Dolly - 05 - Dollys großer Tag
erbarmungslos herum.” „Machen wir lieber weiter”, sagte Dolly. Sie fürchtete, Martina
würde explodieren. Ein Streit kostete immer so viel Zeit. „Wir
nehmen die vorige Szene noch einmal. Margot, fang an.”
*
Es vergingen noch zwei Wochen, dann brach bei einer Probe
plötzlich ein Tumult aus. Es begann mit etwas ganz Albernem… Alice war es durch den Kopf geschossen, eine Art Dämonengesang
von sich zu geben, wenn sie die Bühne betrat oder abging. Die Idee
war ihr erst ein paar Minuten vor Probebeginn gekommen, so daß sie
keine Zeit mehr hatte, Dolly oder Susanne davon zu erzählen. Sie erschien in weiten, raschen Sprüngen und sang dabei dumpf. „Uuh
wu-la, wu-la, rimini-rie, uuh-wu-la…”
Martina klopfte laut auf den Tisch, um die Probe abzubrechen.
„Alice! Was zum Kuckuck machst du da? Wir können jetzt keine
neuen Sachen mehr anbringen. Außerdem steht es dir nicht zu,
zusätzliche Gesänge vorzuschlagen. Wenn wir so etwas gebraucht
hätten, hätten wir Dolly gebeten, einen zu schreiben.”
„Hör zu, Martina”, sagte Alice, die schnell die Geduld verlor. „Ich
bin keine Erstkläßlerin. Ich bin…”
Dolly unterbrach hastig. „Martina, ich glaube, das ist wirklich eine
gute Idee von Alice. Was meinst du, Betty?”
„Ja”, meinte Betty. Sie ergriff die Gelegenheit, etwas gegen Martina
zu sagen und gleichzeitig ihrer Freundin Alice beizustehen. „Ja, das ist
eine prima Idee. Das kommt unbedingt hinein.”
Martina explodierte sofort. Sie stand wütend auf. „Das sagst du nur,
Betty, weil du Alices Freundin bist, und…”
„Quatsch”, sagte Betty rauh.
Martina fuhr fort: „Und Dolly sagt das auch nur, weil sie immer zu
Alice hält. Aber ich leite das Spiel, und ich werde meinen Kopf
durchsetzen. Wir machen keinen Dämonengesang. Weiter mit der
Probe.”
Alice war bleich. „Ich spiele heute abend nicht”, verkündete sie kalt
und zornig und verließ die Bühne.
Dolly war wie versteinert. Susanne übernahm das Kommando. „Wer ist der nächste? Los, Will!”
Will kam natürlich von der falschen Seite wie immer, entschlossen,
Martina auf die Palme zu bringen. Sie stapfte herein, die Hände in den
Taschen ihrer Reithosen.
„Will! Du weißt genau, daß du von der anderen Seite kommen
sollst”, schrie Martina. Sie verstand recht gut: Das war nur Wills Art
zu zeigen, daß sie auf Alices Seite stand. „Geh zurück und komm auf
der richtigen Seite herein”, befahl sie.
„Nein. Ich geh lieber reiten”, sagte Will… ganz einfach und mild.
Sie ging summend davon, und Martina hörte, wie sie Clarissa zurief:
„Clarissa! Komm mit, ich habe heute keine Lust zum Theaterspielen.
Ich möchte etwas Bewegung haben.”
„Das ist doch albern”, meinte Betty. „Alle gehen weg. Laß mich die
Leitung übernehmen, Martina. Du bist heute abend zu ungeduldig.” Martina schob sie rauh beiseite. Wenn sie wirklich wütend war,
hatte sie ein unbeherrschtes Temperament. „Ich mache weiter”, sagte
sie zwischen den Zähnen. „Wir proben den Chor der Diener.” Der Chor kam herein, kichernd und bereit, Martina eins
auszuwischen, wenn sich dazu Gelegenheit bot. Alle konnten ihre
anmaßende Art nicht leiden, obwohl sie zugaben, daß sie viel
fertigbrachte und es gut fertigbrachte.
„Irene, Musik!”
Irene spielte den Chor der Diener, sah aber sehr finster und
angeekelt aus.
„Halt!” rief Martina, und die Musik brach ab. „Ihr könnt weder den
Text noch die Melodie – und das ist ungefähr die siebte Probe!” Alle atmeten erleichtert auf, als der Gong zum Abendessen ging.
Martina ging mit grimmiger Miene davon.
„Das Biest”, sagte Diana. „Sie wird jeden Tag schlimmer.” „Sie ist nervös, weil sie so viele Proben machen muß und so viel zu
tun hat”, versuchte Dolly den allgemeinen Unwillen zu mildern. „Brave Dolly!” rief Betty erleichtert. Dolly grinste.
„Ich bin nicht brav!” sagte sie. „Ich bin genauso nervös wie ihr alle.
Aber was nützt es, das ganze Stück durcheinanderzubringen, nur weil
wir eine Spielleiterin haben, die nicht die Nerven behält?” „Schmeißen wir sie doch raus”, schlug jemand vor. „Wir haben ja
Betty – und da bist du, Susanne, und Alice hilft auch. Wir brauchen
Martina jetzt nicht mehr.”
„So können wir es auf keinen Fall machen”, sagte Dolly
entschieden. „Das wäre gemein, nachdem sie alles mehr oder weniger
in Form gebracht hat. Gebt ihr noch eine Chance!”
„Na, gut”, stimmten alle bei. „Aber nur noch eine, Dolly.”
Dolly sprach
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