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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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öffnete die Tür, und ihre Augen wurden kugelrund vor Verblüffung. Sie trug ein dunkelbraunes Kostüm und ein gelbes Tuch um den Hals, aber während ich sie ansah, schienen die Farben ineinander zu verschwimmen, und mir war, als blickte ich auf eine träge wehende Fahne.
    Ein herrlicher Duft von frischem Kaffee, durchsetzt mit den jubilierenden Klängen eines Trompetenkonzerts von Vivaldi, kam aus der Wohnung auf den Flur geweht.
    »Ist der Kaffee braun?« murmelte ich, immer zu einem Scherz aufgelegt.
    »Ich bin stinkwütend auf dich, das ist dir doch wohl hoffentlich klar, ja?«
    »Wirklich?« fragte ich, während ich an ihr vorbei in die Wohnung taumelte. »Wieso?« Meine Stimme war dick und zähflüssig. Meine Augen tränten, meine Ohren prickelten, und es juckte mich am ganzen Körper. Ich setzte mich und fing an, mich zu kratzen.
    »Du hast dich heute nacht betrunken, das mag ich überhaupt nicht.«
    »Ich schon. Aber ich bin auch beinahe hopsgegangen, und das fand ich gar nicht toll.« Ich hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in die Hände gebettet. Wahrscheinlich war ich schwer zu verstehen.
    Sie kniete sich vor mich hin und strich mir mit ihren langen Nägeln liebkosend über die Hände. Ihre Stimme klang beunruhigt, als sie sagte: »Was sagst du da? Was ist denn passiert?«
    Ich wurde wach, weil sie an mir zog. »Sid, Sid, bitte.«
    Ich war vom Stuhl auf den Boden gesackt. Ich knurrte und rappelte mich hoch. Sie half mir zu einem der vielen Sofas hinüber. Ich fiel auf ein weiches Leopardenfell. Sie zog mir die Schuhe aus und wollte die Musik abstellen.
    »Nein, laß. Schönen Vivaldi spielen lassen«, brabbelte ich. Sie verschwand kurz und kam mit einer Decke zurück. Ich öffnetedie Augen, während sie mich zudeckte. Ihre Augen über mir waren atemberaubend blau.
    »Pauline, ruf Henderson nicht an. Bitte. Und weck mich heute nachmittag um halb vier mit Kaffee. GehtumLebenundTod-absolutwichtig. Lamichlebn.«
    Ich sank in ein tiefes Loch hinab, wo Vivaldis Geigenklänge zu durchsichtigen Kristallen gefroren und lange Trompetenstöße zerspritzten wie silberne Leuchtraketen, deren Funkenregen auf einen kalten Knochenacker herabrieselte, wo ich in einem tiefen Loch, wo Vivaldis Geigenklänge...

14
    Völlig unerwartet tauchte die Spitfire aus der blendenden Sonne herab. Ich war total überrascht. Ich befand mich mitten auf einer weiten Heide, ohne irgendeine mögliche Deckung um mich herum, und ich tat das einzige, was mir zu tun blieb: Ich ließ mich auf den Boden fallen und richtete die Beretta auf das sich blitzschnell nähernde Flugzeug. Noch hatte es keinen Sinn zu schießen. Ich mußte warten, bis die Spitfire nur noch höchstens vierzig Meter entfernt war und ich das Gesicht des Piloten sehen konnte. Ob ich dann noch leben würde, war natürlich die Frage. Gelbe Funken sprühten aus den Bordwaffen. Der Lärm war ohrenbetäubend. Das unaufhörliche Knattern des Maschinengewehrfeuers übertönte noch das Brüllen und Röhren der Motoren des im Sturzflug herabschießenden Flugzeugs. Ich öffnete die Augen und starrte an eine Zimmerdecke. Das Flugzeug war nicht mehr zu sehen. Wie hatte der Pilot es so schnell wieder hochgekriegt? Aber das Maschinengewehrfeuer ging weiter, ja kam sogar näher. Vorsichtig drehte ich mich um und sah auf einem Stuhl neben dem Sofa, auf dem ich lag, vier rasselnde Wecker. Die Zeiger standen auf halb vier. Ich streckte die Hand aus und stellte einen Wecker nach dem anderen ab. Es wurde still, so still, daß ich nur noch das Ticken der vier Uhrwerke hörte.
    Eine Zeitlang blieb ich so liegen und versuchte das Zimmer zu identifizieren, in dem ich mich befand. Es stand voller Sessel und Sofas, und überall lagen Felle und Häute auf dem Boden. Es roch nach Kaffee. Da endlich dämmerte mir, daß ich mich in Paulines Dachgeschoßwohnung befinden könnte. Ich richtete mich auf und rief: »Pauline?«
    Zur Antwort läutete ein Telefon, das neben dem Sofa auf dem Boden stand. Ich nahm den Hörer ab, und noch bevor ichetwas hatte sagen können, hörte ich Paulines Stimme: »Sid.«
    »Ja?«
    »Bist du wach?«
    »Scheint so. Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Etwa vier Stunden. Du bist heute morgen um elf Uhr plötzlich hereingeschneit.«
    »Bin ich zusammengeklappt oder so?«
    »Total. Weißt du das denn nicht mehr?«
    »Vage. Wo bist du jetzt?«
    »Weißt du noch, was du zu mir gesagt hast?«
    »Nicht mehr genau, nein.«
    »Du hast mich doch gebeten, dich um halb

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