Dolly - 05 - Dollys großer Tag
dir eingebildet, du würdest sie spielen!”
„Aber Mädchen! Redet doch nicht in diesem Ton miteinander”, sagte Frau Lessing entsetzt. „Wieso? Ich glaubte auch, Evelyn würde die Cinderella spielen!”
„Ja, du hast doch geschrieben, daß die meisten Mädchen dich für diese Rolle haben wollten”, sagte Fräulein Winter. „Warum haben sie dich dann nicht gewählt, Eve?”
„Wahrscheinlich aus demselben Grund, weshalb sie Margret nicht genommen haben”, sagte Evelyn schmollend. „Wir waren ihnen nicht gut genug!”
„Ach, ich hätte auf keinen Fall erwarten können, daß sie mich wählten, ich bin ja erst ein paar Wochen hier”, beeilte sich Margret zu sagen.
„Du hast es trotzdem erwartet”, beharrte Evelyn.
„Aber nein, liebe Evelyn”, sagte Margret mit ihrem albernen Lachen, das an Evelyns erschöpften Nerven zerrte.
„Ich werde verrückt, wenn du noch einmal dieses alberne Lachen von dir gibst!” rief sie wütend aus.
Ein erstauntes Schweigen folgte. Margret lachte schließlich wieder, und Evelyn ballte die Fäuste.
„Die arme Evelyn”, sagte Margret. „Ehrenwort, Frau Lessing, es war wirklich schade, daß man sie nicht gewählt hat. Es hat sie furchtbar aufgeregt.”
„Mein Liebling!” sagte Frau Lessing tröstend und legte den Arm um ihre Tochter.
„Hör auf, Mutter”, sagte Evelyn. „Wechseln wir das Thema.”
Frau Lessing fühlte sich verletzt. Sie kümmerte sich nicht mehr um Evelyn und war um so freundlicher zu Margret. Fräulein Winter machte es genauso. Margret blühte unter diesem Sonnenschein auf wie eine Rose.
Schließlich war der Tag zu Ende. Margret bedankte sich höflich und liebenswürdig bei Frau Lessing und Fräulein Winter, hakte sich bei Evelyn unter und ging mit ihr winkend davon.
„Ich passe auf Evelyn auf!” rief sie zurück.
„Was für ein entzückendes Kind. Das wäre die richtige Freundin für Evelyn”, meinte Fräulein Winter im Wegfahren.
„Ich finde, wir sollten Margret in den Weihnachtsferien für ein oder zwei Wochen zu uns einladen”, meinte Frau Lessing.
Die arme Evelyn! Wenn sie das gehört hätte! Sobald das Auto außer Sicht war, entzog sie Margret ihren Arm.
„So, ich hoffe, du hast es genossen, mir den ganzen Tag zu verderben, du Biest! Mit deinen gräßlichen Geschichten und deinem albernen Gekicher. Und wie du dich aufgespielt hast!”
„Aber, Evelyn… sie haben gesagt, daß ich dir so ähnlich bin”, verteidigte sich Margret. „Ich habe ihnen gefallen. Wie kann ich so gräßlich sein, wenn ich dir ähnlich bin?”
Evelyn antwortete nicht. Das war ja genau das, worüber sie nicht nachdenken mochte.
Die Tage vergingen wie im Flug. Dolly und Susanne wurde himmelangst, wenn sie daran dachten, wie bald das Theaterstück den Eltern vorgeführt werden sollte.
„Wir werden auf keinen Fall fertig”, stöhnte Dolly. „Wenn nur alle ihre Rollen so gut könnten wie Marlies und Margot! Linda macht mich noch verrückt. Sie vergißt aber auch jedesmal den Text ihrer Lieder!”
„Oh, wenn es soweit ist, wird sie es schon können!” beruhigte sie Susanne. „Letztes Jahr war es genauso. Bis zuletzt konnte sie kein Wort ihrer Rolle, aber bei der Aufführung ging es großartig.”
„Hoffentlich behältst du recht”, stöhnte Dolly, deren Unruhe
Susanne amüsierte.
„Alice ist fabelhaft, nicht wahr?” bemerkte Susanne nach einer
Pause.
„Ja, sie ist der geborene Dämon”, kicherte Dolly. „Manchmal macht
sie mir richtig Angst. Und sie zaubert wirklich prima.”
„Sie jongliert auch sehr gut”, fügte Susanne hinzu. „Sie hat aber
auch in jeder freien Minute geübt!”
„Alice ist zum Totlachen”, sagte Dolly. „Sie wird es am besten von
allen machen, glaube ich.”
Ein kurzes Schweigen folgte. „Es gibt nur eins, was mich
bekümmert”, flüsterte Dolly schließlich. „Und das ist Martina. Sie
kommt mit Betty nicht gut aus und mit Alice erst recht nicht. Sie
behandelt die beiden zu sehr von oben herab.”
„Du bist ein Diktator, Martina”, sagte Will ihr einmal bei einer
Probe. „Und auf diktatorische Anordnungen reagiere ich schlecht. Die
anderen auch.”
„Wenn ihr glaubt, daß man ein erstklassiges Stück auf die Beine
stellen kann, ohne ein paar Befehle zu erteilen und ein paar Fehler zu
finden, irrt ihr euch”, sagte Martina wütend.
„Glaube ich ja gar nicht”, erwiderte Will milde. „Das habe ich auch
nicht behauptet. Aber du kannst alles tun, was nötig ist, ohne dich so
diktatorisch zu geben. Du kommandierst uns
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