sie nicht den Seeleuten gestohlen, die sie befördert haben. Ihr habt nicht einmal die Kaufleute bestohlen, denen sie gehörten. Ihr habt uns bestohlen.«
Das Gesicht des Piraten wurde grau. Die lederne Zeltklappe öffnete sich flüsternd, und Yardem trat ein. Seine Ohrringe waren wieder an Ort und Stelle.
»Neuigkeiten?«
»Die Fracht hier passt zu den Listen«, sagte Yardem. Er machte ein finsteres Gesicht, womit er dem gefährlichen Ruf der Tralgu gerecht wurde. Marcus nahm an, dass ihn das amüsierte. »Wir sind am richtigen Ort, Hauptmann.«
»Macht weiter.«
Yardem nickte und ging. Marcus nahm noch einen Happen von der Wurst.
»Mein Vetter«, wiederholte Rinál. »König Sephan …«
»Mein Name ist Marcus Wester.«
Rináls Augen weiteten sich, und er sank auf das Kissen zurück.
»Ihr habt von mir gehört«, sagte Marcus. »Also wisst Ihr, dass Eure Strategie, Euch auf edles Blut zu berufen, vielleicht nicht die beste Wahl ist. Eure Mutter war eine niedere Priesterin, die sich mit dem exilierten Onkel eines Königs betrunken hat. Das ist Euer Schutzschild. Ich? Ich habe Könige getötet.«
»Könige?«
»Nun ja, nur den einen, aber Ihr versteht, was ich sagen will.«
Rinál wollte antworten, schluckte, um die Kehle
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