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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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wird. Mir rieselte es kalt den Rücken hinunter, und das Alarmsystem in meinem Bauch begann Notsignale auszusenden.
    »Zufall? Was?« fragte ich.
    »Daß wir einander hier begegnen. Man hat mir im Büro übrigens gerade gesagt, daß ich einige Flüge für Jeanette übernehmen muß. Sie scheint einen Unfall gehabt zu haben.«
    »Ja? Doch nichts Ernstes?«
    »Ich hoffe nicht. Ein Autounfall, sagten sie im Büro. Sie liegt in einem Krankenhaus in Südlimburg, glaube ich.«
    Carlo und seine Kollegen hatten wirklich an alles gedacht. Es war natürlich einer von ihnen gewesen, der im KLM-Büro angerufen hatte. Je länger sie Jeanettes Verschwinden vertuschen konnten, desto besser. In dem Moment kam der Ober.
    »Darf ich Sie zu etwas einladen?« fragte ich sie.
    Sielächelte und bestellte eine Wiener Melange. Ich nahm ein Pils und bot ihr eine Zigarette an. Ihre Hände waren sehr gepflegt. Alles an ihr war sehr gepflegt. Der Italiener auf der Brücke zündete sich seine zweite Zigarette an.
    Sie verstand auch was vom Rauchen. Die meisten Frauen paffen so komisch und machen, wenn sie den Rauch ausblasen, ein Froschmaul, als wollten sie nach Fliegen schnappen, aber sie sog den Rauch ein und ließ ihn dann ganz normal, langsam und stetig und ohne Nebengeräusche ausströmen. Solche Sachen gefallen mir. Sie gefiel mir überhaupt sehr. Wir plauderten ein wenig und tasteten einander vorsichtig nach einem Gesprächsthema ab, auf das wir tiefer eingehen konnten. Dabei wich sie ständig meinem Blick aus, und ich selbst hatte auch die Neigung wegzuschauen, wenn sie mich dann doch mal kurz ansah. Ihre Augen waren so blau, daß es mich jedesmal wieder kurz erschreckte. Im Flugzeug war mir das nicht aufgefallen, aber da hatte ich auch mehr auf ihre Figur geachtet.
    Seit dem Moment, da ich sie angesprochen hatte, war die alte Dame, die übrigens mehr alt als Dame war, auf uns aufmerksam geworden. Sie wandte ihren blondierten Kopf mal ihr und mal mir zu und nickte dabei ermunternd. Ich versuchte, sie zu ignorieren, aber das war gar nicht so einfach, da sie ja zwischen uns saß. Auch meine schöne Stewardess ärgerte sich offensichtlich über sie. Unterdessen brachte der Ober unsere Bestellungen. Ich fragte, wie ihr die Fliegerei gefalle. Am Himmel herrschte durchaus nicht nur eitel Sonnenschein, erfuhr ich. Sie sei viel weg und bleibe nirgendwo lange genug, um etwas gut kennenzulernen. Und weil sie viel weg sei, kenne sie auch in Amsterdam eigentlich nicht viele Leute. Sie sei überall allein, und immer allein in der Fremde zu sein, sei auch nicht das Wahre. Ständig Männer hinter einem her und so. Zu letzterem gab ich lieber keinen Kommentar ab.
    DieAlte zwischen uns hielt jetzt den Moment für gekommen, sich in unser Gespräch einzumischen.
    »Kennen Sie Brüssel?« fragte sie mit meckernder Stimme. »Nein«, sagte ich.
    »Ich meine nur, weil Sie doch so oft im Ausland sind. Im Gulden Vlies kann man wunderbar essen.«
    Ich beugte mich unvermittelt zu ihr hinüber, bis mein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt war, und streckte die Zunge raus. Um uns herum wurde unterdrückt gekichert. Sie wurde trotz der dicken Schminkschicht sichtlich puterrot. Meine schöne Stewardess sah mich zuerst völlig perplex an, mußte sich dann aber auf die Lippe beißen, weil sie sonst losgelacht hätte. Das Hündchen war aufgesprungen, sträubte das Zottelfell und knurrte mich drohend an, was mich positiv an ihm überraschte. Ich legte Geld auf den Tisch und wandte mich wieder der Dame zu.
    »Verzeihen Sie, aber wären Sie bitte so freundlich für mich zu bezahlen, wenn der Ober kommt?« Dann erhob ich mich, zog die Stewardess von ihrem Stuhl hoch, und ging ohne ein weiteres Wort, Hand in Hand mit ihr zum Leidseplein. Im Bogengang des Theaters blieb sie stehen und lachte sich aus. Ich wartete geduldig. So leid es mir für die alte Dame tat und so kindisch ich es von mir selbst fand, wie ich ihr mitgespielt hatte, aber konnten einen die Leute denn nicht in Ruhe lassen? Als sie sich beruhigt hatte, stellte ich mich ihr vor und lud sie ein, was mit mir trinken zu gehen. Es war schließlich fünf Uhr.
     
    Sie hieß Pauline McCormick. Ihr Vater war Engländer gewesen und schon vor vielen Jahren in Indonesien gestorben, worauf ihre Mutter mit ihr in die Niederlande zurückgekehrt war. Während wir durch die Leidsestraat zu meinem Wagen liefen, den ich an der Prinsengracht abgestellt hatte, betrachtete ich sievon der Seite. Nach ihrem Lachanfall

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