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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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jetzt mal«, sagte ich zu den Brüdern. »Denkt dran, genau fünf Minuten, dann kann ich das timen.«
    »Viel Erfolg.«
    Ich ging auf das Lokal zu, holte tief Luft und öffnete die Tür. Drinnen roch es nach Männern und Zigarren, und es wurde totenstill, als ich eintrat. Alle verstummten und sahen mich an. In meinem sandfarbenen Kordanzug und meinem braunen Kaschmirpullover wirkte ich natürlich auch völlig fehl am Platz. Alle anderen waren Hafenarbeiter und LKW-Fahrer, die den Freitagabend begossen. Direkt neben der Tür saß ein Grüppchen Surinamer, die ihre Unterhaltung mittendrin abbrachen und mich aus ihren gelben Augen verdutzt anstarrten. Nicht anders die hinter ihnen sitzenden LKW-Fahrer mit ihren verwitterten Gesichtern, zusammengekniffenen Augen und großen Nasen.
    »He, Lulatsch!« schrie einer von ihnen, als er mich sah. Ich ignorierte ihn, schloß die Tür hinter mir und ging zu dem Mann aus dem Opel. Ein Stuhl an seinem Tisch war noch frei, und ich setzte mich. Er hatte sich halb erhoben und stützte sich mit seinen Pranken auf dem Tisch ab. Seine kleinen Augen waren blutunterlaufen, als hätte er ein paar Nächte lang durchgesoffen oder eine kaputte Leber. Seine Nase war groß und rot wie eine Tomate, was in die gleiche Richtung deutete. Er trug einen zerknitterten grauen Anzug, der an den massigen Schultern spannte, und seine violette Krawatte war schlampig geknotet. Die beiden anderen waren unscheinbare Hansel mit alten, verfrorenen Gesichtern und leerem Blick. »Verzieh dich«, sagte der Gorilla.
    »Setz dich«, erwiderte ich, »ich will nur mit dir reden.«
    »Ich gebe dir zehn Sekunden, wenn du dann nicht weg bist, hau ich dir den Stuhl über den Kopf.«
    »Das würde ich an deiner Stelle nicht tun, denn ich habe nochfünf Kugeln in meiner Pistole, und die puste ich dir allesamt in den dicken Wanst, wenn du Mätzchen machst. Das garantiere ich dir. Also setz dich.« Ich legte die rechte Hand auf die Brust, dort, wo die Beretta steckte.
    Wir hatten beide leise, mit verhaltener Stimme gesprochen, als befänden wir uns in einem Krankenhaus. Die beiden anderen schwiegen und rührten sich nicht. Der Gorilla blieb stehen. Seine Pranken umklammerten die Tischplatte, als wollte er ein Stück davon abbrechen. Ich fing an zu zählen: »Eins, zwei, drei, vier...«
    Er setzte sich. Der Geräuschpegel um uns herum stieg wieder an. Ich gehörte offenbar zu den Italienern, also wurde ich akzeptiert.
    »Hör mal, Dicker, wieso habt ihr die beiden Jungs verfolgt, du und dein Kumpan?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Und wieso fährst du danach in den Hafen und besprichst dich mit denen hier?«
    »Ich kann reden, mit wem ich will.«
    »Wovor hast du Angst, Dicker?« Ich sah ihn grinsend an.
    Er bemühte sich, das mit einem höhnischen Gesichtsaus–
    druck zu parieren. In seinen Mundwinkeln war Bierschaum. Ein mürrischer, stoppelbärtiger Typ, der den Kellner machte,
    kam zu uns an den Tisch. »Ja?« fragte er.
    »Ein Pils.«
    Er schlurfte wieder weg. Das Stimmengewirr um uns herum schwoll zu allgemeinem Geschrei an. An mehreren Tischen wurde Skat gespielt und entsprechend laut gestritten.
    »Ich habe keine Angst.«
    »Und ob du Angst hast. Du fürchtest, daß nach Carlo und Romeo und Pisicini jetzt du dran bist. Und dabei habe ich noch zwei andere Jungs ausgelassen, deren Namen ich nicht kenne.«
    »Welche zwei anderen Jungs?«
    »Den mit dem Geschwür über dem Auge und seinen Begleiter.«
    Er sah mich nur düster an.
    »Wer ist das, Ettore?« fragte einer der beiden Hansel.
    »Ich weiß es nicht. Kommst du aus Rom oder was?« fuhr er an mich gewandt fort.
    »Hör zu, Ettore«, sagte ich ungeduldig, »du kommst hier nicht mehr raus, denn das Gebäude ist umstellt. Mich anzugreifen hat auch keinen Sinn, denn dann knall’ ich dich ab. Ich will dich nur ein paar Dinge fragen, und danach darfst du mir auch ein paar Fragen stellen. In Ordnung?«
    Er zuckte die Achseln. »Schieß los.«
    »Du und die da«, ich zeigte auf die beiden anderen, »und Pisicini und die ganzen Toten, ihr habt alle für Carlo gearbeitet, stimmt’s?«
    »Scheint so.«
    »Und danach für Romeo.«
    »Romeo...«, sagte er mit spöttischem Lachen und zog wieder die Schultern hoch.
    »Für wen noch?«
    »Für niemanden.«
    »Je von einem gehört, der Schlüffer heißt?«
    »Nein.«
    »Von einem King?«
    »Wir haben nur für Carlo gearbeitet, kapiert.«
    »Für wen arbeitest du denn dann jetzt?«
    Er brauste auf. »Mann, denk doch mal

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