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Dollbohrer!

Dollbohrer!

Titel: Dollbohrer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hendrik Nachtsheim
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von enormer Wichtigkoit, den Spatz zu schnappn, und ihn bis zum Ende der Spielzeit zu verdeidigen.«
    Grabowski
    »Falls er es vom Alter her überhaupt bis zum Spielende schafft … haha …«
    Leder-Johann: (lacht auch herzlich)
    »Allerdings, des is fei guat, … hahah … so kenn ich Sie, Jürgi, so lieben wir Sie alle, immer oan flotten Spruch auf den Lippen!«
    Grabowski
    »Danke, Johann …«
    (Ein gewisses Pathos mischte sich jetzt erstmals in seine Stimme)
    »Johann, ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass dieser Sport das vermutlich letzte Vergnügen dieser Leute da unten ist …«
    Leder-Johann
    »Oa schene, poetische Betrachtung … dös gefallt mir guat, wos Sie da gerade gesagt hom … so, aber jetzt geht’s auffi! Ich frei mi, lieber Jürgen, dass wir baide dos gemeinsame Vergnügen hoam!«
    Grabowski
    »Das sehe ich ähnlich, lieber Johann …«
    Und tatsächlich ging es nun los. Frau Hochgesand stellte sich in die Mitte des Spielfeldes, und die Spieler versammelten sich um sie herum. Und auch wenn in diesem Moment niemand sprach, verrieten doch das Scharren der Füße und das Klappern der Prothesen und dritten Zähne, wie groß die Anspannung war! Frau Hochgesand hielt den Golden Spatz nun hoch über sich, rief laut »Das ›Ischkriedisch!‹-Turnier ist eröffnet!«, um dann das Objekt der Begierde so feste wie nur möglich in die Luft zu werfen. Was sich von nun an auf der ehemaligen Minigolfanlage abspielte, lässt sich schwerlich beschreiben. Aber die legendäre Schlacht zwischen Dschingis Khans Mongolen und der berüchtigten Armee der Südrussen im Jahre 1223 dürfte eine drollige Tupperware-Party gegen das gewesen sein, was sich hier abspielte.
    Vierzig Rentner droschen nun wie bescheuert aufeinander ein, jagten sich über die diversen Bahnen bzw. Hindernisse des Minigolfplatzes, was natürlich zu absurden Stürzen und Verletzungen führte. Gebisse wurden geworfen, Besenstile in Ohren und Augen gesteckt und Haarteile vom Kopf gerissen. Es wurde gekratzt, gebissen, gespuckt, es wurden Beine gestellt, Besen als Stolperfallen verwendet, es wurden Hüften aus- und falsch wieder eingerenkt, Prothesen einfach abgeschraubt und weggeworfen usw. Und dazu ein Durcheinandergeschrei wie beim ersten Winterschlussverkauf der Nachkriegszeit.
    »Gib des Ding her, du dabbische Drecksau!«
    »Ich dreh dir de Krotze rum, du Asotunte!«
    »Aus dem Wesch, du versiffter Futtkopp!«
    Der Einzige, der sich wie gesagt nicht gleich in diese Schlacht geworfen hatte, war Harald Gotta gewesen. Kurz nach Spielbeginn war er zu den beiden Kommentatoren auf das Kioskdach geklettert, um von dort aus erst mal die Situation beziehungsweise den Spielverlauf zu eruieren. Hier konnte er gut sehen, dass sich das Spielfeld, oder genauer gesagt: die Teilnehmeranzahl, schnell deutlich lichtete. Immer mehr Spielerinnen und Spieler verabschiedeten sich aus dem Match, manche freiwillig, die meisten eher unfreiwillig. Auch Frau Hochgesand konnte ihren Schiedsrichterpflichten mittlerweile nicht mehr nachkommen, da sie das zufällige Opfer einer herumfliegenden Zahnprothese geworden war, die ihr aufgrund einer unglücklich verlaufenden Flugbahn das linke Ohr abgebissen hatte. Schließlich standen nur noch zwei Männer auf dem Platz. Einer mit dem hübschen Namen Hans Paris, der in diesem Finale in der Gunst des Publikums hörbar vorne lag, und einer namens Markus Flint. Der dem Erstgenannten mit einer fiesen, aber ausgesprochen gekonnten Straßenbesenschlagkombination zwischen die Beine und dann auf die Schläfen abrupt die Chance zum Gesamtsieg vermasselte. Ausgerechnet Markus Flint, der sein Leben lang über mehrere »Mr.Hong’s Asia-Grill«-Buden die Einnahmen seiner illegalen Bordellkette gewaschen hatte, für den »Menschenrecht« bedeutete, dass seine ausgebeuteten koreanischen Köche nach Feierabend das Brot vom Vortag essen durften, wobei er ihnen aber immerhin gestattete, dies mit Geschmacksverstärkern »aufzupeppen«, und den selbst seine eigenen Enkel als »widerlichstes Arschloch von allen« bezeichneten, schien Sieger des Tages zu werden. Stolz und siegesgewiss präsentierte er den verhalten applaudierenden Zuschauern den Goldenen Spatz, den er wie den eben gewonnenen Pokal der Champions League mit beiden Händen in den Himmel streckte. Fehlte eigentlich nur noch der in solchen Fällen übliche Goldkonfettiregen.
    Stattdessen aber kam etwas anderes von oben! Harald Gotta! Mit einem entschlossenen

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