Dolly - 06 - Abschied von der Burg
Martina kochte vor Wut. Wir werden wohl bald einmal darüber reden müssen.“
Die Zweitkläßlerinnen kamen angelaufen und wollten baden. Felicitas rief: „Hallo, Dolly! Habt ihr schon gebadet? Wie ist das Wasser? Sieht es nicht herrlich aus?“
„Wunderbar“, sagte ihre Freundin Steffi und tauchte zur Probe die Zehen ins Wasser.
„Kinder, ist das warm! Los, Feli, je schneller wir hineingehen, desto länger können wir drinbleiben!“
Dolly hatte noch ein paar Minuten Zeit. Mit Susanne und Martina blieb sie, um die Jüngeren zu beobachten. Jetzt, da Dolly bald abgehen würde, interessierte es sie besonders, ob andere die große Tradition von Burg Möwenfels fortsetzen konnten. Und sie wollte natürlich auch sicher sein, daß ihre Schwester Felicitas dazu gehörte. Stolz betrachtete sie Felicitas. Sie und Steffi sprangen schnell ins Wasser und schwammen mit kräftigen Zügen durch das Becken.
„Deine Schwester mausert sich“, sagte Martina zu Dolly. „Sie war schon letztes Jahr gut, aber dieses Jahr ist sie noch besser. Ich denke, wenn sie ihren Stil verbessert, können wir sie in eine Mannschaft aufnehmen.“
„Das wäre schön“, sagte Dolly. Sie wollte ihre Schwester glänzen sehen. „Steffi ist auch gut, aber längst nicht so schnell.“
Dolly und immer wieder Evelyn
Dolly hoffte, ihre letzte Zeit in Möwenfels würde ganz, ganz langsam vergehen. Susanne hoffte das gleiche.
„Ich möchte jede einzelne Stunde festhalten“, sagte Dolly. „Ich weiß genau, daß wir auch auf der Universität eine herrliche Zeit verleben werden, aber ich habe Möwenfels so gern. Und ich wünsche mir, daß die Zeit so langsam wie möglich vergeht. Ich möchte mich später einmal an jede Einzelheit erinnern können. Nie will ich etwas aus diesen Jahren vergessen!“
„Woran wir gern zurückdenken, daran werden wir uns sicher erinnern“, antwortete Susanne. „Zum Beispiel werden wir nie all die Streiche vergessen, die wir Mademoiselle gespielt haben. Keinen einzigen! Wir werden uns erinnern, wie das Schwimmbecken an einem sonnigen Tag ausgesehen hat und wie man das Meer vom Klassenzimmer aus sehen konnte. Und wir werden uns erinnern, wie es sich anhörte, wenn die Mädchen mittags aus der Schule strömten.“
„Und ihr werdet euch an Evelyn und ihre Mucken erinnern“, sagte Alice, die in der Nähe stand. „Das werdet ihr auch nie vergessen!“
„Ja, Evelyn!“ sagte Dolly ernst. „Mit ihrem törichten Benehmen verdirbt sie noch unsere letzte Zeit!“
Evelyn konnte einem wirklich auf die Nerven gehen. Sie hatte Burg Möwenfels nie gemocht, weil sie mit den Ideen und Idealen der Schule nichts anzufangen wußte. Sie war boshaft, selbstsüchtig, dumm und hielt sich dabei für eine nette, angenehme Person. Sogar für Margret empfand sie nur Abscheu, obwohl Margret die einzige in der ganzen Klasse war, die für Evelyn Zuneigung empfand. Evelyn wußte genau: Margret war ihr in mancher Beziehung ähnlich; aber gerade einem Mädchen, in dem sie sich selber wiedererkannte, wollte sie möglichst wenig begegnen.
Evelyn hörte nicht auf, über ihre nächste Schule zu schwatzen. „Sie liegt in der Schweiz“, berichtete sie zum hundertsten Mal. „Es ist die beste Schule, die es dort gibt, eine Abschlußschule und sehr exklusiv.“
„Ich hoffe, diese Schule wird endlich auch mit dir fertig werden“, sagte Alice. „Es wird langsam Zeit!“
„Du bist aber gar nicht witzig, Alice“, sagte Evelyn und zog ein entrüstetes Gesicht. „Du bist sehr kindisch.“
„Du zwingst mich ja geradezu zum Kindischsein“, sagte Alice. „Wenn du anfängst, von deiner blöden Schule zu erzählen, denke ich an lauter kindische Sachen. Die Zunge möchte ich dir herausstrecken und ,Bäääh!’ sagen. Warum bist du nicht schon jetzt verduftet und hast uns in Ruhe gelassen?“
„Getan hätte ich das schon gern. Aber ich hatte schreckliche Kämpfe auszustehen“, sagte Evelyn. Die anderen stöhnten – diese Leier kannten sie schon. Immer wiederholte Evelyn die häßlichen Dinge, die sie zu ihrem Vater gesagt hatte.
„Ich wette, nicht einmal die Hälfte davon ist wahr“, sagte Alice zu Dolly. „Kein Vater würde sich das gefallen lassen, und gerade Herr Lessing hat seiner Tochter ja schon öfter den Kopf gewaschen.“
Dennoch entsprach es der Wahrheit. Evelyn war während der letzten Ferien zu ihrem Vater sehr ungezogen gewesen, und ihre Mutter hatte sie unterstützt. Frau Lessing war ganz wild darauf, Evelyn auf eine abschließende Schule zu
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