Dolly - 02 - Wirbel in Klasse 2
und Wege zu finden, um das Päckchen selbst zur Post zu bringen. Da sie aber noch nicht wußte, ob es ihr glücken würde, sich freizumachen, sagte sie Diana noch nichts von ihrem Entschluß. Falls es nicht klappte, wäre Diana sonst doppelt enttäuscht. Während Diana sich lustlos zur Schauspielprobe auf den Weg machte, begann Marlies nachzudenken…
Marlies – immer hilfsbereit
Am späten Nachmittag war Marlies mit ihren Schularbeiten fertig. Sie ging ins Klassenzimmer, wo Evelyn damit beschäftigt war, die Tafel zu säubern. Marlies marschierte geradewegs auf Dianas Pult zu.
Sofort fuhr Evelyn herum. “Was machst du da?” heischte sie.
Marlies fühlte unter der Bank nach dem Päckchen von Diana. Ja – da lag es im Fach, prall und engverschnürt.
“Ich gehe für Diana zur Post, um das Päckchen aufzugeben”, erwiderte Marlies.
Evelyn starrte sie überrascht an. “Jetzt noch?” fragte sie. “Du kannst niemals pünktlich zum Abendessen zurück sein, wenn du jetzt noch zur Post gehst!”
“Doch!” sagte Marlies. “Wenn ich nicht den Feldweg, sondern die Küstenstraße entlanggehe, kürze ich ab. Dann brauche im nur zehn Minuten hin und zehn Minuten zurück.”
“Du bist total übergeschnappt!” rief Evelyn. “Weißt du nicht, was für ein Sturm ist? Er weht dich glatt über die Klippen. Außerdem ist es draußen so dunkel, daß du die Hand nicht vor den Augen sehen kannst!”
“Mir wird schon nichts passiere!”, erwiderte Marlies, obwohl ihr ganz bang ums Herz wurde.
“Diana liegt so viel daran, daß das Päckchen heute noch fortkommt. Diesen Gefallen kann ich meiner Freundin schon tun!”
“Sie ist nicht deine Freundin!” fuhr Evelyn auf.
“Doch”, sagte Marlies mit Nachdruck, “das ist sie!”
Evelyn war vor Eifersucht außer sich. “Baby!” sagte sie wütend. “Diana duldet dich nur, weil du ihr bei den Französisch-Arbeiten hilfst. Das weiß außer dir doch jede von uns!”
Marlies stand mit dem Päckchen in der Hand vor Evelyn und schaute sie fassungslos an. “Das ist nicht wahr!” sagte sie. “Du lügst!”.
“Es ist wahr!” beharrte Evelyn. “Diana hat es mir selbst immer wieder bestätigt. Was sollte Diana auch mit so einem Würmchen wie dich anfangen? Das müßtest du dir doch selbst sagen, wenn du nicht so eingebildet wärst!”
Marlies war wie vor den Kopf geschlagen. Sie fühlte plötzlich, daß Evelyn die Wahrheit sprach.
Sie klemmte das Päckchen unter den Arm. Um ihren Mund zuckte es. Sie war den Tränen nahe, als sie sich zur Tür wandte.
“Marlies!” rief Evelyn verblüfft. “Du wirst dich doch nach all dem, was ich dir gesagt habe, nicht noch mit diesem Päckchen abplagen!”
“Ich bringe es zur Post, weil Diana meine Freundin ist. Ich werde ihr diesen Gefallen tun, auch wenn ich nicht ihre Freundin bin”, erwiderte Marlies mit tränenerstickter Stimme. Und damit ging sie.
“Blöde kleine Gans!” zischte Evelyn und schlug den Tafellappen aufs Katheder, daß eine Wolke von Kreidestaub aufwirbelte.
Sie sagte Diana nichts davon, daß Marlies in die Dunkelheit hinausgegangen war, um das Päckchen zur Post zu bringen.
Als die Glocke zum Abendessen läutete, war Marlies noch nicht zurückgekehrt.
Obwohl es Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat gab wollte Evelyn das Essen gar nicht recht schmecken. Ihr fiel plötzlich ein, daß Marlies’ Weg zum Postamt sowieso sinnlos war – das Postamt schloß am Sonnabend bereits um fünf Uhr!
Stirnrunzelnd hatte Fräulein Parker von Marlies’ Abwesenheit Kenntnis genommen. “Sie muß die Glocke überhört haben!” vermutete sie. “Susanne, bitte, schau einmal nach, wo sie steckt.”
Susanne kam jedoch unverrichteter Dinge zurück.
“Wir werden gleich nach dem Abendessen gemeinsam nach ihr suchen!” entschied Fräulein Parker. “Irgendwo im Hause muß sie ja sein.”
Evelyn war in Gewissensnöten. Nur sie wußte von Marlies’ Plan, das Päckchen wegzubringen.
Aber wenn sie es weitermeldete, würde Marlies Ärger bekommen.
Eine kalte Hand schien sich um Evelyns Herz zu krampfen. Was, wenn Marlies längst vom Sturm über die Klippen ins Meer geweht war oder schwerverletzt unten auf dem Felsgestein lag?
Gleich nach dem Abendessen winkte Evelyn Diana beiseite. “Ich muß dir etwas Wichtiges sagen!” flüsterte sie der Freundin zu.
“Was ist denn los?” fragte Diana. “Du bist ja leichenblaß!”
“Wegen Marlies! Ich weiß, wo sie hingegangen ist.”
“Warum in aller Welt hast du es dann nicht Fräulein Parker
Weitere Kostenlose Bücher