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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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hochmütigen Freundinnen. Die Jungs starrten düster in die Kamera, nur den Hauch eines Lächelns um den schmalenMund. Beide hielten die Hand ihrer Blondinen, die wirklich ausnehmend hübsch waren und in ihren Badeanzügen eine atemberaubend gute Figur machten. Die Dame neben dem alten Herrn war zweifellos die Mutter von Enzo und Bruno. Sie hatte einen Bademantel an, vielleicht um inmitten solch makelloser Jugend ihre Figur zu verhüllen, aber ihre Gesichtszüge waren ungeheuer ebenmäßig und – das Wort war in diesem Fall wohl nicht unangebracht – aristokratisch. Sie mußte in ihrer Jugend eine ausgesprochene Schönheit gewesen sein. Ihre großen, hellen Augen blickten mit spöttischem Lächeln in die Kamera. Vor ihr im Sand saß Romeo, etwas abseits von den anderen. Sein gutes Aussehen hatte er von ihr geerbt, nicht aber ihre vornehme Würde. Er hielt den Kopf leicht nach hinten geneigt und blickte unter halbgeschlossenen Lidern hervor in die Linse. Im Gegensatz zu seinen Brüdern, deren Körper zwar auch schlank, dabei aber gut gebaut und muskulös waren, hatte er eine Hühnerbrust und schmächtige Schultern. Kein Wunder, daß er einen Schlagring benutzt hatte. Unter dem Foto stand in runden Tintenlettern: LA BIODOLA, ELBA.
    Ich hatte mich schwer getäuscht, als ich verächtlich gedacht hatte, Romeo stamme aus irgendeinem Kuhdorf. Das hier war unverkennbar eine reiche, vornehme norditalienische Patrizierfamilie, die sich während eines Sommerurlaubs auf dem beschaulichen Elba versammelt hatte. Das Foto rief bei mir sofort Bilder von einem großen, dunklen Haus wach, in dem es immer kühl und während der Woche sehr still ist, in dem sich am Sonntag aber die Flure mit schnatternden Kindern füllen und die Zimmer mit kichernden und schwatzenden Frauen und jungen Mädchen, während die Männer in dunklen Maßanzügen auf der Terrasse im Garten Campari schlürfen und die Börsenkurse besprechen. Zwischen den Kindern, die aufden Marmorfluren Fangen spielen, geht ein bleicher junger Pater umher, der mit frommem Gesicht sein Brevier liest. Es ist Cousin Renaldo, mit dem früher was Komisches war, worüber nicht mehr gesprochen wird. Jetzt hat er seinen Intellekt in den Dienst der Kirche gestellt, und alle sind stolz auf ihn. Enzo und Bruno, um die zehn Jahre alt, sitzen in einem Zimmer ganz oben im Haus und spielen Schach, und ihr Bruder Romeo, ein paar Jahre älter als sie, liegt auf dem Dach und schießt mit einem Katapult auf die Katzen der Umgebung.
    Ich tat die Fotos zusammen mit den anderen Papieren und ihren Dokumenten in die Brieftaschen zurück, schob ihnen ihre Habseligkeiten wieder hin und ließ die Beretta im Schulterholster verschwinden.
    »Verzeihen Sie, aber mit Ihrem Bruder habe ich leider unangenehme Erfahrungen gemacht.«
    Sie fixierten mich mit leicht hochgezogenen Augenbrauen, und Enzo fragte: »Welche denn?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Erzählen Sie mir lieber erst, warum Sie Romeo suchen. Dann erzähle ich Ihnen, was ich weiß.«
    Enzos Augen wurden schwärzer und schwärzer, und er zuckte nicht mit der Wimper, als er mit leiser, verhaltener Stimme sagte: »Warum sollten wir Ihnen etwas erzählen? Wir wissen ja nicht mal, wer Sie sind.«
    Ich schob ihnen meine Zigaretten hin und fragte: »Rauchen Sie?«
    »Nein, danke, nur meine eigene Marke.« Er steckte sich eine Kent zwischen die Lippen, und Bruno gab ihm mit seinem Feuerzeug, einem goldenen Dupont, Feuer. Ich hatte mir unterdessen auch eine Zigarette in den Mund gesteckt, und nach kurzem Zögern beugte er sich zu mir herüber und gab mir ebenfalls Feuer. Da sieht man doch mal, was eine gute Erziehung ausmacht. Ich sog den Rauch ein und sagte: »Gut, dannrede ich. Aber Sie müssen mich verbessern, wenn ich mich irre.« Sie blickten erstaunt. Ich schlug die Beine übereinander und lehnte mich im Sessel zurück.
    »Ihr Vater ist vielleicht Arzt oder Anwalt oder besitzt eine Fabrik.«
    »Eine Fabrik«, sagte Enzo mit schmalem Lächeln.
    »Ihre Mutter ist wahrscheinlich adliger Herkunft.« Er nickte.
    »Ihr älterer Bruder Romeo hat sich in der Schule von Anfang an schwergetan. Im Gegensatz zu Ihnen beiden, die immer zu den Klassenbesten gehörten. Außerdem war Romeo faul, bequem und frech. Ihr Vater war daher oft sehr streng zu ihm, aber Ihre Mutter hat ihn gewöhnlich in Schutz genommen. Als er um die sechzehn war, geriet er in schlechte Gesellschaft. Ihr Vater strafte ihn immer häufiger und immer härter. Was zur Folge hatte, daß Romeo

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